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Februar 1891. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 2. 123 „Schwerer solider Oberbau der Eisenbahnen, Kleine Kurven mit leichten Anschlüssen, Bequemere Personenbeförderung auf lange Strecken, Schnellere Züge und gute Bremsen, Grofse Ladefähigkeit und leichte Beweglichkeit der Güterwagen, Billige Frachten und anschmiegsamer Verkehr.“ (Allseitiger, anhaltender Beifall.) Vorsitzender. Ich eröffne nunmehr die Discussion über den Vortrag des Hrn. Macco. Hr. Director Haarmann-Osnabrück. M. H.! Bereits vor Jahresfrist hat an dieser nämlichen Stelle Hr. M a c c o einige nicht unerhebliche Eigenthümlichkeiten des amerikanischen Eisenbahnwesens hervorgehoben, welche den Fachgenossen bei dem Besuche der Vereinigten Staaten mit Recht bemerkens- werth erscheinen mufsten. Ich meine die gröfsere Ladefähigkeit der amerikanischen Güterwagen und die Ausrüstung der Fahrzeuge mit beweglichen Trucks. Es unterliegt keinem Zweifel und ist ja auch damals schon anerkannt worden, dafs die gröfseren Güterwagen für Massentransporte eine ent schieden bessere Ausnutzung der Eisenbahnen ermöglichen. Dabei ist es andererseits zutreffend, dafs die Einführung solcher gröfseren Wagen durch die Gonstruction mit beweglichen Trucks bei grofsen Fahrzeugen die möglichst glatte Durchfahrung der vorkommenden engen Gurven gestatten. Was dabei von den Wagen gilt, findet selbstverständlich auch auf die Maschinen Anwendung. Wie es in dieser Hinsicht mit der Einrichtung der amerikanischen Bahnen steht, hat Hr. Macco in ebenso zutreffender, wie anschaulicher Weise geschildert. Ergänzend möchte ich mit Rücksicht auf die Be weglichkeit der mit Trucks ausgerüsteten Wagen hier noch die interessante, wohl auch den meisten der in Amerika gewesenen Herren aufgefallene Thatsach« hervorheben, dafs beispielsweise auf der Elevated Rail-Road in New-York in der Nähe der an dem Staats-Zeitung-Building gelegenen Station die Züge eine förmliche S-Gurve zu beschreiben haben, mit zweimaligem scharfen Wenden in voll ständigen rechten Winkeln. Das wäre bei unseren deutschen Wagen mit festem Radstand nicht möglich. Es steht eben fest, dafs die Wagen auf den beweglichen Achsgestellen zu ihrer Fort bewegung viel weniger Kraft gebrauchen, weil die Trucks, sich der Fahrrichtung des Geleises an schmiegend, das letztere mit weit geringerer Reibung durchlaufen. Was sich in diesem Punkte bei den theilweise mangelhaften Geleis-Anlagen der amerikanischen Bahnen als nothwendig ergiebt, kann sich bei unseren besser trassirten deutschen Bahnen nur nützlich erweisen. Es ist nun erfreulich, dafs neuerdings auch unsere deutschen Eisenbahnverwaltungen sich gegen die Einführung der beweglichen Trucks nicht mehr ganz so ablehnend verhalten zu wollen scheinen. So viel mir bekannt, sind in deutschen Locomotivfabriken bereits Maschinen mit beweglichen Rad gestellen in der Herstellung begriffen. Auch die Güterwagen mit erhöhter Tragfähigkeit sind bekannt lich im Anzuge, und ich glaube nicht zu irren, wenn ich annehme, dafs unsere vorigjährigen Ver handlungen für diese Vorgänge nicht ganz einflufslos gewesen sind. Wenn in Bezug auf die Untergestelle und auf die gröfsere Fassungskraft der Fahrzeuge die amerikanischen Muster als nachahmenswerth anerkannt werden müssen, so möchte ich nicht un bedingt dasselbe hinsichtlich der Einrichtung der Personenwagen zugeben. Die Entscheidung der Frage, ob für die Personenbeförderung die auf unseren norddeutschen Bahnen gebräuchlichen Abtheilwagen oder die in Süddeutschland und Amerika üblichen durchgehenden Wagen den Vorzug verdienen, richtet sich meines Erachtens völlig nach den jeweiligen Verhältnissen. Beiderlei Einrichtungen haben ihr Gutes, wie sie ihre schwachen Seiten haben, je nach den Verkehrsbedürfnissen, deren Befriedigung sie dienen sollen. Während in Amerika und Rufsland, wo es sich viel mehr wie bei uns um die Durchfahrung weiter Landstrecken ohne Aufenthaltspunkte handelt, die durchgehenden Wagen mit ihrer bequemen und wohnlichen Einrichtung zweifellos für den Reisenden angenehmer sind, möchte auf den meisten unserer deutschen Eisenbahnlinien kaum das Nämliche der Fall sein. Bei der grofsen Menge zu berücksichtigender Stationen wird das reisende Publikum bei der Benutzung unserer Abtheilwagen jedenfalls weniger belästigt, als wenn bei der Einstellung grofser Salonwagen sich in denselben etwa ein Verkehr wie in einem Strafsenbahn-Omnibus entwickeln würde. Immerhin ist zuzugeben, dafs für unsere durchgehenden Eilzüge in Bezug auf Comfort noch Manches geleistet werden könnte, was auf amerikanischen Bahnen längst vorhanden ist, und bieten die interessanten Mittheilungen des Hrn. Macco hoffentlich Veranlassung, dafs man sich an mafsgebender Stelle mit dieser Frage neuerdings eingehender beschäftigt. Hr. Macco hat auch den Oberbau der amerikanischen Bahnen berührt und wird mir zugeben, dafs auf diesem Gebiete Musterleistungen von nennenswerthem Belange jenseit des Oceans für uns doch nicht überall vorhanden sind. Allerdings ist man in jüngster Zeit auf verschiedenen ameri kanischen Bahnen auch zur Verwendung schwerer Schienen übergegangen und hat dieselbe auf eine so reichliche Anzahl von Holzschwellen gelagert, dafs die Betriebssicherheit dieser Geleise im Punkte des Oberbaues als solchen wenig zu wünschen übrig läfst. Es verhält sich mit den Oberbau-Zu ständen auf den amerikanischen Bahnen aber doch sehr verschieden. Während z. B. die Pennsyl-