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Januar 1891. „STA HLUND EISEN.“ Nr. 1. 45 unter Opfern und Anstrengungen aller Art eroberte Absatzgebiet streitig zu machen, nur zu begründet. Eine Steigerung des Absatzes der niederrheinisch westfälischen Erzeugnisse und eine weitere Ver drängung der ausländischen erscheine vollends ausgeschlossen, solange nicht ein billigerer Weg für die ersteren geschaffen werde. Der Mangel eines solchen sei um so mehr bedauerlich, als die Koksmenge, welche auf den Hochofenwerken des Grenzgebietes zur Verwendung gelangt, jährlich über 2 Mill. Tonnen betrage. Der Austausch gerade von Erzen und Kohlen sei es, welcher, weil deren Beförderung nicht sowohl Schnelligkeit als die Ueberwindung gewaltiger Lasten und Massen erheische, vornehm lich auf die Benutzung von Wasserstrafsen an gewiesen sei, wie denn die Eisenbahn bei der stetigen Zunahme des Verkehrs der der Schnell beförderung bedürftigen Waaren sich für den Transport von Mineralien je mehr und mehr unzureichend erweisen müsse. Dies vornehmlich spreche für die Sicherung der Schiffbarkeit der Mosel, Saar und Lahn. Die Kanalisirung dieser Flüsse bringe zudem dem neu erworbenen Reichs lande Lothringen Hebung seiner wirthaftlichen Thätigkeit und ihrer materiellen Erfolge und werde dieses Land daher fester an das deutsche Vaterland ketten. Auch dürften die Reichslande um so mehr die Kanalisirung dieses Flusses erwarten, als diese auf französischem Gebiet schon bis Metz ausgeführt worden und die feste Zusage der Weiterführung bis Diedenhofen bereits von der französischen Regierung gegeben worden sei. Dafs die Segnung, welche der Montan- und der Eisenindustrie insbesondere des Niederrheins und Westfalen aus der geplanten Wasserstrafse erwachsen werde, auch auf alle anderen Erwerbs zweige der von der letzteren durchschnittenen Gegenden in weitem Umkreise überfliefsen müsse, schien der für das Project bedingungslos ein genommenen Mehrheit der Commission einer näheren Ausführung nicht bedürftig. Wie die Land- und die Forstwirtschaft, so der Weinbau, wie die Mittel- und die Kleingewerbe, so der Handel im grofsen und kleinen werde durch die Ausführung des Kanalisirungsprojectes verschieden- fähigste Förderung erfahren. Was inbesondere den Handel angehe, so wird widerspruchslos dar gelegt, dafs die bisher von Antwerpen aus durch Belgien geleiteten Transporte von Getreide, Wild häuten, Colonialwaren u. S. w. nach Metz, Trier, Saarbrücken und der Lahngegend sich den neuen Wasserstrafsen zu wenden würden. Eine Schätzung dieses Riesenverkehrs erscheine schon deshalb unmöglich, weil nach den anderwärts, namentlich bei dem kanalisirten Main gemachten Erfahrungen durch billige Frachtgelegenheit eine Menge von Gegenständen transportfähig werden und zur Be lebung des internen wie des Ausfuhrhandels, der Gewerbethätigkeit und damit zur Hebung des I Wohlstandes beitragen, welche an Ort und Stelle | bis dahin nicht ausgiebig zu erwarten waren. Wenn der künftige Verkehr unter Berücksichtigung der Eisen- und Kohlenindustrie auf 1 500 000 bis 2 000 000 l thalwärts und 1 000 000 bis 1500 000 t bergwärts geschätzt werde, so dürften sich diese Zahlen sehr bald nach Eröffnung einer regelmäfsigen Schiffahrt als zu niedrig gegriffen erweisen. — Der in Vorstehendem berichtete Meinungs austausch hat die Commission insofern nicht zu einer vollen Einigung geführt, als die Vertreter des Aachener Bezirks, des Lahnthales, des Sieger landes und der Vertreter der Saargegend ihre eingangs dargelegten Befürchtungen, dafs das Project der Kanalisirung der Mosel, Saar und Lahn den von ihnen vertretenen Theilen der Provinz zu einer mehr oder minder grofsen Schädigung gereichen werde, entgegen der Ansicht der sämmtlichen übrigen Commissionsmitglieder nicht für widerlegt erachteten. Indefs gelangte die Commission einstimmig zu dem Antrag, dem Provinziallandtage zu empfehlen: 1. Provinziallandtag wolle aus Veranlassung der zahlreichen Petitionen, mit welchen er um sein Eintreten für die Kanalisirung der Mosel angegangen worden, zu erklären beschliefsen : a) dafs die Ausführung des Projectes der Kanalisirung der Mosel als eine der Land- und Forstwirthschaft wie dem Weinbau an der Mosel und dem Rheine nützliche, dem Handel dieser Gegenden in hohem Mafse fördersame, der Industrie derselben dringend benöthigte Verkehrsverbes serung zu erachten sei, b) dafs aber mit der Kanalisirung der Mosel die der Saar und der Lahn verbunden werden müsse, da diese Flufsgebiete, wenn dieselben an die kanalisirte Mosel nicht durch einen für den Lastenverkehr gleich geeigneten Wasserweg angeschlossen würden, den schwersten wirlhschaftlichen Schädi gungen ausgesetzt sein würden, c) dafs, wenn die Kanalisirung der Mosel, Saar und Lahn eine Umgestaltung der Verkehrsverhältnisse zu Folge haben sollte, welche den wirlhschaftlichen Interessen der Bevölkerung im Gebiete der letzteren beiden Flüsse, an der Sieg, der Dill oder in Gegenden des Regierungsbezirkes Aachen zu empfindlicher Schädigung gereichen würde, erwartet werden dürfe, dafs die Königliche Staatsregierung solchen Schädi gungen — durch anderweite Regelung der Frachtsätze für den Lastenverkehr von und nach den betreffenden Gegenden — abzuhelfen nicht versagen werde;