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Stelle drängen und stofsen, an welcher die vom Kopf ausgehenden Vibrationen in den Stempel eintreten und die Uebermüdung hier viel schneller eintritt als im oberen Theile des Stempels. Wenn wir nun als dritten Fall annehmen, dafs der Pochstempel einseitig aufschlägt, so wird hierdurch eine stark vibrirende Bewegung der Molecüle auf der einen Seite des Stempels er zeugt, die eine Ueberanstrengung und dadurch Uebermüdung des Materials sehr schnell be- j wirken mufs. Angeschweifste Pochstempel brechen aber auch zuweilen, und zwar etwa 30 cm von der j Schweifsstelle, besonders wenn sie nicht hinterher sehr vorsichtig ausgeglüht und langsam abgekühlt worden sind. Wurde letzteres unterlassen, so ist es einleuchtend, dafs aufserhalb der Schweifs stelle, welche kräftig gehämmert war, um eine solide Schweifse zu erzielen, die Structur des Metalls durch die hohe Schweifshitze wesentlich verschieden von der des übrigen Theils des Stempels sein mufs. Es thut dabei wenig zur Sache, ob das Material 30 cm von der Schweifse Blau-, Schwarz- oder Weifshitze hatte, denn die Molecüle dieses Theils des Stempels waren während des Schweifsprocesses zweifellos in einen höchst erregten Zustand gerathen, der nicht wieder in den normalen zurückkehrte. Durch die Verschiedenheit der Structur hatte daher der Stempel in diesem Theile eine schwache Stelle und verursachten die dann folgenden Vibrationen bei der Arbeit des Pochstempels eine Neigung zur Erschlaffung der Cohäsion, bezw. übermüdeten diesen Theil des Stempels früher als die Ver bindungsstelle desselben mit dem Kopfe. Ist diese Schlufsfolgerung richtig, so bildet sie auch die Erklärung für solche Brüche von Poch stempeln, welche aus unganzen Stellen oder Unregelmäfsigkeiten der Structur herrühren, da diese ein Hindernifs für die Fortpflanzung der Vibration der Molecüle bilden. Wir haben nun festgestellt, was wir unter dem Ausdruck „Uebermüdung“ eines Metalls zu verstehen haben, nämlich eine Erschlaffung der Cohäsionskraft, welche die Molecüle zusammen hält, ein beginnendes Lösen des Bandes, welches sie durch gegenseitiges Interesse verbindet, dem j andauernden Hämmern und Stofsen zu wider stehen , bis schliefslich die Widerstandskraft er lahmt und der Bruch erfolgt. Nachdem dieses [ klargelegt ist, können wir den Einflufs, der auf das Aussehen der Bruchfläche der Pochstempel ausgeübt wird, untersuchen. Wie in einem früheren Artikel* auseinander gesetzt, wird beim allmählichen Zerreifsen eines Stückes jede vorhandene krystallinische Structur geändert und grobe Kryslalle in feinere verwandelt, oder eine amorphe Structur erzeugt. Es zeigen daher in der Regel Zerreifsproben eine amorphe oder feinkörnige Bruchfläche. Die auf Zusammen drücken wirkenden Kräfte können diesen ändernden Einflufs nicht ausüben, es wird daher der Quer bruch eines Pochstempels oder eines ähnlichen Constructionsstücks** das natürliche Korn des Metalls zeigen. Wenn auch der Stempel noch so viel Sehne hatte, so bedingt doch die Natur der Sache eine körnige (scheinbar krystallinische) Bruchfläche, den Querbruch der Sehne. Da nun eine Längsfaser in einem Stück Schweifseisen weiter nichts als ein verlängerter Krystall der Puddelluppe ist, so zeigt sein Querschnitt die Stärke der Sehne und nichts mehr. Zeigt die Bruchfläche ein grobes Korn oder eine sogenannte krystallinische Bruchfläche, dann können wir mit Sicherheit annehmen, dafs das Material hoch erhitzt gewesen ist, oder das Eisen war kalt brüchig, oder beides zusammen war der Fall. Aus dem Vorhergehenden können wir den Schlufs ziehen, dafs die Uebermüdung des Metalls an der ungünstigsten Stelle einen Bruch ver- anlafst, und dafs das scheinbar krystallinische Aussehen der Bruchfläche nur eine Folge der darauf wirkenden Kraft und der Dimensionirung des Pochstempels ist, oder Folge der ungleich- mäfsigen Structur, wie es bei einem Bruche nahe der Schweifsstelle der Fall sein kann. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, dafs das Ausglühen der Pochstempel nach etwa sechs monatlicher Betriebszeit sehr das frühe Brechen derselben verhindern wird. Vorsichtiges Ausglühen und langsames Ab kühlen ist ein vorzügliches Mittel, um Unregel mäfsigkeiten im Gefüge auszugleichen, und es scheint, als ob die Glühhitze den Molecülen des Metalls Gelegenheit bietet, sich wieder richtig zu einander zu ordnen nach Gesetzen, welche uns unbekannt sind. tz. * „Stahl und Eisen“ 1895, Nr. 10, S. 474. ** Z. B. Dampfhammer-Kolbenstange.