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Betriebes diejenigen besonderen Rücksichten auf Ge sundheit und Sittlichkeit zu nehmen, welche durch das Alter dieser Arbeiter geboten sind. § 120d. Die zuständigen Polizeibehörden sind befugt, im Wege der Verfügung für einzelne Anlagen die Aus führung derjenigen Mafsnahmen anzuordnen, welche zur Durchführung der in §§ 120a bis 120c enthaltenen Grundsätze erforderlich und nach der Beschaffenheit der Anlage ausführbar erscheinen. Sie können an ordnen, dafs den Arbeitern zur Einnahme von Mahl zeiten aufserhalb der Arbeitsräume angemessene, in der kalten Jahreszeit geheizte Räume unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Soweit die angeordneten Mafsregeln nicht die Beseitigung einer dringenden, das Leben oder die Gesundheit bedrohenden Gefahr bezwecken, mufs für die Ausführung eine angemessene Frist gelassen werden. Den bei Erlafs dieses Gesetzes bereits bestehenden Anlagen gegenüber können, solange nicht eine Er weiterung oder ein Umbau eintritt, nur Anforderungen gestellt werden, welche zur Beseitigung erheblicher, das Leben, die Gesundheit oder die Sittlichkeit der Arbeiter gefährdender Mifsstände erforderlich oder ohne unverhältnifsmäfsige Aufwendungen ausführbar erscheinen. Gegen die Vertügung der Polizeibehörde steht dem Gewerbeunternehmer binnen 2 Wochen die Be schwerde an die höhere Verwaltungsbehörde zu. § 120e. Durch Beschlufs des Bundesraths können Vor schriften darüber erlassen werden, welchen Anfor derungen in bestimmten Arten von Anlagen zur Durch führung der in den §§ 120a bis 120c enthaltenen Grundsätze zu genügen ist. Soweit solche Vorschriften durch Beschlufs des Bundesraths nicht erlassen sind, können dieselben durch Anordnung der Landes-Centralbehörden oder durch Polizeiverordnungen der zum Erlasse solcher berechtigten Behörden unter Beachtung des § 81 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 (Reichs- Gesetzbl. S. 69) erlassen werden. Durch Beschlufs des Bundesraths kann für solche Gewerbe, in welchen durch übermäfsige Dauer der täglichen Arbeitszeit die Gesundheit der Arbeiter ge fährdet wird, die Dauer der zulässigen täglichen Arbeits zeit und der zu gewährenden Pausen vorgeschrieben werden. Die durch Beschlufs des Bundesraths erlassenen Vorschriften sind durch das Reichs-Gesetzblatt zu veröffentlichen. II. Verhältnisse der Gesellen und Gehülfen. § 121. Gesellen und Gehülfen sind verpflichtet, den An ordnungen der Arbeitgeber in Beziehung auf die ihnen übertragenen Arbeiten und auf die häuslichen Ein richtungen Folge zu leisten; zu häuslichen Arbeiten sind sie nicht verbunden. § 122. Das Arbeitsverhältnifs zwischen den Gesellen oder Gehülfen und ihren Arbeitgebern kann, wenn nicht ein Anderes verabredet ist, durch eine jedem Theile freistehende, 14 Tage vorher erklärte Aufkündigung gelöst werden. § 123. Vor Ablauf der vertragsmäfsigen Zeit und ohne Aufkündigung können Gesellen und Gehülfen ent lassen werden: 1. wenn sie bei Abschlufs des Arbeitsvertrages den Arbeitgeber durch Vorzeigung falscher oder VI.io verfälschter Arbeitsbücher oder Zeugnisse hinter gangen oder ihn über das Bestehen eines andern, sie gleichzeitig verpflichtenden Arbeitsverhält nisses in einen Irrthum versetzt haben; 2. wenn sie eines Diebstahls, einer Entwendung, einer Unterschlagung, eines Betruges oder eines liederlichen Lebenswandels sich schuldig machen; 3. wenn sie die Arbeit unbefugt verlassen haben oder sonst den nach dem Arbeitsvertrage ihnen obliegenden Verpflichtungen nachzukommen be harrlich verweigern; 4. wenn sie der Verwarnung ungeachtet mit Feuer und Licht unvorsichtig umgehen; 5. wenn sie sich Thätlichkeiten oder grobe Be leidigungen gegen den Arbeitgeber oder seine Vertreter oder gegen die Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter zu schulden kommen lassen; 6. wenn sie einer vorsätzlichen und rechtswidrigen Sachbeschädigung zum Nachtheile, des Arbeit gebers oder eines Mitarbeiters sich schuldig machen; 7. wenn sie Familienangehörige des Arbeitgebers oder seiner Vertreter oder Mitarbeiter zu Hand lungen verleiten oder mit Familienangehörigen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter Hand lungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten verstofsen; 8. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig oder mit einer abschreckenden Krankheit behaftet sind. In den unter Nr. 1 bis 7 gedachten Fällen ist die Entlassung nicht mehr zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Thatsachen dem Arbeitgeber länger als eine Woche bekannt sind. Inwiefern in den unter Nr. 8 gedachten Fällen dem Entlassenen ein Anspruch auf Entschädigung zu stehe, ist nach dem Inhalt des Vertrages und nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften zu beurtheilen. § 124. Vor Ablauf der vertragsmäfsigen Zeit und ohne Aufkündigung können Gesellen und Gehülfen die Arbeit verlassen: 1. wenn sie zur Fortsetzung der Arbeit unfähig werden; 2. wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter sich Thätlichkeiten oder grobe Beleidigungen gegen die Arbeiter oder gegen ihre Familienangehörigen zu schulden kommen lassen; 3. , wenn der Arbeitgeber oder seine Vertreter oder Familienangehörige derselben die Arbeiter oder deren Familienangehörige zu Handlungen ver leiten oder mit den Familienangehörigen der Arbeiter Handlungen begehen, welche wider die Gesetze oder die guten Sitten laufen; 4. wenn der Arbeitgeber den Arbeitern den schul digen Lohn nicht in der bedungenen Weise aus zahlt, bei Stücklohn nicht für ihre ausreichende Beschäftigung sorgt, oder wenn er sich wider rechtlicher Uebervortheilungen gegen sie schuldig macht; 5. wenn bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesundheit der Arbeiter einer erweislichen Ge fahr ausgesetzt sein würde, welche bei Eingehung des Arbeitsvertrages nicht zu erkennen war. In den unter Nr. 2 und 3 gedachten Fällen ist der Austritt aus der Arbeit nicht mehr zulässig, wenn die zu Grunde liegenden Thatsachen dem Arbeiter länger als eine Woche bekannt sind. § 125. Hat ein Geselle oder Gehülfe vor rechtmäfsiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeit ver lassen, so kann der Arbeitgeber an Stelle der Ent- I Schädigung eine an ihn zu erlegende Bufse fordern, 8