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992 Stahl und Eisen. Vereinheitlichung der chem.-anah/t. Untersuchungsniethoden etc. 1. November 1895. Kohlenstoffart, Behandlung beim Abkühlen, nach Menge der Nebenbestandtheile u. s. w.) die beste Probe zu ermitteln, d. h. diejenige, welche die zuverlässigsten Ergebnisse zu liefern imstande ist. Das kann naturgemäfs nicht ein einziger Mann ausführen; es überschreitet das weit die Grenzen der Zeit und Kräfte des Einzelnen. Ich möchte daran erinnern, dafs gerade dieses das Ziel war, welches mir persönlich vorschwebte, als seiner Zeit auf meine Anregung und nach meinem Plan die königlich preufsischen technischen Versuchs anstalten und unter ihnen die chemisch-technische Versuchsanstalt gegründet und eingerichtet wurden, dafs aber dieses Ziel sich nicht hat erreichen lassen, weil dazu weder Kräfte noch Mittel aus reichten. Der Versuch, durch Vereinigung geeigneter einzelner Kräfte zum Ziele zu gelangen, wurde erst gegen Ende des vorigen Jahrzehnts mit praktischem Erfolg in die Hand genommen. In Deutschland ist es besonders der „Verein deutscher Eisenhüttenleute“ gewesen, welcher sich dieser Aufgabe widmete,* vor allen Dingen der kürzlich verstorbene Dr. v. Reis in Aachen, ferner die HH. Wolf in Dortmund, Glebsattel in Ober hausen, Gor leis, Gerstner und Salomon in Essen und Becker in Rothe Erde bei Aachen. Mit unermüdlichem Eifer ging man in Amerika vor, wo hauptsächlich auf Anregung eines der hervorragendsten Chemiker, Dudley in Altoona, ein Auschufs gebildet worden war, in welchem die HH. Metcalf, Rodd und Hunt aus Pitts burg, Barba, Blair aus Philadelphia, Drown aus Boston und Shimer aus Easton wirksam sind, während das Ganze von dem verdienstvollen John W. Langley geleitet wird, dessen Vorträge bei den verschiedensten Gelegenheiten über diesen Gegenstand allgemein bekannt sein dürften. Eine grofse Zahl einzelner Chemiker, ganz besonders in Frankreich und Schweden, ist auf demselben Wege wacker vorangegangen. Sie alle zu nennen, würde ein Buch füllen. Einen wenn auch sehr bescheidenen Beitrag hoffe ich selbst durch mein im vorigen Jahr erschienenes Buch „Die Eisenprobirkunst“ geliefert zu haben, in welchem ich nach eigenen Erfahrungen in dem Eisenprobirlaboratorium derKgl. Bergakademie in Berlin am Schlüsse jedes Kapitels eine Kritik über die verschiedenen Methoden, welche in der Eisen probirkunst angewendet werden, zu geben versucht habe. Die Schwierigkeiten indessen, zu einem vollständig zuverlässigen Ergebnisse zu kommen, die beständigen Fortschritte der analytischen Chemie und die mit diesen Fortschritten immer mehr in den Vordergrund tretende Nothwendigkeit, stets mit noch gröfserer Genauigkeit vorzugehen, als dies vordem möglich war, und besonders alle Fehlerquellen zu ermitteln, haben diese Ar- * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1891, Nr. 5. beiten noch nicht zu demjenigen Abschlusse ge bracht, welcher erwünscht wäre; ja häufig sind vortreffliche Anfänge an Muthlosigkeit gescheitert und gute Arbeiten im Sande verlaufen. Um einige Beispiele von der Schwierigkeit, das Ziel zu erreichen, anzuführen, so sei daran erinnert, wie die Erkenntnifs der verschiedenen Modificationen des K o h 1 e n s t o f f s im Eisen und die Ueberzeugung von deren erheblichem Einflufs auf die mechanischen und physikalischen Eigen schaften des Eisens dazu geführt haben, Trennungen auf analytischem Wege vorzunehmen,. welche, sobald an die Trennung von Graphit und Temper kohle einerseits, von Carbid- und Härtungskohle andererseits gegangen wird, noch nicht mit auch nur annähernder Genauigkeit ausgeführt werden können. Die Bestimmung des Siliciums schien bereits eine vollständig erledigte Sache zu sein, als sich zeigte, dafs Silicium neben Kieselsäure im Eisen bestehen kann, ohne dafs letztere an Oxyde zu Schlacke gebunden ist, und nun sieht man, dafs die Methoden, welche, wenn viel Kieselsäure als Schlacke vorhanden ist, zur Bestimmung beider Körper nebeneinander aus reichen, dann nicht genügen, wenn nur sehr wenig freie Kieselsäure vorhanden ist. Mit dem Mangan sieht es noch am besten aus, und nachdem durch eine sorgfältige Untersuchung der verschiedenen Proben, welche wiederum in erster Linie von dem Verein deutscher Eisen hüttenleute oder dem amerikanischen Verbände aus gegangen war, sich hatte feststellen lassen, dafs für genaue Bestimmungen die Schwefelmanganprobe allein ausreichend sei, dafs im übrigen aber sich am meisten die Volhardsche Dioxydprobe bewähre, haben sich neuerdings doch wiederum mancherlei Bedenken eingestellt und namentlich Bestrebungen bemerkbar gemacht, schneller als mit dieser Probe und doch mit vollkommener Sicherheit zum Ziele zu gelangen. Beim Schwefel ist man bei geringem Schwefelgehalt für eine Vor probe durch die Wiborghsche Methode anscheinend überall vollständig zufrieden gestellt, und die Brom probe giebt unter Benutzung des Finkenerschen Apparates* ebenfalls für alle praktischen Fälle ausreichende Genauigkeit in angemessener Zeit. Anders ist es mit dem Phosphor; darf man im allgemeinen auch zufrieden sein, dafs die Molybdatprobe mit der Finkenerschen Modification genügende Genauigkeit und die Schleuderprobe für die Praxis ausreichende Schnelligkeit bietet, so haben doch die neuesten Untersuchungen von Thackray** bewiesen, wie fern wir noch vom Ziel einheitlicher Ergebnisse sind. Dazu werden in allen diesen Proben noch beständig Fort schritte gemacht, und so möchte man Zweifel- * Wedding, Eisenprobirkunst 1894, Seite 136. ** Transactions of the American Institute of Mining Engineers, 1895, Atlanta meeting.