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Juni 1890. „STAHL UND EISEN.“ Nr. 6. 491 hältnifs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer würde auf das Schwerste geschädigt. Wendet man ein, dafs die Angelegenheit durch »Arbeiter ausschüsse« geregelt werden könne, so bemerken wir dazu zunächst, dafs die Motive zur Gewerbe gesetznovelle selbst zugeben, es sei nicht zu empfehlen, die Arbeiterausschüsse zu einer ge setzlichen Einrichtung zu machen. Wir ver werfen aber ferner auf Grund praktischer Er fahrungen und Beobachtungen für die Crofs- Industrie überhaupt die Einrichtung solcher Aus schüsse und erheben deshalb gegen den »guten Rathschlag« Widerspruch, falls man die ganze Belegschaft eines Werkes nicht hören wolle, das Votum eines Arbeiterausschusses zu extrahiren. Wir wünschen nicht, dafs die Disciplin und Zucht in den Werkstätten unserer Industrie gelockert werde, und können deshalb einer Bestimmung nicht beipflichten, welche namentlich den wider strebenden, stets unzufriedenen Elementen Einflufs auf die Gestaltung der Arbeitsordnung gewährt und damit eine dauernde Quelle des Mifsvergnügt- seins und des Hasses der Arbeiter gegen die Arbeitgeber schafft. Was die sonst in Frankfurt a. M. gegen einzelne Bestimmungen der Gewerbegesetznovelle erhobenen Bedenken betrifft, so hielten wir die letzteren für gerechtfertigt, weil wir glauben, dafs durch ein zu weitgehendes gesetzliches Vorgehen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auf dem Weltmärkte auf das allerempfindlichste beeinträchtigt werden kann. Die deutsche Industrie hat bis heute infolge der socialpolitischen Gesetze Lasten willig auf sich genommen, wie sie in gleicher Höhe ein anderer Industriestaat der Welt nicht kennt, und wir können uns nicht verhehlen, dafs nament lich das Gesetz über die Invaliditäts- und Alters versicherung der Arbeiter mit der geringen Mehrheit von 20 Stimmen lediglich im Hinblick auf die im Jahre 1889 durchweg gute Lage der Industrie an genommen worden zu sein scheint. Diese gute Lage ist aber schon heute einer Depression gewichen, welche unter Umständen weitere Fortschritte machen und der Industrie das Aufbringen jener Lasten, deren Höhe bei dem »Sprung ins Dunkle«, den jene Gesetzgebung darstellt, ungeheuer er schweren, ja unmöglich machen kann. Unter solchen Umständen ist doppelte Vorsicht in betreff einer Gesetzgebung nöthig, bei welcher der theoretisch gute Wille leider nur zu häufig die praktisch entgegenstehenden Schwierigkeiten über sieht, weil er dieselben nicht kennt. Wird aber durch ein solches Experimentiren die Wett bewerbsfähigkeit der deutschen Industrie auf dem Weltmärkte geschädigt, so wird dies in erster Linie den Arbeiter treffen, dem auch die beste socialpolitische Gesetzgebung nichts helfen kann, wenn ihm die Arbeitsg e 1 eg enh ei t fehlt. Und die letztere dürfte sicher fehlen, wenn das Kapital, zu grofser Belastung der Industrie infolge jener Gesetzgebung müde, sich in noch weiterem Um fange, als es zur Zeit bereits Neigung zeigt, von industriellen Unternehmungen des Inlandes zurückzieht, weil es bei mangelnder Wettbewerbs fähigkeit der letzteren auf dem Weltmärkte einen angemessenen Nutzen aus seiner Betheiligung ziehen zu können nicht mehr zu hoffen im stande ist. Das Eine aber glaubt die Industrie unter allen Umständen verlangen zu dürfen, im Interesse der Möglichkeit ihrer ferneren Existenz Herr im eigenen Hause zu bleiben. «Von der rechten Ueber- und Unterordnung“, so schrieb neulich die »Köln. Ztg.« mit vollem Rechte, «werden alle Verhältnisse des menschlichen Lebens beherrscht, warum sollte es in den Arbeiterverhältnissen anders sein?“ Diese rechte Ueber- und Unterord nung wird aber durchbrochen, wenn sich zwischen Arbeiter und Arbeitgeber eine Menge unberufener Vermittler eindrängt, die eine »Besserung« des Verhältnisses zwischen beiden anstreben, während schliefslich nur die Entfremdung beider Theile die Folge dieser Vermittlung ist. Die niederrheinisch westfälische Eisen- und Stahlindustrie, in welcher das Verhältnifs zwischen Arbeitgebern und Arbei tern durchweg noch ein gutes ist, hat diese Vermittlung nicht allein nicht nöthig, sondern mufs sich dieselbe, da sie naturgemäfs nur nach theilige Folgen für beide Theile mit sich bringen kann, auf das allerentschiedenste verbitten. Auf dem Gebiete der Handels- und Zoll politik sowie des Steuerwesens beschäftigten die »Gruppe« verschiedene Fragen. Das Mini sterium für Handel und Gewerbe fragte unter dem 18. November 1889 mit Bezug auf einen bei ihm gestellten Antrag: «die Errichtung eines zollfreien Lagers für Abfalleisen zur Herstellung von Schmiede stücken für den Seeschiffbau und für die Ausfuhr unter Zulassung der Buchcontrole neben allgemeiner Betriebsbeaufsichtigung durch die zuständige Steuerbehörde zu gestatten“, bei uns an, inwieweit die rheinisch-westfälischen Schweifseisenhütten, welche sich mit der Ver arbeitung angekauften Luppen- und Abfalleisens befassen müssen, behufs Deckung ihres Roh materialienbedarfs z. Z. vom Auslande abhängig erscheinen, und wie sich vergleichsweise die Inlands- und Auslandspreise beim Abfalleisen für Schweifszwecke stellen. Auf dieses Schreiben antworteten wir unter dem 12. December 1889 folgendermafsen : «Düsseldorf, 3. December 1889. Auf das geschätzte Schreiben vorn 18. Nov. d. J., betreffend die Errichtung eines zollfreien Lagers für Abfalleisen zur Herstellung von Schmiedestücken für den Seeschiffbau und für die Ausfuhr unter Zulassung der Buchcontrole neben allgemeiner Betriebsbeaufsichtigung durch die zuständige Steuerbehörde, beehren wir uns