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Anwendung der drehbaren Untergestelle dieser Güterwagen hinzuweisen. Ich habe schon in meinem heutigen Vortrag diesen Punkt mehrfach betont und auf die bei den Hauptbahnen angewandten engen Curven hingewiesen. Für die Verfrachter der Güter ist dieser Punkt aber noch von viel gröfserer Bedeutung, da derselbe es gestattet, beinahe jedes in der Nähe einer Eisenbahn liegende Grundstück oder jede Fabrik mit einem Anschlufs zu versehen, ohne ein allzugrofses Terrain hierzu zu ge brauchen. Ein höchst interessantes Beispiel giebt die Stadt Pittsburg, welche auf einer schmalen, dichtbebauten Halbinsel liegt, sowie die gegenüber liegenden Städte Allegheny und Birmingham. Letztere beiden Städte liegen an den Flüssen Allegheny und Monongahela und einem sehr bald steil ansteigenden Gebirge; Auf dem hier bezeichneten äufserst engen Terrain hat sich in der ganzen Länge der Ufer eine der gröfsten Industrieen der Welt angesiedelt. Trotzdem eine Ausdehnung für die Bahnanschlüsse in keiner Weise möglich war, sind sämmtliche Fabriken mit Bahnanschlüssen versehen, und zwar ohne dafs die so sehr lästigen Drehscheiben und Schiebebühnen zur Anwendung gekommen sind. Man hält in Deutschland der Anwendung solcher Wagen häufig entgegen, dafs dabei Drehscheiben nicht verwandt werden könnten und infolgedessen das vorhandene Gelände zur Benutzung der langen Wagen nicht genüge. Bei genauer Prüfung ist das Umgekehrte der Fall. Es giebt wohl wenig Fabrikgrundstücke, deren Gröfse ungenügend ist, um mit den anzuwendenden kleinen Curven die Wagen nicht an fast alle Stellen des Grundstücks hinbringen zu können. Die Möglichkeit eines leichten Anschlusses an die Eisenbahnen, die Verwerthung fast aller Grundstücke, welche in der Nähe einer Eisenbahn liegen, ist, wenn eine Eisenbahnverwaltung überhaupt Werth darauf legt, die Industrie in ihrem Bezirke zu entwickeln und Frachten zum Transport zu erhalten, von so eminent wirthschaft- licher Bedeutung, und so einflufsreich auf die Hebung des Gesammtwohles einer Gegend, dafs alle Bedenken, welche bisher gegen die Anwendung dieser Wagen aufgetreten sind, hiergegen zurück gesetzt werden müssen. Ich möchte noch erwähnen, dafs wir in den Werkstätten der Pennsylvania- Bahn in Altoona Gelegenheit hatten, die überaus einfache und zweckmäfsige Construction der dreh baren Untergestelle unter den Güterwagen in allen Details anzusehen. Die Construction ist derart, dafs es zwei Arbeitern möglich ist, in einer halben Stunde ein vollständiges Drehgestell mit zwei Achsen und vier Rädern fertig zum Gebrauche zusammenstellen zu können. Im allgemeinen bestehen die Gonstructionstheile der amerikanischen Güterwagen aus Holz. Eisen und Stahl sind bis jetzt verhältnifsmäfsig wenig verwandt worden. Die in meinem Vortrag vom 12. Januar 1890 besonders angeführten Wagen mit Untergestellen aus schweifseisernen Röhren habe ich auf unserer Reise mehrfach zu beobachten Gelegenheit gehabt. Bei genauer Prüfung habe ich aber gefunden, dafs fast alle diese Wagen beschädigt waren, und dafs insbesondere die Kopfstücke nicht genügenden Widerstand gegen die bei lebhaftem Verkehr eintretenden Wirkungen von aufsen leisten können. Man ist infolgedessen zur anderen Construction übergegangen und hat insbesondere die Harvey Steel Car Cy.-Wagen ausgeführt, welche lediglich aus Stahl gebaut sind, und die auf diese Weise eine solide Construction und dabei ökonomisch voitheilhafte Gewichtsresultate zeigen. Das Taragewicht eines solchen offenen Güterwagens beträgt 23 000 Pfd. bei einem Ladegewicht von 600 000 Pfd. oder 38,3 % des letzteren. Man hat auf den Preufsischen Staatsbahnen in der letzten Zeit angefangen, Wagen mit einem Nettogewicht von 15t und einem Taragewicht von 6 bis 7 t, also 43 bis 44 % des Nettogewichts, und zwei festliegenden Achsen zu bauen. Es bezeichnet dies ja im Gewichtsverhältnifs einen Fortschritt gegen früher, trotzdem kann ich diese Anordnung nur für eine halbe Mafsregel erachten. Um das volle Quantum von Gütern auf diesen Wagen unter zubringen, mufs der Achsenstand möglichst weit werden. Mit dem weiteren Achsenstand und der gröfseren Belastung tritt aber eine zur Belastung wesentlich erhöhte Reibung in den Curven hinzu. Die günstige Ausnutzung der Zugkraft durch das bessere Verhältnifs der Tara- zur Nettolast wird auf diese Weise wieder aufgehoben und die Möglichkeit von Unfällen, besonders auf Secundärbahnen, vergröfsert. Immerhin möchte ich auf diese Wagen heute die besondere Aufmerksamkeit der An wesenden lenken. Die Eisenbahnverwaltung hat bis jetzt auf dem Standpunkte gestanden, dafs eine gröfsere Ladefähigkeit unserer Güterwagen kein Bedürfnifs sei. Man wird, wenn diese 15-t-Wagen nicht möglichst ausgenutzt werden, daraus schliefsen, dafs der frühere Standpunkt ein berechtigter war. Im Interesse eines weiteren Fortschritts unseres Eisenbahnwesens, an dem ja die Industrie ein directes Interesse hat, möchte ich hier darauf aufmerksam machen, dafs es dringend wünschens- werth ist, dafs alle im Betriebe beschäftigten Herren nach Möglichkeit dafür sorgen, dafs diese nun einmal vorhandenen Wagen aufs beste ausgenutzt werden. Einen grofsen Werth legen die amerikanischen Bahnverwaltungen auf Vorrichtungen, um die Güterwagen möglichst rasch entladen zu können. Man findet infolgedessen eine verhältnifsmäfsig grofse Anzahl der zum Massentransport bestimmten Wagen, welche mit Bodenklappen, also zur Entleerung nach unten eingerichtet sind. Die schon im Januar v. J. vorgeführten Zeichnungen dieser Wagen zeigen, dafs man selbst bei einer grofsen Grundfläche der Wagen imstande ist, das Frachtgut bis zu einem verhältnifsmäfsig geringen Theil sich selbstthätig nach unten entleeren zu lassen. In dieser