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Juni 1890. » STAHL UNI) EISEN.“ Nr. 6. bahnausschusses hätte längst erfolgen müssen, und es hätte durch seine Existenz eine bei weitem eingehendere und schärfere Prüfung des Etats und der dabei in Betracht kommenden Fragen, zu denen wir auch die überwuchernde Bureaukratie in der Verwaltung rechnen, statt finden können. Unter dem 9. April 1889 richteten wir in Gemeinschaft mit dem »Verein deutscher Eisen hüttenleute« an den Herrn Minister der öffent lichen Arbeiten das Ersuchen, „dafs die Bezüge von Holzschwellen aus dem Auslande thunlichst eingestellt und der dadurch entstehende Ausfall durch vermehrte Verwendung von Eisen sch wellen gedeckt werde. “ Zur Begründung dieses Gesuches führten wir u. a. Folgendes aus: „In neuerer Zeit sind sowohl bezüglich des zu eisernem Oberbau zu verwendenden Materials in Deutschland die erfreulichsten Fortschritte gemacht worden, als auch haben sich auf con- structivem Gebiete bedeutende Verbesserungen vollzogen, so dafs der Boden für eine immer mehr sich ausdehnende Verwendung von Eisen bezw. Stahl zu Schwellen in keinem andern Lande besser vorbereitet ist, als bei uns. Es können daher keinenfalls üble Erfahrungen bezüglich des Materials oder der Construction den Grund zu der Thatsache bilden, dafs die Verwendung eiserner Schwellen auf unseren Bahnen nicht allein nicht fortschreitet, sondern von Jahr zu Jahr merklich zurückgeht. Wir gehen vielmehr wohl nicht fehl in der Annahme, dafs es Rücksichten auf die deutschen Wald besitzer sind, welche die vermehrte Verwendung von Holzschwellen veranlafst und dahin geführt haben, dafs sich die Zunahme der letzteren für die preufsischen Bahnen auf 11,5 % des im Jahre 1883/84 in Gebrauch befindlichen Quan tums, für die übrigen Bahnen Deutschlands auf 0,53 % berechnet, wofür Ew. Excellenz den ziffernmäfsigen Beweis in dem anliegenden Vor trag finden, den Hr. Generaldirector Brauns aus Dortmund in der Generalversammlung des »Vereins deutscher Eisenhüttenleute" vom 17. März d. J. über den in Rede stehenden Gegenstand ge halten hat. Nun würden wir gegen die Berücksichtigung der Interessen der deutschen Waldbesitzer durch aus nichts einzuwenden haben, wenn dieselbe wirklich den letzteren zu gute käme. Das ist aber durchaus nicht der Fall, da nachweislich bei der Zunahme der auf preufsisehen Bahnen liegenden Holzschwellen — 3 464 348 Stück — das Buchenholz nur mit 780 371 Stück betheiligt ist und also 2 633 977 Stück auf Eichen- und Nadelholz zu rechnen sind. Von letzteren aber sind, da die deutschen Eichen- und Nadelholz waldungen das ganze Quantum zu liefern nicht vermochten, jährlich rund 1 800 000 Stück vom Auslande importirt worden. Während dieser Im port dem deutschen Waldbesitzer absolut keinen Vortheil bringt, schädigt er die deutsche Eisen- und Stahlindustrie auf das allerempfindlichste, wie Ew. Excellenz aus der nachstehenden Rech nung ersehen wollen. Das Gewicht der normalen Flufseisenschwelle zu 55 kg angenommen, würden für jene 1 800 000 Schwellen, wenn sie in Eisen ausgeführt worden wären, 99 000 t Eisen verwendet worden sein. In Rheinland-Westfalen wird für die Gewinnung der Eisenerze, Kohlen, Kalksteine u. s. w., sowie für die Verarbeitung der Erze zu Roheisen, Flufs- eisen und Schwellen pro Tonne Fertigfabricat an Arbeitslöhnen der Betrag von 35 bis 40 •6 bezahlt. Ferner beziehen die Staatsbahnen an Frachten für die Rohmaterialien, welche zur Herstellung einer Tonne Schwellen erforderlich sind, 14 bis 16 •N. Die Arbeitslöhne im Mittel zu 37,50 JI und die Frachten zu 15 •6 angenommen, berechnet sich der unseren Arbeitern durch die Bezüge des obigen Schwellenquantums aus dem Auslande entzogene Lohn auf 5 568 750 •46 und der bei den Staalsbahnen ausfallende Frachtbetrag auf 1 485 000 •6. Wir erachten hierdurch den Beweis für völlig erbracht, wie wichtig es für das Er werbsleben unserer Nation wäre, wenn der, wie gesagt, dem deutschen Waldbesitzer in keiner Weise zu gute kommende Import ausländischer Holzscbwellen sistirt und das dadurch frei werdende Quantum durch eiserne Schwellen er setzt würde. Auch erscheint uns das Quantum von 780 371 Stück bisher verlegter Buchenholz schwellen grofs genug, um an demselben zu er messen , ob das Buchenholz durch den Impräg- nirungsprocefs wirklich zur Verwendung von Schwellen tauglich gemacht werden kann. Nimmt die Verwendung hölzerner Schwellen dagegen auf den preufsischen Staatsbahnen fort gesetzt in dem oben erwähnten Mafsstabe zu, so wird daraus der deutschen Eisen- und Stahl industrie noch ein weiterer verhängnifsvoller Nachtheil erwachsen. Es ist Ew. Excellenz bekannt, dafs man im Auslande sich gerade die guten Erfahrungen der deutschen und speciell der preufsischen Eisenbahnen mit eisernen Schwellen hat zur Lehre dienen lassen und namentlich in Holland, der Schweiz und Ost indien zum eisernen Oberbau übergegangen ist. Im Hinblick auf die bei uns eingetretene rück läufige Bewegung in der Verwendung eiserner Schwellen liegt nun die Befürchtung nahe, dafs die genannten Länder den falschen Schlufs ziehen, der Grund zu dieser rückläufigen Be wegung liege in dem Umstande, dafs sich der eiserne Oberbau nicht bewährt habe. Daraus aber könnten für die Ausfuhrthätigkeit unseier