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Es wurde bereits versucht, das Geheimnifs, welches den erwähnten Kunstgriff umgiebt, zu erforschen. Ein leider ungenannter Referent beschreibt das neue Verfahren in der Zeitschrift »Glückauf«* und fügt dann hinzu: „Es liegt jedoch der Gedanke nahe, dafs der genannte Zweck sich wohl durch Anbringung eines Systems feuerfester Steine erreichen liefse, welche durch die aus der Birne strömenden Gase erhitzt werden, kurz vor dem Gufs aber in die Windleitung ein geschaltet werden können, wodurch entschieden eine Erhöhung der Temperatur im Moment des Gusses zu erzielen ist.“ Demgegenüber hält Schreiber dieser Zeilen den Vorschlag, Einführung von Wärmespeichern bei Bessemerbirnen, für nicht mehr neu,** wes halb Walrand darauf wahrscheinlich kein Patent bekommen würde, aber auch dem Eisenbade warmen Wind zuzuführen, hat man schon vor längerer Zeit vorgeschlagen. Professor Ledebur sagt in seinem »Handbuch der Eisenhüttenkunde« (1884) 111, Seite 912: „Auch erhitzter Gebläse wind statt des kalten ist versuchsweise zur An wendung gekommen. Es zeigte sich dabei, dafs man zwar durch Erhitzung des Windes die Mög lichkeit erlange, ein siliciumärmeres Roheisen für den Procefs zu verwenden, dafs aber trotz dem die weit raschere Zerstörung des Birnen bodens im Verein mit den Mehrkosten der Winderbitzung, das Verfahren nicht als zweck- rnäfsig erscheinen liefs.“ — So viel mir bekannt ist, hat man bereits vor ziemlich geraumer Zeit in Zeltweg in Steiermark die ersten Versuche gemacht, heifsen Wind zum Bessemern zu verwenden, ist dabei aber auf mechanische Schwierigkeiten gestofsen (man konnte den Zapfen, durch den der Wind ein geleitet wurde und der sich infolge der bedeuten den Ei wärmung stark ausdehnte, nicht in Ordnung halten) und ist deshalb wieder davon abgekommen. Da es überdies nicht leicht möglich ist, die aus dem Converter austretende Flamme zur Winderhitzung zu verwenden, man daher ge zwungen wäre, auf andere Weise den Wind zu erwärmen, so ist es entschieden vortheilhafter, diesen Brennstoff dazu zu verwenden, um das Roheisen heifser einzuschmelzen, wodurch man, wie erwähnt, denselben Erfolg erzielen kann. Die übrigen Mittel, welche seiner Zeit vor geschlagen wurden, um eine Erhöhung der Temperatur herbeizuführen, so z. B. das Ein blasen von Holzkohlenpulver oder Graphitpulver, ein Zusatz von Salpeter u. s. w., haben nie Eingang in die Praxis gefunden. * Vergl. »Glückauf« 1891, Nr. 7, S. 738. ** Vergl. D. R.-P. Nr. 31 236 vom 22. August 1884, »Stahl und Eisen« 1885, Nr. 8, S. 455. Nach alledem ist wohl anzunehmen, dafs die oben erwähnte Erklärung nicht allzuviel An spruch auf Wahrscheinlichkeit erheben kann. Ich will daher versuchen, eine andere Erklärung für Walrands Kunstgriff zu geben. Nach meinem Dafürhalten bleiben, wenn man von den an geführten Mitteln und einer eventuellen Zu führung sauerstoffreicherer Luft oder Anwendung des reinen Sauerstoffs absieht, wohl nur noch zwei Wege übrig, um eine höhere Endtemperatur zu erlangen. Entweder besteht der Kunstgriff nun darin, dafs Walrand die Gröfse des Einsatzes möglichst der Stärke des vorhandenen Gebläses anpafst und dann je nach Verlauf des Processes den Winddruck regulirt, oder dafs er im geeigneten Augenblick einen passenden Zusatz macht. Da gewisse Gründe, auf die ich hier nicht eingehen will, gegen die erste Annahme sprechen, so kann man wohl voraussetzen, dafs Walrand im geeigneten Augenblick einen entsprechenden Zusatz macht und dazu entweder Ferrosilicium oder Ferroaluminium oder vielleicht auch reines Aluminium nimmt. Allerdings wäre dieser Zusatz einer Legirung auch nichts Neues, denn ich habe derartige Zusätze bereits vor einigen Jahren beim Betrieb der Kleinbessemerei in Altsohl in Anwendung gebracht, und zwar gleichfalls in der Absicht, die Temperatur des Eisenbades im Converter in die Höhe zu bringen. In Altsohl (Ungarn) wird mit einem fest stehenden Converter (System Swoboda) mit seit lichen Düsen und Losboden gearbeitet, wobei der fertige Stahl durch eine Rinne abgestochen wird. War das Eisen in einigen Fällen sehr matt, so kam es vor, dafs das Abstichloch sich nach jeder folgenden Charge durch Eisenansätze verengte. Wenn derartige Versetzungen in höherem Mafse eintraten, so half ich mir damit, dafs ich einige Kilogramm Ferrosilicium oder Ferroaluminium wenige Minuten vor dem Abstich in den Con verter werfen liefs; der Erfolg war stets über raschend günstig ! Die Charge wurde zusehends heifser, und der ausfliefsende Stahl frafs die um das Abstichloch angewachsenen Eisenpartieen voll ständig weg. — Auf diese Weise gelang es mir einige Male einen sonst ganz guten Converterboden zu retten. Ob nun Walrand den einen oder den andern Zusatzkörper oder alle beide verwendet oder ob er einen ganz neuen Kunstgriff gebraucht, läfst sich vorläufig nicht feststellen. Jedenfalls aber ist es ihm gelungen, die Kleinbessemerei auch für die Zwecke der Stahlgiefserei brauchbar zu machen, und lassen die Proben, die ich zu Gesicht bekommen habe, auf die ganz vorzügliche Qualität des von ihm in der kleinen Birne erzielten Materials schliefsen.