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Leber den Phosphorgehalt des schmiedbaren Eisens. Von A. Ledebur. Die Frage, wie es kommt, dafs ein gleicher Phosphorgehalt in verschiedenen Fällen das Ver halten des Eisens verschieden stark benach- theiligen kann, hat schon zu verschiedentlichen Malen die Eisenhüttenleute beschäftigt, ohne bis jetzt vollständig gelöst worden zu sein. Ziemlich nahe liegt die Erklärung der That- Sache, dafs Stahl — d. h. das kohlenstoffreichere, und deshalb härtere und festere Eisen — empfind licher gegen den Einflufs des Phosphors ist als weiches Eisen, oder mit anderen Worten, dafs ein geringerer Phosphorgehalt genügt, den Stahl unbrauchbar zu machen als das weichere, ge schmeidigere Metall. Man braucht hierbei nicht einmal an eine unmittelbare Steigerung des Ein flusses des Phosphorgehalts durch den neben ihm anwesenden Kohlenstoffgehalt zu denken. Mit dem Kohlenstoffgehalte des Stahls wächst bekanntlich ohnehin neben seiner Härte und Festigkeit auch seine Sprödigkeit. Derjenige Stahl ist der vorzüglichste, welcher neben einem bestimmten Härtegrade die geringste Sprödigkeit besitzt; je höher das durch den Kohlenstoffgehalt hervorgerufene Mafs dieser letzteren Eigenschaft bereits ist, desto geringere Mengen von Phosphor werden ausreichen, eine merklichere Verschlech terung des Stahls herbeizuführen. Weniger leicht ist es zu erklären, dafs, wie man vielfach beobachtet haben will, Schweifs eisen durchschnittlich weniger empfindlich gegen i die Einflüsse des Phosphorgehalts sei als Flufs- eisen. Es giebt in der That Schweifseisensorten, in welchen man bei der gewöhnlichen Analyse 0,4 % Phosphor findet und welche doch noch ganz gut brauchbar sind; Karsten giebt sogar 0,5 % Phosphor als das Mafs an, unterhalb dessen keine erhebliche Benachtheiligung gewöhnlichen Schmiedeisens wahrnehmbar sei. Flufseisen mit mehr als 0,20 % Phosphor dagegen dürfte sich stets als deutlich kaltbrüchig erweisen, und alle vorzüglicheren Sorten, auch die kohlenstoffarmen, enthalten weniger als 0,1 % Phosphor. Jene Analysen jedoch, welche uns den ge nannten Phosphorgehalt des Schweifseisens an geben und deren Ergebnisse als Grundlage für die Schlufsfolgerungen über den Einflufs des Phosphorgehalts auf das Verhalten des Schweifs eisens benutzt zu werden pflegen, sind insofern unrichtig, als sie uns nicht sowohl den Phosphor gehalt des Eisens allein, sondern des Eisens nebst aller eingemengten Schlacke ergeben. Sie leiden an dem nämlichen Fehler als diejenigen, welche einen Siliciumgehalt des Schweifseisens von oft I mehreren Zehntel Procent ergaben und die Ver anlassung waren, dafs man Jahrzehnte hindurch an einen nachtheiligen Einflufs dieses Silicium gehalts glaubte. Ich habe verschiedentlich Veranlassung gehabt, den Schlackengehalt des Schweifseisens zu be stimmen, wobei ich mich gewöhnlich des von Eg gertz zuerst vorgeschlagenen Verfahrens bediente,* welches mir als das zuverlässigste erschien. Im vorzüglichsten, für Hufnageldarstellung benutzten schwedischen Herdfrischeisen fand ich 0,17 % Schlacke, im steirischen, für den nämlichen Zweck bestimmten Herdfrischeisen 0,41 bis 0,44 %, in Feineisen aus dem Puddelofen 0,41 %, in ge wöhnlichem , gröberem Puddeleisen 1 bis 3%. Da die Schlacke in dem aus Packeten gewalzten Puddeleisen oft recht ungleichmäfsig vertheilt ist, kann man aus einem gröfseren Stück nicht immer eine genaue Durchschnittsprobe erlangen; ich glaube indefs meinen Beobachtungen zufolge annehmen zu dürfen, dafs in den meisten Fällen der Schlackengehalt des gröberen Walzeisens nicht weniger als 2 % beträgt. Selbst wenn man nun auch, wie es mitunter geschieht, annehmen wollte, dafs die Zusammen setzung der in dem Eisen enthaltenen Schlacke die nämliche sei, als diejenige der im Puddelofen zurückbleibenden Schlacke — ■ welche Annahme jedoch nicht richtig ist — so würde, sobald man den Phosphorgehalt dieser Schlacke in Betracht zieht, schon hierdurch für den im Eisen selbst enthaltenen Phosphor eine häufig nicht un beträchtlich niedrigere Ziffer sich ergeben, als man vorher durch die Analyse gefunden hatte. Der Phosphorgehalt dieser Schlacke hängt theils von dem Phosphorgehalt des verarbeiteten Roheisens, theils auch von der Betriebsweise ab. Läfst man die Schlacke nach jedem verarbeiteten Einsätze ab, so wird sie durchschnittlich phosphor- ärmer sein, als wenn sie, wie es wohl häufiger üblich ist, erst nach einer gröfseren Zahl von Einsätzen entfernt wird. Auch die Menge der zugesetzten Schlacke spielt eine Rolle. Selbst in Oefen, welche phosphorarmes Roheisen verarbeiten, wird man unter entsprechenden Verhältnissen ziemlich phosphorreiche Schlacken erhalten können. Mir ist z. B. ein Eisenwerk bekannt, auf welchem ein Roheisen mit nur 0,15 % Phosphor ver- puddelt wird, die im Ofen zurückbleibende Schlacke aber durchschnittlich 4,5%, mitunter noch mehr * Ledebur, Leitfaden für Eisenhülten-Laboratorien, 8. Auflage, Seite 78.