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916 Stahl und Eisen. Industrie- und Gewerbe-Ausstellung für Elsafs-Lothringen u. s. w. 1. October 1895. in den Reichslanden und der Pfalz beide in Blüthe stehen. In den Reichslanden ist in berg baulicher Beziehung in erster Linie der Abbau der Minette zu nennen, welche auf dem linken Moselufer in den bekannten ausgedehnten Ab lagerungen vorkommt; auch zählt Lothringen 8 Salzwerke, welche jährlich über 55 Millionen kg Salz erzeugen, die Pfalz hat Salzindustrie in Dürkheim. Asphalt und Erdöl wird in den Kreisen Hagenau und Weifsenburg in zahlreichen Betrieben gewonnen. Im Jahre 1875 zählte man nach dem Ausstellungskatalog, der in statistischer Beziehung zwar etwas nachhinkt, dessen sonstige Bearbeitung aber in jeder Hin sicht rühmend hervorzuheben ist, in Elsafs-Loth- ringen 32 Hochöfen; seit jener Zeit hat sowohl die Roheisenerzeugung wie die Flufseisenfabrication grofsartige Fortschritte gemacht, auch in St. Ingbert in der Pfalz ist ein grofses Stahlwerk in Betrieb ge kommen. Von den Stahlwerken hat sich keines an der Ausstellung betheiligt, von den Hochofen werken nur eines, das Hüttenwerk Maiziäres, Lamarche & Co. in Maizires bei Metz. Dasselbe zeigt grofse Würfel aus Minette, Koks und Roheisen, welche einander entsprechen; ferner eine Auswahl von Gufsstücken, als Säulen, Platten und Räder, ferner auch Drehscheiben. Das ablehnende Verhalten, welches die grofsen Eisen- und Stahlwerke gegen die zahlreichen Ausstellungen der heutigen Zeit fast allgemein zu zeigen pflegen, ist also auch hier zu Tage getreten; die geschäftlichen Verhältnisse der Werke sind im allgemeinen nicht derart, dafs sie sich den Luxus unnöthiger Ausgaben gestatten könnten, und als solche dürften von ihnen durchweg die mit der Beschickung von Ausstellungen ver bundenen, in der Regel nicht unerheblichen Kosten angesehen werden. Die Natur ihrer Er zeugnisse ist derart, dafs sie sich zur Schau stellung durchweg wenig eignen; auch kann nur in den seltensten Fällen angenommen werden, dafs der Kreis der Abnehmer sich durch eine solche er weitern werde. Wohlverstanden sind hier nur die Zwischenfabricate von Roheisen, Stabeisen, Blechen, Knüppeln, Draht u. s. w. gemeint — für die Eisenverarbeitung liegt das Verhältnifs wesentlich anders, und dafs für die Fabriken, welche sich damit beschäftigen, ein gröfseres Ausstellungs- bedürfnifs und der Wunsch, ihre neuesten Lei stungen einem gröfseren Publikum vorzuführen, vorhanden ist, beweist ihre umfassende und zum Theil glänzende Betheiligung an der Ausstellung. Wenden wir uns zuerst der Eisengiefserei zu, so finden wir namentlich in der Herstellung von Oefen aller Art, Poterie und emaillirten Gefäfsen für chemische Zwecke hervorragende Leistungen. Gebr. Gienanth in Hochstein, das Eisenwerk Kaiserslautern, die Emaille-Industrie von Paul Glaeser in Kaiserslautern, de Dietrich & Go. in Niederbronn zeigen in reichhaltigen Ausstellungen, auf welche Stufe sie einerseits den Kunstgufs und andererseits die Verzierungskunst der Gufs- waaren mit buntfarbigem Email gebracht haben. Die Wettbewerber der gegossenen Küchengeschirre, die Fabricanten der Blechgeschirre fehlen auch nicht; die Blech- und Emaillirwaarenfabrik Kirr weiler, die Emaillir- und Stanzwerke von Gebr. Ulrich in Maikammer zeigen grofse Samm lungen von einfachen und bunten Geschirren aller Art, deren Ausführung so vollendet ist, dafs sie im Ansehen von den besten Porzellan- oder Fayencewaaren nur schwer zu unterscheiden sind. Gouvy & Co. in Oberhomburg führt eine Sammlung verschiedener Federn für Wagen u. s. w., Spaten und Schaufeln, Pflugschare und das Roh material in Blöcken und Brüchen vor; die Strafs- burger Feilenfabrik A. Meyer eine Collection ihrer Feilen. In Eisenconstructionen, Wellblech bauten u. s. w. geben mehrere Firmen aus Strafs- burg und Kaiserslautern recht gute Schaustellungen. Die elsässische Kleineisenindustrie ist durch die Socit de grosse Quincaillerie in Mutzig, welche Sägen und Werkzeuge verschiedener Art aus stellt, durch Schmerber, Vautier, Roth & G o. in Ensisheim, welche Schrauben und Bolzen und Specialartikel für Textilindustrie vor führen, und eine Reihe von Firmen, die Messer- schmiedwaaren und dergleichen erzeugen, eben falls gut vertreten. Es würde uns zu weit führen, die zahlreichen Specialartikel, welche noch in der Gruppe der Metallwaaren zu sehen sind, einzeln anzuführen; ihre Ausstellung beweist, dafs die Eisenverarbeitung im Ausstellungsgebiet nicht nur sehr verbreitet ist, sondern auch auf sehr hoher Stufe steht; sie verdient daher volle Beachtung. Die Gruppe VI, Maschinen, zählt 91 Aus steller. Die bekannten schönen Locomobilen in grofser Auswahl zeigt H. Lanz in Mannheim, ferner solche auch die Badenia in Weinheim. Tritt man in den Haupteingang ein, so fällt die 300 pferdige stehende, dreifach wirkende Dampf maschine in compendiöser Anordnung auf, welche die Elsässische Maschinenbau-Gesellschaft vorm. Andrä Koechlin & Go. in Mülhausen-Grafen staden ausgestellt hat. Daneben ist eine gröfsere Collection von Werkzeugmaschinen, zum Theil neue Gonstructionen für Fräsarbeiten, welche zu nächst mit elektrischen Antrieb versehen sind, von der Elsässischen Maschinenbau- Gesellschaft in Grafenstaden. Eine ebenso vorzügliche Ausstellung von Werkzeugmaschinen zeigen die Mechanischen Constructions- Werkstätten vorm. Ducommun in Mülhausen; die Firma zeigt ferner auch noch Special maschinen für Walzendruck und Gravur. Werk zeugmaschinen stellen ferner noch aus: Jul. Kaltenbach in Lörrach, J. G. Weisser Söhne in St. Georgen, F. Schultz in Mülhausen und die Werkzeugmaschinenfabrik in Ludwigs hafen, welch letztere mehrere Lufthämmer zeigt.