Volltext Seite (XML)
818 Stahl und Eisen. Mittheilungen aus dem Eisenhilttenlaboratorium. 1. September 1895. vielmehr die Kessel so gefährlich gewesen seien, dafs es ein Wunder sei, dafs sie nicht schon längst auseinandergeflogen seien; gleichzeitig verurtheilt die Commission in sehr bestimmter Weise die Anwendung des Cylinderkessels in solchen Längen mit Aufsenfeuerung im allgemeinen. Im Laufe der Verhandlungen wurde fest gestellt, dafs die Kessel bei einer Kesselversiche rungsgesellschaft mit einer Summe von 10 000 •16 nach dem sogenannten Gruppensystem versichert | waren, d. h. gleichviel wieviele Kessel explodirten, ; sollten die Eigenthümer stets nur genannte Summe als Ersatz erhalten. Die Firma Warrenby Iron Works verfolgte hierbei den Zweck, eine unab- . hängige Versicherung und Ueberwachung zu haben, um darüber unterrichtet zu bleiben, ob die Kessel sicher oder nicht sicher seien. Die Ver- j Sicherungssumme war gering im Verhältnifs zum | Werthe der Kessel und der Umgebung. Der ' Ober-Ingenieur der Versicherungsgesellschaft sagte jedoch aus, dafs sie auf diesen Kesseltyp niemals , höhere Versicherungen eingingen. Die Ueber- | wachung der Kessel durch die Versicherungs- I gesellschaft scheint durchaus sorgfältig gehand- ; habt worden zu sein; die Gesellschaft warnte die Eigenthümer vor dem Vorkommnifs der Nahtrisse und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Unzu verlässigkeit der aufsen gefeuerten langen Kessel, | wobei sie ausführte, dafs eine grofse Zahl von i verheerenden Explosionen aus Mängeln entstanden, ' welche gerade diesem Kesseltyp eigen seien. Ferner schlug sie vor, die Kessel entweder in zwei Theile zu zerlegen oder innen gefeuerte Kessel anzunehmen. In zwei oder drei Fällen erhielt die Firma sogar besondere Mittheilungen, in deren einer, als ein gefährlicher Nathrifs wiederum entstanden war, geradezu gesagt wurde, dafs man einer gefährlichen Explosion mit i knapper Noth entgangen sei. Trotzdem blieben die Kessel während mehr als 20 Jahre im Be trieb; es mag hierzu wohl der Umstand bei getragen haben, dafs die gleiche Sorte in Cleve land und anderen Districten in Verbindung mit Hochöfen weit verbreitet ist. Der betroffenen Firma erwächst durch die Neuanlage der Kessel eine Kostensumme von etwa 100 000 •6; ferner wurden die Untersuchungs kosten auf 8000 • angenommen, von welchen die vom Unfall betroffene Firma 4000 eN6, die Kesselversicherungsgesellschaft 1000 •6 zu zahlen hat. — Zeigen die englischen Blätter auch gewisser- mafsen Befriedigung darüber, dafs durch die Untersuchung die Wahrheit zu Tage gefördert worden ist, so verlangen sie andererseits aufser- dem die Gewähr, dafs in Zukunft auch Kessel, welche als gefährlich erkannt sind, nicht be trieben werden dürfen, und wünschen, dafs das englische Gesetz hierüber entsprechend abgeändert werde. Für deutsche Verhältnisse hat der Unfall wesentlich nur theoretisches Interesse, da Gylinder kessel von den Eingangs mitgelheilten Gröfsen- verhältnissen bei uns u. W. nicht vorkommen. Hier und da findet sich wohl noch ein kürzerer Cylinderkessel mit Aufsenfeuerung bis zu etwa 12 m Länge; auch diese wenigen Ueberbleibsel zu entfernen ist man überall bestrebt, da man vor Jahren die Gefahr, welche darin liegt, dafs die Kessel nur einseitig befeuert, daher krumm und rissig werden, längst erkannt hat. Auch hat man durch zweckentsprechende Einmauerung zu verhüten gesucht, dafs die Kessel sich infolge von Heizeinwirkung krumm ziehen können. E. S. Mittheilungen aus dem Eisenhüttenlaboratorium. Die Bestimmung der citratlöslichen Phosphorsäure in Thomasmehlen. Von Prof. Dr. Paul Wagner. In der „Chemiker-Zeitung“* hat Verf. gezeigt, dafs die bisherige Grundlage, auf welcher der Handel mit Thomasschlackenmehl sich vollzieht, eine unvollkommene ist. Es ist nicht correct, das Thomasmehl ausschliefslich nach seinem Ge halte an Gesammt-Phosphorsäure und Feinmehl zu bewerthen, denn es hat sich erwiesen, dafs der Zersetzbarkeitsgrad der Thomasmehle ver- * „Chem.-Ztg.“ 1894, 1153, 1511, 1933. schiedener Werke ein sehr ungleicher ist. Vege tationsversuche haben ergeben, dafs Thomasmehle verschiedener Mahlwerke bei gleichem Phosphor säuregehalt und gleichem Feinheitsgrade eine Wirkung von nur 80, 60, 50 und selbst 30 gezeigt haben, wenn der Erfolg der bestwirkenden Thomas schlacke = 100 gesetzt wurde. Verf. hat in der „Chemiker-Zeitung“* über die Ursache des ver schiedenen Zersetzbarkeitsgrades der Thomasmehle geschrieben und eine analytische Methode (Be handlung des Thomasmehls mit saurer Ammonium citratlösung) mitgetheilt, welche geeignet ist, die * „Chem.-Ztg.“ 1894, 1933.