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372 Nr. 4. April 1890. STAHL UNI) EISEN. Zur Vervollständigung diene die Gegenüber stellung der Ein- und Ausfuhr im Jahre 1872, soweit eine Kilotonne überschritten wurde: Kilotonnen Einfuhr von Ausfuhr nach Niederlanden 210 Belgien 3 99 Frankreich 99 Oesterreich 3 12 Hufsland 29- Im ganzen . . 345* 112** Verbleib an Erz. 1888 betrug: die Eisenerzförderung ... 10 664 kl „ Eisenerzeinfuhr . . . ■ 1 163 , Zusammen . . 11 827 kt , Ausfuhr 2 212 „ Verbleib ... 9 615 kt Reichthum an Erzen. Von den deutschen Erzen schätzt man die Luxemburger Minetten auf einen Vorrath für 80, die Lothringer Minetten auf einen Vorrath für 150 bis 300 Jahre. Die Siegerländer Spatheisen- erze sind noch als unerschöpflich anzusehen, ohne dafs doch die Förderung bei zunehmender Teufe der Bergwerke erheblich zu steigern wäre, Die Lahnerze werden noch für ein Jahrhundert ausreichen. Oberschlesien steht an der Grenze der Leistungsfähigkeit; in einem Jahrhundert dürften auch hier die Erze zur Neige gehen. Die Ilseder Erze reichen noch für 220 Jahre, die Osnabrücker für 60; die übrigen Erzvorkommnisse kommen nicht weiter in Betracht. Zur gegenwärtigen Eisenproduction bedürfte Deutschland nicht der Einfuhr fremder Erze, wenn es die eigene Ausfuhr auf die Hälfte herabsetzte. Solange kapitalarme Länder, wie Schweden und Spanien, nicht den Fehler begehen, ihre Erz ausfuhr mit einem Zolle zu belegen, wird Deutsch land keine Veranlassung haben, die auf seinen Erzreichthum angewiesenen Nachbarländer Belgien und Frankreich durch einen Ausfuhrzoll an der Entnahme dieser Erze zu hindern. In dem Augen blicke aber, in dem jener erste Fall eintreten * Der Best fälltauf Ostsee, Schweiz, Hamburgu.s.w. ** Der Rest fällt auf Ostsee, Rufsland, Frankreich, Niederlande, Hamburg u. s. w. sollte, würde wegen Erhaltung seines Bedarfs Deutschland zur Einführung eines Erzzolls ge drängt werden. Verwendbarkeit der Erze. Von allen deutschen Erzen sind nur wenige für die Erzeugung von Giefsereiroheisen , noch weniger für saures Bessemerroheisen geeignet. Zu ersterem passen zum Theil die Lahnerze und ganz die Erze des Mittelharzes, zu letzterem allein das Osnabrücker Vorkommen. Zur Deckung des Bedarfs an saurem Bessemerroheisen müssen die fremden Erze eintreten. Dio Siegerländer Erze sind das vorzüglichste Material für - manganreiches Spiegeleisen und W eifsstrahl. Die Minetten und die Ilseder Erze bilden die Grundlage zur Erzeugung von Thomasroheisen. Alle anderen Erze sind ohne phosphorhaltige Zuschläge nur für Puddelroheisen, mit solchen aber zum gröfsten Theil auch für Thomasroheisen geeignet. Aus Allem ist ersichtlich, dafs der Haupttheil des deutschen Eisenhüttengewerbes sich auf die Verwerthung der Minette stützt. Aus diesem Grunde wird mit Recht auf eine möglichst gute Verbindung der Minettelagerstätten mit dem Koks liefernden Steinkohlengebiete der Ruhr durch Wasserstrafsen und billig fahrende Eisenbahnen hingewirkt. Andererseits ergiebt sich aber auch, ganz abgesehen von dem Grunde, dafs Elsas- Lothringen ein Deutschland von Alters her ge höriger Landestheil und dafs sein Besitz zur Er haltung vertheidigungsfähiger Grenzen erforderlich ist, die Nothwendigkeit, durch den Besitz Elsafs- Lothringens, das ausgiebigste Material für <len Wohlstand Deutschlands in Form der Minette festzuhalten; denn die Macht eines Staats hängt in erster Linie mit eigener Eisenerzeugung zusammen. Nicht minder aber ergiebt sich die unbedingte Nothwendigkeit, Luxemburg stets im Zollverbande mit Deutschland zu erhalten. Die Minette mit ihrem Antheil von fast 57 % der gesammten Eisenerzförderung, spielt in Deutsch land eine weit wichtigere Rolle, als die Förderung des Oberen Sees mit nicht ganz 40 % in den Vereinigten Staaten* und eine gleiche, wie die För derung des Cleveland-Bezirks in Grofsbritannien."" (Fortsetzung folgt.) * Vergl. Heft 3. S. 269. ** Vergl. Heft 2, S. 162.