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260 Nr. 3. „STAHL UND EISEN.“ März 1891. Verein für Eisenbahnkunde zu Berlin. * Vergl. diese Nummer auf Seite 197. in der Absicht der Steuerhinterziehung erfolgt ist, von einer Strafe gänzlich abgesehen werden sollte. 10. Zu § 71 beantragt der Verein, dafs die Ver folgung solcher Beamten oder Commissionsmitglieder, welche Erwerbs-, Vermögens- oder Einkommens verhältnisse der Steuerpflichtigen unbefugt offenbaren, nicht nur auf Antrag der Regierung, sondern auch auf Antrag der betroffenen bezw. nachweislich durch die Offenbarung geschädigten Steuerpflichtigen soll stattfinden müssen. B. Zum Entwurf eines Gewerbesteuergesetzes. Der Verein erkennt die Nothwendigkeit an, die Gewerbesteuer in zeitgemäfser, den veränderten Ver hältnissen des Gewerbebetriebes entsprechender Weise zu ändern. In Bezug auf die zu diesem Zwecke von der königl. Staatsregierung gemachte Vorlage be schränkt sich der Verein, vor der auch in diesem Falle in Aussicht genommenen schwereren Belastung der gröfseren Geschäfte und Betriebe zu warnen und darauf hinzuweisen, dafs zu weit gehende Anforde rungen der Steuer- und Socialpolitik an die Gewerbe treibenden eine Einschränkung der gewerblichen Thä tigkeit und damit der Production, sowie der wirth- schaftlichen Grundlagen des Staates zur Folge haben würden. Diese, von Funcke-Hagen und Dr. Goecke-Bonn befürworteten Anträge werden einstimmig angenom men, worauf der Vorsitzende, Geh. Commerzienrath Jansen - Dülken, mit Dankesworten an die Bericht erstatter die Verhandlungen schliefst. in der Bahnmeile grofser Städte, war auffallend gering, ähnlich war es mit den Reisen auf grofse Entfernungen: Diese Verhältnisse drängten zu einer Aenderung, und der Handelsminister von Barofs entschied sich, den Zonentarif, welcher am 1. August 1889 in Kraft trat, einzuführen. Der Entwurf des neuen Tarifs war so bemessen, dafs, wenn ungeachtet der billigeren Fahr preise keine Vermehrung der Zahl der Reisenden ein treten würde, der Einnahme-Ausfall 2 Millionen Gulden ausmachen mufste. Der Einnahme - Ausfall war nur durch eine 25 % ausmachende Verkehrszunahme zu decken, mit Sicherheit konnten aber die Sachver ständigen nur eine Steigerung von 15 % in Aussicht stellen, so dafs immerhin ein Einnahme-Ausfall von 700000 Gulden in Betracht zu ziehen war. Der neue Tarif kennt 14 Zonen. Die erste ist 25 km, die zehn folgenden sind je 15 km lang. Die letzte — vier zehnte — Zone beginnt bei 225 km und reicht bis zu der Grenze des Bahngebietes. Eine IV. Wagen klasse giebt es in Ungarn nicht. Die Preise der drei Wagenklassen stellen sich wie 1 : 1,6 : 2. Die Per sonenzug-Fahrpreise sind 20 % niedriger als die der Eilzüge. Rückfahrkarten, Gepäckfreiheit bestehen nicht. Die III. Wagenklasse hat bei den schnell fahrenden Zügen nur kurze Zeit bestanden; sie ist inzwischen eingezogen. Die durch den Zonentarif gebotenen Ermäfsigungen der Preise sind erheblich. Sie betragen in der I. Zone 55 %, in der II. 68%, in der XIV. Zone bei 224 bis 1000 km Länge 37 bis 85 %. Das Billetwesen ist wesentlich vereinfacht. Sehr bequem für die Verwaltung ist ferner die Gepäck abfertigung. Auf die Einzelheiten können wir hier leider nicht eingehen, wollen nur erwähnen, dafs die Billetsorten einer grofsen Station sich nach Einführung des Zonentarifs der Zahl nach auf ein Viertel er- mäfsigt haben. Budapest, wo von jeher der Verkehr eine naturgemäfse Unterbrechung gefunden hat, ist „Tarifschnittpunkt“ geworden, d. h. also, im Durch gangsverkehr mufs dort eine neue Karte gelöst werden. Das ist gewissermafsen eine Steuer, welche von den Fremden erhoben wird. Der Eingeborene wird • davon nicht betroffen. Die Ergebnisse des neuen Tarifs waren überraschend. Vergleicht man das erste Jahr des Zonentarifs mit dem vorhergehenden, so findet man, dafs die Zahl der Reisenden von 5 Millionen auf 13 Millionen gestiegen ist und dafs die Einnahmen aus dem Personen- und Gepäckverkehr eine Zunahme von 2 Millionen Gulden aufweisen. Die fünf ersten Monate des zweiten Zonenjahres (1. August bis 31. De- cember 1890) geben ein Mehr von 550 000 Gulden gegen die gleiche Zeit des vorhergehenden Zonen jahres , so dafs im zweiten Jahre muthmafslich die Gesammtmehreinnahmen gegen das letzte Jahr vor Einführung des Zonentarifes 3 Millionen Gulden aus machen wird. Bei den Mehreinnahmen sind im wesentlichen der Naheverkehr und der der XIV. Zone betheiligt. Die Betriebsausgaben sind nicht er heblich gestiegen. Das zweite Zonenjahr wird eine Mehrausgabe für eine Million Zugkilometer mit rund 800000 Gulden bedingen. Der Ueberschufs beträgt demnach immer noch über 2 Millionen Gulden. Dem Handelsminister von Barofs zunächst und seinen sach verständigen Berathern gebührt das Verdienst, dem Gedanken des Zonentarifs eine greifbare, praktische Gestaltung gegeben zu haben. In der am 10. Februar d. J. unter dem Vorsitze des Hrn. Geh. Ober-Regierungsrath Streckert tagenden Versammlung sprach der Ministerialrath und Director der Kgl. Ungar. Staatseisenbahnen Hr. Schober aus Budapest über den ungarischen Zonentarif und dessen Ergebnisse.* Der Vortragende erörterte die Gründe, welche seiner Zeit zu einer Aenderung des Personentarifs führten, besprach sodann die Ausführung der Tarif reform und gab schliefslich die Ergebnisse des Zonen tarifs an, welche aufserordentlich befriedigt haben. Bei den ungarischen Staatsbahnen war ein Stillstand in der Entwicklung des Personenverkehrs eingetreten, seit 1885 sogar ein Rückgang. Rückfahrkarten, Abonnementskarten änderten daran nichts. Es fuhren dadurch zwar mehr Leute, aber die Einnahmen blieben dieselben. Der Verkehr war pro Jahr und Bahn kilometer 70 000 Reisende, gegen 250 000 in Preufsen, die Einnahme aus dem Personenverkehr 3000 JI gegen 8400 in Preufsen. Der Tarif war hoch, zumal eine 20%-Abgabe auf den Fahrkartenpreisen ruht; er war um 30 % höher als in Preufsen. Die Ein nahmen machten 8,6 Millionen Gulden aus bei 5 Millionen Reisenden. Der Nachbarverkehr, d. i. der.