Volltext Seite (XML)
waren zu der Zeit, als diese Anlagen geschaffen wurden, Kraftübertragungen für gröfsere Ent fernungen aufser dem erwähnten Drahtseilbetrieb noch nicht so ausgebildet und dem Gewerbe zur Verfügung, wie heutzutage. Immerhin haften diesem System mancherlei Nachtheile an; zunächst ist die Kraftabgabe innerhalb gewisser Grenzen niemals constant zu erhalten, indem dieselbe in erster Linie von dem jeweiligen Wasserstande der betreffenden Ströme abhängig und ferner eine Kraftaufspeicherung, wie z. B. bei elektrischem, hydraulischem und Druckluftbetrieb von vornherein nicht möglich ist. Auch ergeben die Seile infolge Temperatur veränderungen einen öfters wechselnden Wirkungs grad, und bedingt die Erhaltung und Wartung derselben einen erheblichen Kostenpunkt des Be triebes. Diese Mifsstände wurden denn auch bei der vor ungefähr zwei Jahren neu geschaffenen zweiten Anlage in Schaffhausen berücksichtigt, indem man sich dabei der Elektricität als Kraft transmission bediente, die neben anderen Be trieben auch eine grofse Spinnerei mit etwa 300 effect. HP zu versorgen hat. Auf einem andern Gebiete, das hier vielleicht erwähnt sein dürfte, hat der Drahtseilbeirieb je doch sich wiederum sehr gut bewährt, nämlich bei Seilbahnen zum Fortschaffen von Lasten (Bleichertsches und andere Systeme), wie sie den Hütten- und Bergwerken sehr willkommen kamen zum Fortschaffen von Schlacken auf weit ent fernte Halden oder zum Fördern von Erzen und Kohlen nach bezw. von Eisenbahn- oder Schiffs ladeplätzen. Neuerdings hat man sich, und zwar mit sehr gutem Erfolge, des Drahtseil betriebes auch zum Fortschaffen von Schiffen auf Flüssen und Kanälen bedient, welche Neuerung den französischen Ingenieuren Levy und Oriolle zu verdanken ist. Eine andere Art von Kraftgewinnung durch disponible Wasserkraft besteht in Nürnberg; daselbst hat der Magistrat eine frühere Mühle in einen grofsen Werkstätteraum umgebaut, worin jeder kleine Handwerker eine Werkstatt und je nach Bedarf eine ganze oder halbe Pferdekraft oder auch mehr für geringes Entgelt zur Miethe bekommt. Daselbst werden etwa 25 HP mittels zweier Wasseräder aus dem Pegnitzflusse ge wonnen und die Kraft mittels Räderwerke und Transmissionswellen an die Gonsumenten abge geben. Die Gebäude- und Einrichtungskosten be trugen 80 000 6. In dem Gebäude sind 48 einzelne Werkstätten, die von den verschieden artigsten Gewerben benutzt werden. Die Miethe beträgt jährlich für 1 HP = 600 6, für 1/2 HP = 340 und für 1/4 — 150 •6. Das Quadratmeter Werkstattfläche kostet jährlich 5 6 Miethe. Was nun das Gas anbelangt, so konnte das selbe aufser zu Beleuchtungs- und Heizzwecken erst durch die Vervollkommnung der Gas- maschine zur Krafterzeugung dienstbar gemacht werden. In Städten nun, wo Gasleitungen vor handen waren, war somit dem Industriellen ein sehr bequemes Mittel geliefert, durch einfaches Oeffnen und Schliefsen der Verbindungsleitung mit dem Hauptrohrnetze sich je nach Bedarf mit Kraft zu versorgen. Dabei kam man ihm seitens der Gasgesellschaften durch Herabsetzung des Gaspreises bereitwilligst entgegen, so dafs nach den heutigen Betriebsresultaten die Stundenpferde stärke eines 10 pferd. Gasmotors bei einem Gas verbrauche von 0,75 cbm ä 12 © inclusive der Kosten für Kühlwasser sich auf ~ 10 8 stellen mag, dabei sind Verzinsung, Amortisation und Wartung nicht inbegriffen. Auch ist man jetzt imstande, diese Motoren in Gröfsen von 1/s bis 100 Pferdestärken zu bauen, wie sie dem je weiligen Kraftbedarfe entsprechen. Aber auch da, wo städtische Gasanstalten nicht vorhanden sind, ist die Anlage von Gasmotoren möglich, durch Anwendung von Benzin oder Gasolin für kleinere Motoren, und für gröfsere durch An wendung von Generatorgas, einem Leuchtgas, bestehend aus einem Gemisch von Wasserstoff und Kohlenoxyd. Ein weiteres sehr lobenswerthes Vorgehen von Seiten der Gasgesellschaften besteht darin, dafs dieselben Gasmotoren verschiedener Gröfsen auf eigene Rechnung anschaffen und solche für Verwendung in Industrie und Handwerk entweder käuflich abgetreten unter allmählicher Abzahlung, oder dieselben vermiethet haben mit dem Rechte des Eigenthumserwerbes durch allmähliche Ab zahlung seitens der Miether. Die Gasmotoren haben die unbestrittenen Vor theile, dafs man sie jederzeit in und aufser Be trieb setzen kann, sobald Kraft verlangt oder nicht mehr nöthig sein sollte; ferner möglichst leichte Aufstellung in leicht verfügbaren Räumen, wie Keller u. s. w., so dafs dieselben auch für das Kleingewerbe speciell oder für solche Be triebe, die nur theilweise benutzt zu werden brauchen, von sehr grofsem Vortheile sind; immerhin haften denselben aber auch noch Nach theile an, die deren allgemeine Anwendung einigermafsen behindert haben mag. Als solche sind zunächst die mit diesen Motoren verbundene Feuersgefahr zu nennen, so dafs sie z. B. in Lagerhäusern, Getreidespeichern nur in seltenen Fällen Aufstellung finden dürften; ferner mufs bei einigermafsen grofsen Motoren stets ein zweiter kleinerer Motor mit vorhanden sein, um die grofsen Motoren überhaupt in Betrieb setzen zu können. Auch ist sowohl das auspuffende Gas, Fett u. s. w., sowie das damit verbundene lebhafte und störende Geräusch durchaus nicht angenehm, und schliefslich sind die Anschaffungs kosten in manchen Fällen immer noch erheblich genug gegenüber anderen Motoren von gleicher Gröfse und Leistung. III.a 6