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1. September 1895. Berichte über Versammlungen aus Pachvereinen. Stahl und Eisen. 833 In der von uns nachgesehenen Literatur findet sich keine specielle Angabe über die Analyse von Weifsblech, und ist jedenfalls immer die Voraus setzung gemacht worden, dafsdiebekanntenTrennungs methoden von Zinn und Eisen hierbei angewendet werden sollten. Diese Methoden werden aber durch das enorme Ueberwiegen des Eisens zum Theil ganz unanwendbar gemacht, zum Thed sehr erschwert und zeitraubend gestaltet. In der Regel wird die hier vorliegende Aufgabe sich darauf beschränken, die Menge des Zinns zu be stimmen. Ausnahmsweise kann auch verlangt werden, Blei und anderweitige Verunreinigungen zu bestimmen, wozu man dann gröfsere Mengen von Substanz in Arbeit nehmen und nach besonderen Methoden ver fahren mufs, die sich dem jedesmal vorliegenden Falle anpassen müssen. Hier behandeln wir nur den bei weitem am häufigsten vorliegenden Fall, nämlich die Bestimmung des Zinns allein. Hierfür hat sich als weitaus am bequemsten und schnellsten die Behandlung mit trockenem Chlorgas erwiesen, welche in Rose’s Analytischer Chemie (6. Aufl. II, 279) als allgemeine Trennungsmethode des Zinns von den nicht flüchtige Chloride bildenden Metallen kurz erwähnt ist, dort aber nur für Le- girungen bestimmt zu sein scheint. Sie wird weiter hin (S. 282) bei der Analyse von Kupfer-Zinn- legirungen erwähnt, aber nicht bei der Trennung von Zinn und Eisen. Vermuthlich hat Rose sie für diesen Zweck wegen der nicht unbedeutenden Flüchtig keit des Eisenchlorids selbst nicht für besonders brauchbar gehalten und scheint auch dort nur an Legirungen zu denken; von Weifsblech, wo das Zinn oberflächlich auf dem Eisen liegt und nur an der Begrenzungsfläche eine äufserst geringe Menge einer Legirung vorhanden sein wird, spricht er gar nicht. In der That wäre auch die von ihm a. a. 0. an gegebene Methode hier ganz unanwendbar; man soll nämlich danach „die Metalle durch Ueberleiten von getrocknetem Chlorgas sämmtlich in Chlormetalle verwandeln und das flüchtige Zinnchlorid von den nicht flüchtigen Chloriden durch Destillation trennen“. Um dies ausführen zu können, d. h. sämmtliches Eisen, neben dem Zinn, in Chlorid zu verwandeln, mufs man eine hohe Temperatur anwenden, bei der eine grofse Menge von Eisenchlorid sich ebenfalls verflüchtigen und das Destillat von Zinnchlorid ver unreinigen würde. Man kann aber auf anderem Wege zum Ziele kommen: wenn man nämlich unter solchen Be dingungen arbeitet, dafs nur das Zinn in Chlorid ver wandelt wird, das Eisen aber metallisch zurückbleibt. Dafs die Chlormethode in dieser Gestalt für Weifsblech-Analyse sich eignen müsse, war dem Einen von uns durch technische Erfahrungen nahegelegt worden, wonach man im grofsen das Zinn aus Weifsblechabfällen durch Behandlung mit trockenem Chlorgas ganz vollständig als rauchendes ‘Tetrachlorid ablösen kann, während das Eisen dabei nicht ange griffen wird und zinnfrei zurückbleibt. Die dabei einzuhaltenden Vorsichtsmafsregeln sind: erstens, vollständiges Trocknen des Chlors, zweitens: Ver meidung gröfserer Temperaturerhöhung. Ein sehr vortheilhaftes Moment, sowohl für die technische, als für die analytische Behandlung, ist es, dafs das Zinn in äufserst dünner Schicht, also mit grofser Oberfläche, dem Angriffe des Chlors ausgesetzt ist, eine weitergehende Zerkleinerung, wie sie bei Le girungen erforderlich wäre, daher ganz unnöthig ist. Es hat sich nun in der That gezeigt, dafs dieses Princip sich vorzüglich zur Bestimmung des Zinns im Weifsblech eignet. Man behandelt die zerschnittene Probe in einer Kugelröhre mit trockenem Chlorgas bei so niedriger Temperatur, dafs das Eisen gröfsten- XVII.« theils unverändert bleibt und die geringe Menge des entstehenden Eisenchlorids nicht verflüchtigt wird, während das Sn GL mit dem überschüssigen Chlorgas fortgeht, in Wasser aufgefangen und nach bekannten Methoden das Zinn ausgefällt wird. Der Apparat besteht aus einem Chlorentwickler, Wasch- und Trockenflaschen, dem Zersetzungsrohre und den Absorptionsgefäfsen für das Sn Ch. Die Chlorentwicklung geschieht, wie gewöhnlich, am be quemsten nach CI. Winkler in einem Kippschen Apparate aus geprefsten Chlorkalkstücken und Salz säure, wobei man den Strom beliebig reguliren kann. Das Gas wird mit Wasser gewaschen und durch zwei mit Schwefelsäure beschickte Drechselsche Wasch- Haschen in einem Koksthurm getrocknet. Es tritt dann in die in der Abbildung gezeigte Kugelröhre ein, welche bei A das zerschnittene Weifsblech enthält und an die das engere, rechtwinklig umgebogene Rohr B angeschmolzen ist. Das letztere taucht in die erste von zwei Peligot-Röhren, auf die noch ein kleiner Erlenmeyer-Kolben folgt. Um die Berührung des Chlors und Chlorzinns mit Kautschuk zu vermindern, werden die Verbindungsröhren am besten aus einem Stücke gemacht. Man wägt nun 2 bis 3 g des Weifsblechs, das in Streifchen voh 2—3 cm Länge und 3—5 mm Breite zerschnitten ist, ab und schiebt es in die Kugel a ein, die vollkommen trocken sein mufs. Der Apparat wird zusammengestellt, das Kugelrohr zuletzt ein geschaltet und mit der Entwicklung des Chlorgases begonnen. Der Chlorstrom darf nicht zu langsam sein, damit nicht Sn Gk zurückdestillirt, aber auch nicht so schnell, dafs etwas davon durch die Vor lagen hindurchgetrieben würde. Anfangs wird das Kugelrohr nicht von aufsen erwärmt; sowie man das Chlor einleitet, wird das Zinn angegriffen, und die Reactionswärme bewirkt Destillation des Chlorzinns. Dieses krystallisirt zum Theil als Hydrat an den feuchten Wänden des ersten Peligot-Rohres, zum Theil geht es in die wässerige Lösung und ein Thei wird als Metazinnsäure ab geschieden. Wenn der gröfste Theil des Zinns über- destillirt ist und die Reaction aufzuhören scheint, so erwärmt man die Kugel ganz gelinde. Die Flamme des Bunsenbrenners soll höchstens 3 cm hoch sein und sich in einer Entfernung von 15 cm unter der Kugel befinden. Bei stärkerem Erhitzen wird das Eisen plötzlich stark angegriffen, Eisenchloriddämpfe gehen stürmisch über, und der Versuch ist verloren. Das Einleiten des Chlors wird so lange fortgesetzt, bis die Oberfläche des Eisens gleichmäfsig braun, ohne weifse Flecken, erscheint. Wenn sich in dem Rohre A B noch etwas condensirtes Sn Ck befinden sollte, so wird es mit einer kleinen Flamme vor sichtig in die Vorlage übergetrieben. Die Operation dauert 2—3 Stunden und bedarf sehr geringer Be aufsichtigung. Um beim Auseinandernehmen des Apparates nicht durch Chlor belästigt zu werden, kann man dasselbe schliefslich durch einen Strom Kohlensäure verdrängen. Man nimmt dann den Apparat auseinander, spült die Kugelröhre mit Salzsäure und Wasser bis ein wenig über die Biegung aus, aber mit Vorsicht, um nicht 6