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Januar 1891. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 1. 31 Maschinen ä tempo ihre Alarmapparate arbeiten zu lassen. M. H.! Man mufs eine amerikanische Locomotivpfeife gehört haben, um sich einigermafsen einen Begriff von dem nunmehr entstehenden Höllenlärm machen zu können; es ist einfach unbeschreiblich, das Tosen der Niagara-Fälle ist Sphärenmusik dagegen, und niemals werden wir diese akustische Monstreproduction vergessen. Die Homestead Steel Works in Homestead zerfallen in 5 Hauptabtheilungen, welche in 5 grofsen parallellaufenden Gebäuden Betrieb führen. Auf der einen Breitseite werden die Werke durch die Pennsyl vania-Eisenbahn und den aus Pittsburg kommenden Weg, auf der andern Seite durch den M o n o n gah e 1 a - Strom begrenzt. Vor den Werken stehend, sieht man auf dem linken Flügel die Trägerwalzwerke. In Blöcken von 1 bis 5 t aufwärts wird das Material, welches theils weicher Bessemerstahl, theils Martinflufseisen ist, von einem grofsen Triowalzwerk vorgeblockt. Dasselbe wird durch eine Säge in die betreffenden Längen zertheilt und kommt theils als Vorrath aufs Lager, theils direct in die wärmbaren Gruben des Triofertigwalzwerks. Vor dem Vorblock walzwerk liegen ebenfalls wärmbare Gruben, ebenso wie in Edgar Thomson durch Naturgas betrieben, aus welchen mittels eines Krahns, welcher den Rollengang vor dem Blockwalzwerk erreicht, die Blöcke eingesetzt bezw. gezogen werden. Die fertigen Träger und sonstige Fa^oneisensorten gehen vermittelst Locomotiven nach dem Trägerlager, werden hier adjustirt und mittels einer sehr praktischen Einrichtung verladen. Die Waggons stehen in einem gemauerten Kanal, so dafs die Oberkante des Wagens etwas unter der Hüttensohle liegt. Ueber diesem Kanal läuft auf Schienen in einer Spurweite von etwa 3 m ein mächtiger durch Dampf getriebener Verladekrahn mit einem grofsen Ausleger, welcher die schwersten Träger sehr schnell auf die unter ihm stehenden Waggons bringt. Fixe Längen bei Trägern werden durch Absägen mit Kaltsägen ohne Sägezähne geschnitten. Es ist dies letztere eine Einrichtung, welche bereits auf dem Werke der Phoenix Iron Com pany bei Phoenixville, Pa., unsere Aufmerksamkeit erregte. Durch Geleise steht diese Abtheilung mit dem Bessemerwerk, welches als zweite Haupt- abtheilung etwa 20 m von dem Trägerwalzwerk entfernt gelegen ist, in Verbindung. Die Bessemerei hat 2 Convertoren von je 51/2 t Ausbringen, wird mit Cupolofeneisen betrieben und hat als Maximal- production die grofse Zahl von 125 Chargen oder über 600 t Stahl erreicht. Durchschnittlich macht dies Bessemerwerk monatlich 13- bis 14 000 t Blöcke. In demselben Bau schliefst sich in der Längsrichtung ein grofses Knüppel-Triowalzwerk an. Die Blöcke werden auf ähnlichen Wagen, wie wir sie in Edgar Thomson gesehen, durch Locomotiven zu den heizbaren Gruben gefahren (ebenfalls mit Naturgas betrieben) und aus denselben mittels Krähne auf den Rollengang vor der Knüppelwalze gelegt. Die Rollen haben hier, wie in Edgar Thomson, Reversirbewegung und bieten denselben Vortheil wie die meisten anderen in Amerika, da sie nicht, wie bei uns, unter der Hüttensohle, sondern etwa 800 mm über derselben liegen. Der ganze Apparat bleibt auf diese Weise jederzeit zugänglich und übersichtlich. Ein etwa 60 m langer Rollengang führt die Knüppel an die Scheere. Die abgeschnittenen Stücke fallen auf die bis dicht an die Scheerenmesser gefahrenen Wagen (ein weiterer Vortheil der hohen Lage der Rollengänge) und werden durch Locomotiven auf den Verladeplatz geschafft. Auch hier liegen die Geleise, auf welchen die zum Verladen bestimmten Waggons ankommen, so tief, dafs die Knüppel nicht mehr gehoben zu werden brauchen. Zwischen diesem Bau und dem dritten ist ein Platz von ungefähr 120 m Breite, auf welchem sich das bedeutende Goquillenlager, sowohl für die Bessemerei als auch die später erwähnten Martinöfen befindet. Nach jedem Gufs werden auch hier die Coquillen aus dem Bau gefahren, welches durch den aufserordentlich grofsen Raummangel in der Bessemerei mitbedingt ist. Auf dem freien Platz befindet sich, ferner aufser einer sehr ausgedehnten Geleiseanlage die Ab theilung, wo die basische und die saure Masse für die basischen Martinöfen und sauren Convertoren nebst Böden bereitet wird. Ich erwähne nur kurz, dafs die Böden bereits vorgewärmt in die Besserei transportirt werden, und die ganze Manipulation des Auswechselns in 10 Minuten geschehen ist. In dem dritten Hauptbau befindet sich zunächst an dem einen Kopfende (also nach dem Flufs zu) die ältere Martinanlage, 8 Oefen ä 25 t Einsatz, vier auf jeder Seite. Ich unterlasse auch hier die Beschreibung der Martinöfen und wende mich zur Betrachtung des sich anschliefsenden, sehr schönen Blech-Triowalzwerks. Dies Blechwalzwerk wird bedient durch vier Gasregenerativöfen (Naturgas), welche auf der Peripherie eines Kreises liegen, dessen Mitte der Mitte der Walzenstrafse entspricht. 2 Oefen liegen auf der einen, 2 auf der andern Seite, und schliefst sich also auf jeder Seite ein Ofen unmittelbar an den Rollengang vor der Walze an. Die Ghargir- und gleichzeitig Ausziehvorrichtung ist äufserst sinnreich. Ein kreisförmig gelegtes Geleise geht vor den Oefen entlang, auf demselben bewegen sich die Wagen mit den vorgeblockten Brammen. In der Mitte stehen 2 Krähne mit langen Auslegern, welche bis dicht an das Geleise ragen. Jeder Krahn bedient 2 Oefen. Vorn an dem Ausleger befindet sich die hydraulisch bediente Klaue, welche zunächst eine Verticalbewegung macht, die Brammen in die Höhe hebt, durch eine Horizontal-