Volltext Seite (XML)
„STAHL UND EISEN.“ Februar 1892. Eine amerikanische Bergschule die aber Eisensteinvorkommen, Versammlung des »V. 21. December 1890 gewinnung in Michigan dings in genanntem Staat spielt, machte sich das Bedürfnifs einer Sonderanstalt für das Fach geltend. Am 1. Mai 1885 wurde dem Antrag von Hon. J. A. Hubbel in der Legislatur Folge gegeben und die Errichtung einer Bergschule in Houghton beschlossen. Die Wahl des Ortes ist vorzüglich. Gelegen am Lake Portage, einem Seitenarm des Lake Superior, in unmittelbarer Nähe der Kupfer erzgruben, nicht weit von den Eisensteingruben ent fernt, mit guten Eisenbahnverbindungen nach allen Richtungen, bietet die Stadt nebst dem gegenüberliegenden, durch Brücke verbundenen Hancock, den Studenten gute Unterkunft, an genehmen Aufenthalt und die denkbar beste Gelegenheit zur praktischen Einführung in den künftigen Beruf. Selbstredend bezieht sich das letztere auf den Erzbergbau und nicht auf Stein kohlengewinnung. Eröffnet wurde die Schule am 15. September 1886 mit 23 Studenten in drei Abtheilungen, von denen eine als Vorbereitungsklasse diente, der Vereinigten Staaten, wird jedoch nunmehr von der in Montana übertroffen. Die Eisenstein gruben am Oberensee liefern 56 % der in den Vereinigten Staaten geförderten Gesammtmenge. Michigan besitzt zwar schon seit 1837 in Ann Arbor eine gut besuchte Universität, wo auch reale Wissenschaften gepflegt werden, aber bei der wichtigen Rolle, welche der Bergbau neuer- 111.12 Die Mitglieder des »Vereins deutscher Eisen hüttenleute«, welche an der nördlichen Fahrt der Amerikareise im Herbst 1890 theilnahmen, hatten Gelegenheit zur eingehenden Besichtigung der Michigan Mining School in Houghton, Mich. Vor dem Rundgang durch das neue Gebäude der Anstalt fand ein kleines Redegefecht statt, wobei die verschiedenen Anschauungen über klassische und reale Bildung aufeinander platzten. Nachdem der Director Dr. M. E. Wadsworth einen längeren fesselnden Vortrag über die Bergschule beendet, hob Hon. J. A. Hubbel, Vorsitzender des Empfangs ausschusses und Mitglied des Schulcuratoriums, ganz besonders den Werth praktischer Erziehung hervor. Sir John Alleyne, Brt., einer der Vice präsidenten des Iron and Steel Institute, legte dagegen eine Lanze für die klassische Bildung ein. Namens der Deutschen sprach im flüssigsten Englisch unser Vereinsmitglied Dr. G. Lunge, Professor am Polytechnikum in Zürich, empfahl den goldenen Mittelweg und traf damit wohl den Nagel auf den Kopf. Eine kurze Schilderung der Einrichtungen dieser Schule dürfte manchem Leser unserer Zeitschrift willkommen sein. Die Michigan Mining School ist keineswegs eine niedere Bergschule, wie unsere Anstalten zur Ausbildung von Steigern und Obersteigern bezw. Betriebsführern in Saarbrücken, Essen, Bochum, Siegen u. s. w., sondern verfolgt die Ziele einer Hochschule. Regen Antheil an deren Entwicklung nahm u. A. der verstorbene Staats geologe Charles E. Wright in Marquette, Mich. In Berlin und Freiberg ausgebildet, schwebten ihm sicherlich die sächsische und preufsischen Bergakademieen als Muster vor. Der Staat Michigan umfafst das Gebiet zwischen Huronsee bezw. Eriesee und Michigansee, sowie das südliche Ufer des Oberensees, er hat einen Flächenraum von 138 744 qkm, also etwas über 1/4 von Deutschland, bei fast 2 Millionen Ein wohnern. Der wirthschaftlich wichtigste Theil ist der nördliche am Oberensee mit den berühmten Kupfergruben bei Houghton und dem grofsartigen dessen wir in der Haupt- d. E.« in Düsseldorf am gedachten. Die Kupfer war bis 1887 die gröfste inzwischen weggefallen ist. Wie Nr. 3. 121 anderwärts ergaben sich auch hier anfänglich Schwierigkeiten bezüglich der Vorbildung. Gegen wärtig beansprucht das Studium 3 Jahre, wozu demnächst ein viertes kommen soll. „Graduirte“ (Graduates), d. h. solche Hörer, welche irgend einen Grad auf einer Hochschule (Universität, College u. s. w.) schon erworben, sind im Ver- zeichnifs besonders angeführt. „Special Students“ nehmen nur an einzelnen Vorlesungen und Uebungen theil. Die Eintretenden, welche den vollen Studien gang durchmachen wollen, müssen mindestens 17 Jahre alt sein und gewisse Kenntnisse in Arithmetik, metrischem System, Buchhaltung, Algebra einschliefslich Lösung quadratischer Gleichungen, Planimetrie, Elemente der Physik und beschreibenden Astronomie durch Prüfungen oder Zeugnisse bestimmter höheren Schulen nach weisen. Später sollen die Ansprüche bezüglich Vorbildung gesteigert werden. Der Unterricht ist unentgeltlich, doch müssen Reagentien, Bruch u. s. w. in den chemischen Laboratorien bezahlt, deshalb seitens der Hörer eine Summe von 30 bis 60 $ jährlich hinterlegt werden, deren Ueber- schüsse die Betreffenden zurückerhalten. Der Unterricht erstreckt sich auf Mathematik bis zur Differential- und Integralrechnung nebst ihrer Anwendung in Physik und Mechanik; auf das gesammte Gebiet der Physik mit Uebungen im physikalischen Laboratorium; auf Zeichnen in engem Zusammenhang mit den Vorträgen; auf Maschinenbau mit Prüfung von Materialien und praktischer Arbeit in den Werkstätten der Anstalt; auf angewandte Elektricität; auf Feld- 3