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144 Nr. 2. STAHL UND EISEN. Februar 1891. stark und von 1887 auf 1888 ein wenig ge fallen war, wollten die Freihändler darin ein Argument für ihre Behauptung erblicken, dafs die Schutzzollpolitik den Verdienst des Arbeiters herabdrücke, während doch die Thatsachen damit in offenkundigem Widerspruch stehen. Es stellte sich denn auch bald heraus, dafs die Mehrzahl der Berufsgenossenschaften in ihren Angaben für das Jahr 1886 die Lohnbeträge für das letzte Quartal des Jahres 1885, in welchem schon die berufsgenossenschaftliche Thätigkeit begonnen hatte, mit eingeschlossen hatten und dafs auch für 1887 noch einige Fehler mit unterlaufen waren. Mit einem Vergleiche der Verhältnisse für 1888 und 1889 könnten die Anhänger des Manchesterthums nun eine besser begründete Probe anstellen, und namentlich für die Eisen industrie würde dieselbe höchst lehrreich sein. Es ergiebt sich nämlich aus den berufsgenossen schaftlichen Nachweisungen, dafs, während von den zur Anschreibung gelangten Lohnbeträgen im Jahre 1888 826 6 auf den Kopf der Ver sicherten entfielen, diese Summe für 1889 den Betrag von 8546 erreicht hat. Das macht eine Steigerung für den Kopf von 28 •46. Hoffentlich lassen sich die Anhänger der Manchesterdoctrin und vornehmlich diejenigen unter ihnen, welche die Behauptung aufzustellen beflissen waren, dafs die gegenwärtige Wirthschaftspolitik nur einzelnen Unternehmern eine Erhöhung des Verdienstes eingebracht hat, diese Erscheinung nicht ent gehen, um damit für ihre Zwecke Propaganda zu machen. Aber freilich, als vor zwei Jahren die Vergleiche auf Grund falscher Zahlen ge macht wurden, hatten die Lohnbeträge in den Rechnungsergebnissen der Berufsgenossenschaften für die Gegner der Schutzzölle Beweiskraft, jetzt, wo thatsächlich richtige Unterlagen vorhanden sind, sollen die Lohnbeträge ihre Beweiskraft eingebüfst haben. Wir können uns wie früher, auch jetzt nicht zu der Anschauung bekennen, dafs die Lohnsummen, welche von den Berufs genossenschaften behufs Bemessung der Beiträge der einzelnen Berufsgenossen zusammengestellt werden, eine Lohnstatistik im eigentlichen Sinne des Wortes sind; wenn aber diese berufs genossenschaftliche statistische Arbeit die auch anderweitig gemachte Erfahrung einer stetigen Erhöhung der Arbeiterlöhne in der Eisenindustrie während der Aera der Schutzzollpolitik bestätigt, so darf man sie als unterstützendes Argument wohl gelten lassen. Die Ausgaben, welche die Eisen- und Stahl industrie für die Unfallversicherung im Jahre 1889 aufzubringen hatte, haben sich, wie das beim Umlagesystem nicht anders zu erwarten ist, gegen das Jahr 1888 gesteigert. Sie betrugen im letz teren 3 865 540,26 6, dagegen im Jahre 1889 4 266108,07 •6; sie sind demnach um über 400 000 c%6 oder um etwas mehr als 10 % ge stiegen. Die Steigerung von 1886 auf 1887 betrug 133 %, diejenige von 1887 auf 1888 29%. Von den Ausgaben entfielen 1871 1 18,264 auf die Entschädigungen, 341 919,25 •6 auf die laufenden Verwaltungskosten, 51 758,78 36 auf die Unfallverhütungskosten und 1 880 960,99 auf die Reservefonds. Die Entschädigungen hatten in 1886 nur 245 570,96 ^, in 1887 schon 847 544,72 6, 1888 bereits 1 361 724,79 •6 und 1889, wie bemerkt, 1 871 118,26 •6 betragen. Die Berufs genossenschaften sind ins Leben gerufen, um einestheils die Unfälle, soweit möglich, durch Schutzvorrichtungen zu verhüten, anderntheils die unvermeidlichen Unfälle zu entschädigen. Der zweite Theil ihrer Aufgabe wird stets materiell stärker ins Gewicht fallen. An ihm wird man deshalb am besten erkennen können, wie die Berufsgenossenschaften ihrer Bestimmung gerecht werden. Vergleichen wir die Entschädigungs summe, welche alle 64 gewerbliche Berufs genossenschaften im Jahre 1889 gezahlt haben, mit deren Gesammtausgaben, so erhalten wir als Ergebnifs, dafs die ersteren ein wenig mehr als 41 % von den letzteren darstellen. Bei den Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaften betrugen die Entschädigungen nahezu 44 % der Gesammt- ausgaben, also etwa 3 % mehr als die beim Durchschnitt der Berufsgenossenschaften. Es liefert dies für die berufsgenossenschaftliche Thätigkeit in der Eisen- und Stahlindustrie insofern ein anerkennendes Zeugnifs, als die acht Berufs genossenschaften verhältnifsmäfsig mehr Ausgaben auf den Hauptzweck der Unfallversicherung haben verwenden können und somit nur geringere Kosten für die mit der Unfallversicherung ledig lich mittelbar zusammenhängenden Zwecke auf zubringen brauchten. Dabei sind die Ausgaben für die Unfall verhütung noch nicht einmal zu kurz ge kommen; denn, während der Durchschnitt der Berufsgenossenschaften im Jahre 1889 nur 1,0 % sämmtlicher Gelder dafür verwendete, betrugen dieselben bei den Eisen- und Stahl - Berufs genossenschaften 1,2 %. Der Ausgleich wird bei denjenigen Ausgabefi hergestellt, die ja unbedingt nothwendig sind, deren Herabdrücken auf ein Minimum jedoch ein erstrebenswerthes Ziel ist, bei den Ausgaben für die laufende Verwaltung. Der Durch schnitt der Berufsgenossenschaften hat für die letztere im Jahre 1889 12,2 % sämmtlicher Ausgaben, die Stahl- und Eisen-Berufsgenossen schaften dagegen nur 8 % verwendet. Der Reservefonds, der für 1889 an gesammelt werden mufste, war durch das Gesetz vom 6. Juli 1884 auf 100 % der Entschädigungs beträge festgesetzt und betrug in Wirklichkeit mit 1 880 960,99 •6 noch etwas mehr. Mit dieser Summe batten die Reservefonds der acht Eisen-