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15. October 1895. Stahl und Eisen. 971 Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Schriften bekannt geworden sind, die Vortheile der Anwendung der elektrischen Kraftübertragung beim Bergbau darzuthun suchte. Dafs bei den obertägigen maschinellen Anlagen der Bergwerke in vielen Fällen die elektrische Kraftleitung vortheilhaft anzuwenden ist, unterliegt wohl keinem Zweifel; sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht in nichts von anderen Fabrik- und Balmbetrieben, welche dafür den Beweis längst lieferten; anders verhält es sich indessen mit den unterirdischen Anlagen, und die Zuhörer wären dem Vortragenden gewifs dankbar gewesen, wenn er über die Erfolge oder Mifserfolge bei Verwendung der elek trischen Kraftübertragung unter Tage eingehendere Miltheilungen gemacht hätte. An Stelle des verhinderten Bergrath Meinicke, welcher einen Vortrag über Wassersäulen maschinen angezeigt halte, sprach J. Körting- Hannover über Verwendung von Gasmotoren im Bergbetrieb. Redner betont, dafs einer allgemeineren Ausbreitung elektrischer Kraftleitungen im Bergbau mannigfache Hindernisse entgegenständen, dafs andererseits auch die jetzigen Leitungen, nämlich die Wellentrans missionen, Dampf-, Wasser- und Luftleitungen wenig befriedigten und schlägt vor, den Gasmotoren den Vorzug zu geben; zu betreiben seien dieselben mit jeglicher Art von Gas, so dafs auch jeder Brennstoff für die Gashereitung benutzt werden könne. Eine von dem Vortragenden erläuterte besondere Con- struction eines Gaserzeugers soll in Verbindung mit geeigneten Gasmotoren solch günstige Ergebnisse liefern, dafs hierdurch selbst gute Dampfanlagen über troffen werden, und empfiehlt Redner, an Stelle einer Gentralgasanstalt mit Röhren Verzweigung nach den Verbrauchsarten, an letzteren kleine Gaserzeuger mit den Motoren aufzustellen und diese eventuell zum Betrieb von Dynamos zu benutzen. Näheres über Erfolge dieser etwas seltsamen Vorschläge wird man wohl abwarten müssen. BerginspectorZörner behandelte sodann in einem lichtvollen Vortrage das Thema: Leber die Unschädlichmachung des explosiblen Kohlenstaubes und theilte die Erfahrungen mit, welche im Saar- Revier hierüber gemacht worden sind. Neben allen sonstigen Sicherungsmafsnahmen hat man, je nach der Beschaffenheit der Kohle und des Gesteins, sowie der Art des Betriebes drei Methoden eingeschlagen: 1. die Durchtränkung der Füllörter mit Wasser, welches in Bohrlöcher unter hohem Druck eingeführt wird, 2. die Berieselung vermittelst Rohren und Schläuchen, 3. die Absperrung einzelner Arbeitsstellen durch nasse Zonen und dadurch bewirkte Localisirung der Explo sionen. Mit allen drei Methoden sind gute Resultate erzielt worden, und wenn auch die Kosten für Ein richtung und Benutzung nicht ganz gering sind (2 bis 6 8 für die Tonne-Förderung), so erscheinen die selben doch unbedeutend im Vergleich zu den Ent schädigungssummen und sonstigen Unkosten, welche die schweren Katastrophen durch Kohlenstaubexplo sionen, beispielsweise auf Grube Camphausen und Kreuzgraben, hervorgerufen haben, abgesehen von dem Verluste so vieler Menschenleben. Bergassessor Winkhaus und Bergrath Loh mann berichteten sodann über die Resultate der von ihnen im Ruhr- bezw. Saarkohlengebiet vorgenommenen Prüfungen von Sprengstoffen. Die sehr ausführlichen Mittheilungen des Ersteren, welche zum Theil bereits in Fachschriften („Glückauf“- Essen) veröffentlicht worden sind, gipfelten darin, dafs nicht nur das Schwarzpulver wegen seiner Gefährlich keit bei Schlagwetter- und Kohlenstaubgruben womög lich ganz aus dem Kohlenbergbau zu verbannen sei, sondern auch die gewöhnlichen Gelatine-Dynamite nicht zu den Sicherheits-Sprengmitteln, d. h. den nicht zün denden gehörten, während die neuen Sprengstoffe, welche eine niedrige Explosionstemperatur haben, wie Dahmenit A, Roburit I, Köln-Rottweiler Sicher heitssprengpulver und die Kohlen-Carbonite, nicht nur als die sichersten, sondern auch als sehr wirksame Sprengstoffe zu empfehlen seien. Demgegenüber warnt Lohmann vorUeberschätzung des Werthes der letzteren, welcher in der Praxis noch nicht genügend erprobt, überdies in ihrer chemischen Zusammensetzung uncontrolirbaren Schwankungen ausgesetzt seien, wodurch ihr Verhalten wesentlich beeinflufst werde; er hält ein gänzliches Verbot des Gebrauches von Gelatine und Dynamit für verfrüht. Ueber diese wichtige Frage fand eine lebhafte Dis- cussion statt, in welcher betont wurde, dafs auch wirthschaftliche Gründe gegen das Verbot der älteren Sprengstoffe sprechen und weitere Untersuchungen in den Betrieben erforderlich seien. Nach einer Frühstückspause sprach Berginspector Uthemann über Bewetterung der Aus- und Vorrichtungsarbeiten in Saarbrücken, er bemängelte die in Deutschland gebräuchlichen Ventilatorconstructionen und befürwortete die Ver wendung von Separat - Blasventilatoren (gegenüber Saugventilatoren) bei An- und Vorrichtungsarbeiten und theilte seine Erfahrungen über Schlagwetter bildung mit. Die Frage: Empfiehlt sich der Verwaltungsrechtsweg in Berg sachen ? wurde von dem Vortragenden, Oberbergrath Arndt dahin beantwortet, dafs es wünschenswerth sei, wenn in Deutschland, ähnlich wie in Frankreich, ein all gemeines deutsches Berggesetz eingeführt würde, unter Berücksichtigung der heutigen Verhältnisse. Aus der Versammlung wurde sowohl die Bedürfnifsfrage be stritten, als auch die Möglichkeit, die verschieden artigen bergbaulichen Verhältnisse in Deutschland einheitlich zu regeln. Handelsminister v. Berlepsch warnte, allerdings unter Betonung des privaten Charakters seiner Ansicht, vor der Schwerfälligkeit und Langsamkeit des Verwaltungsrechtsweges und empfahl der Versammlung, sich theoretischer Er örterungen zu enthalten und praktische Fragen zu erledigen. Nach Schlufs der Verhandlungen fand gemeinschaftliches Essen und Abends Zusammenkunft im Tivoli unter zahlreicher Betheiligung, auch seitens der Damen, statt. Der zweite Tag brachte zunächst als geschäftliche Angelegenheiten einige Statutveränderungen, sowie die Wahl des nächten Festortes, bei welcher zwischen Dortmund und München letz'ere Stadt gewählt wurde; es wurde ein Begrüfsungstelegramm an Se. Majestät den Kaiser abgesandt. Es folgte dann ein interessanter Vortrag des Amtsraths Dr. Struckmann über die Geologie derUmgegend von Hannover, dessen auszugs weise Wiedergabe hier kaum thunlich ist, Berginspector Richert behandelte den Stein- kohlenbergbauimnorddeutschenWealden am Deister, am Süntel, im Kreise Hameln, den Loccumer Bergen und am Bückeberg, welcher bis ins 14. Jahrhundert rückwärts zu verfolgen ist und gegen wärtig mehr als 4000 Arbeiter beschäftigt. Zum Schlüsse berichtet Berginspector Siemens über den Römerschen Apparat zur Verhütung des Uebertreibens bei Fördermaschinen, welcher in Verbindung mit besonderen Controlapparaten, in Sachsen, Schlesien u. s. w. in zahlreichen Ausführungen