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März 1891. „STAHL UND EISEN? Nr. 3. 217 glücklicherweise vorbei—, so steht heute das ameri kanische Werkzeug auf dem Gebiete der Holz bearbeitung sowohl, wie auf dem der Metall bearbeitung obenan. Man halte eine amerikanische Axt gegen eine deutsche; das Ding schneidet schon, wenn man es nur ansieht. Und bei uns werden doch auch Bäume gefällt. Man halte den in unseren Tischlerwerkstätten noch ganz un bekannten amerikanischen Hobel gegen unser antediluvianisches hölzernes Geräth, welches nicht einmal den einfachen Grundsatz befolgt zeigt, da bequem zusein, wo es in der Hand liegt. Wie das zusammenhängt, weifs ich nicht; ich habe aber selbst in amerikanischen Tischlereien bei deutschen Arbeitern noch den deutschen Hobel gefunden. »Warum brauchen Sie noch diesen Hobel,“ fragte ich halb ärgerlich bei einer solchen Gelegenheit. — „Ja, er ist doch billiger,“ war die verlegene Antwort. Es ist das eben die Macht der Gewohnheit, welche selbst Unbequem lichkeiten ertragen lehrt, weil es noch unbequemer wäre, sie sich abzugewöhnen. Und, weiter, die schönen Spiralbohrer, wo stammen sie her? Die unentbehrlichen Klauenfutter, wo kommen sie heute noch her? Das ist offenbar ein wunder Punkt. Denn hier liegt auch der Bedarf vor, der uns sonst immer fehlt, wo wir gute Massenartikel liefern müssen, und es wäre doch traurig, wenn uns das Können fehlte. IX. Elektricität und Magnetismus. Für die Kleineisenindustrie haben wir es hier, abgesehen etwa von dem Experiment mit dem magnetischen Riemen, nur mit dem magnetischen Ausscheider und der elektrischen Schweifsung zu thun. Sonst trat uns dies Gebiet auf dem Wege der Beleuchtung (Westinghouse), der Strafsen- bahnen (Westinghouse und Thomson-Houston) und der elektrischen Kraftvertheilung entgegen. Letztere fanden wir indessen nur für Gestein bohrmaschinen (Edison und Thomson-Houston) verwendet. Die magnetischen Abscheider waren fast nur für Erze eingerichtet, müssen also auch anderen Federn überlassen bleiben. Wir bekamen davon mehrere Systeme zu sehen. Dagegen dürfte die elektrische Schweifsung der' Kleineisenindustrie wohl zuerst dienstbar gemacht werden. Wir sahen ausschliefslich Wechselstrom hierfür ver wendet, welcher den Vortheil hat, das Auge un belästigt zu lassen. Edison, in dessen Laboratorium wir gastfreie Aufnahme fanden, führte uns diese Operation zuerst vor; es wurden quadratische Eisenstäbe von etwa 12 mm Seite stumpf anein ander geschweifst. Aufserdem fanden wir dort eine sehr vollständige Sammlung von Schweifs proben mit Metallen aller Art durcheinander, so dafs man den Eindruck erhielt, als ob hier jede Combination möglich sei. Etwas einseitiger, aber weit grofsartiger trat uns die elektrische Schweifsung in der Dollarbay entgegen. Hier wurden zöllige Quadratkupferstangen stumpf aneinandergesetzt. Der Strom hatte 100 000 Ampere und 1 bis 2 Volt. Bei Thomson-Houston endlich sahen wir Röhren aneinandergesetzt. Die Operation ist an sich dieselbe, wie die mit massiven Stäben, doch wurden auch hier die kleinen, bei den „Prefsluft- Werkzeugen“ verwendeten Lufthämmer, welche zu zweien mit vibrirender Geschwindigkeit herum arbeiteten, zum Verhämmern benutzt. Auch Draht seile wurden stumpf aneinander geschweifst, und zwar anscheinend mit gutem Erfolg. Der hier verwendete Strom hatte 20 000 Ampere und 11/2 bis 2 Volt. Diese Ströme werden natürlich überall durch Transformation gewonnen. Die Ausstellung in Pittsburg, über welche ich an anderen Orten referirte, zeigte die Gonstruction eines solchen in seinen Einzelheiten. X. Technisches Schulwesen. Bei der aufserordentlich geringen Zeit, welche mir zu Gebote stand, konnte ich diesem Zweig der Technik nur wenig Aufmerksamkeit schenken, und beschränkte ich mich da, wo sich überhaupt die Gelegenheit bot, nur auf Lehrwerkstätten. Ich besuchte solche in Chicago, Houghton und in New York. Für die „Chicago Manual Training School“ wurde mir die persönliche Einladung des Directors, Mr. Belfield, zu theil. Die Anstalt ist ganz neu und vorzüglich eingerichtet, mit einer beneidens- werthen Vollständigkeit und Eleganz. Obwohl auch die Bearbeitung der Metalle (Schlosserei, Dreherei und Giefserei) vertreten war, so schien mir die Richtung doch mehr auf die Holz bearbeitung bezw. Kunsttischlerei hin zu gehen, und wurden namentlich auf diesem Gebiete sehr gute Arbeiten geliefert. Der Cursus ist zwei jährig. Die Schüler treten im reiferen Alter ein, und erhalten neben dem Werkstätten, wie in Remscheid, einen gründlichen wissenschaftlichen Unterricht. Ich verliefs die Anstalt mit dem lebhaftesten Bedauern, derselben nicht mehr Zeit widmen zu können. Wenn irgendwo, so wurde das Bedauern über Mangel an Zeit seitens meiner Reisegenossen in Chicago getheilt, welcher hoch interessanten Stadt nur ein und ein halber Tag gewidmet wurde. Wir kamen am Vormittag an und fuhren am andern Tage Abends weiter: Die „Michigan Mining School“ in Houghton ist ebenfalls ein noch ganz neues Institut, welches vom Staate Michigan im Interesse der dortigen grofsartigen Bergwerke mit einem Aufwande von 75 000 $ für den Bau und 50 000 $ für die Einrichtung, bei einem jährlichen Etat von 24 000 $, errichtet worden ist. Neben sehr reichen Mineralien- und Petrefacten-Sammlungen, mehreren vorzüglich eingerichteten Laboratorien und einer an sich sehr gediegenen Ausstattung besitzt die Anstalt in den unteren Räumen Werk- III.ii 5