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Für den Eisensteinbezug haben die neuen Werke natürlicherweise die bis jetzt unaufgeschlossenen, ja sogar unerforschten Lagerstätten von Korsak und Moguila ins Auge gefafst, von denen man annehmen konnte, dal's sie noch verfügbar wären, und mehr als alle anderen der Kohle näher gerückt sind. Leider ist diese Gegend seit mehreren Monaten ein Klein-Californien geworden, wovon Jeder ein Stück haben möchte. Hier hat Pertchatkine, wie Poll in Krivo- Rog, zuerst den Eisenstein nachgewiesen. Während zwanzig Jahren zahlte er Abgaben, ohne dafs er wegen Mangels an Transportmitteln Nutzen aus seinen Goncessionen gezogen hätte. Heute werden sie ihm von neuen Contrahenten streitig gemacht. Mindestens drei Gesellschaften haben ihre Agenten dort, welche alle Anstrengungen machen, um Verträge abzuschliefsen. Und die Gemeinden, deren Grundbesitz voraussichtlich erzführend ist, werden den so entstandenen Wettbewerb benutzen, um sich das Recht zur Ausbeutung in reichlicher Weise vergüten zu lassen, selbst ehe man sich über die Menge und den Werth der Eisensteine Rechenschaft gegeben hat, die im Boden vor handen sind. Benn das Studium dieser unregelmäfsig zer streuten Magneteisenstein-Lagerstätten, die sich in Quarzit inmitten von Granit-Gneis vorfinden, bietet Schwierigkeiten; zu ihrer Aufschliefsung und Werthbemessung sind bedeutende Vorarbeiten erforderlich. Die starken Magnetnadel-Schwin gungen allein scheinen das Vorhandensein minera lischer Massen darzuthun, aber es ist bekannt, wie begrenzt der Glauben oder das Vertrauen in diese Nachweisungsmethode ist. Kurz, man wird, wie in den amerikanischen Claims, zuerst die Grundstücke pachten und demnächst den Eisenstein aufsuchen. Wenn die neuen Etablissements ihre Anlagen auf den Besitz dieser Erze begründen müssen, so werden sie geduldig abwarten, bis sie regel- mäfsige, endgültige und unbestreitbare Verträge abgeschlossen haben. Es sind uns Unterhandlungen dieser Art bekannt, die sich angesichts der sich überbietenden Reflectanten ein bis zwei Jahre hingezogen haben. Dieses sind die Schwierigkeiten, denen man in Korsak-Moguila begegnen wird. Was den Bezirk von Krivoi-Rog betrifft, so erhalten sich die dort seit 10 Jahren ansässigen Gesellschaften ihre Erzvorräthe sorgfältig für die Zukunft. Sie haben sich alle Gebiete, die als erzführend be trachtet werden, gesichert, und wenn in dieser Region noch Ueberraschungen vorbehalten bleiben, so ist es zweifelhaft, dafs Nichteinheimische davon Nutzen ziehen werden. Während also die jetzigen Werke in natür licher Weise ihrer Entwicklung entgegensehen, scheint es vorläufig, als wenn die Gründung neuer metallurgischer Gesellschaften ernsten Schwierigkeiten begegnen wird, wenn sie sich lediglich auf die jetzt bekannten beiden Eisenstein- Vorkommen von Südrufsland zu stützen be absichtigt. Wenn man aber die Entwicklung von Krivoi’- Rog und Korsak-Moguila ausnutzt, und die pro- jectirten Hütten das nöthige Erz erhalten, so fragt es sich, ob für diese Gesellschaften die Nachtheile einer Ueberproduction zu befürchten sind, d. h. die Gewinnverringerung durch den Wettbewerb in erheblicher Weise herbeiführt.* Es ist wohl zu bemerken, dafs die russische Regierung methodisch die Preisermäfsigung der Stahlschienen erstrebt, deren heutiger hoher Preis das Budget zum Vortheil der Eisenwerke wesent lich erhöht. Die alten Abschlüsse wurden zu 1,60 Rubel gethätigt; die letzten weisen im Mittel etwa 1,55 Rubel auf. Die jetzigen Abschlüsse sollen mit 1,45 und 1,50 Rubel bezahlt sein. Wenn man nun aufserdem die bedeutenden Schienenbestellungen berücksichtigt, die entweder schon vergeben sind, oder über welche unter handelt wird, so mufs man annehmen, dafs diese Fabrication in kurzer Zeit weniger vortheilhaft sein wird. Wie wird es mit den anderen Eisen- und Stahlproducten aussehen? Die nach dem „Journal de Liege“ im Jahre 1893 erfolgte Einfuhr von 134 000 t Roheisen, 111000 t Eisen und Stahl, läfst anscheinend auf einen Handel im Innern schliesen, der eine Vergröfserung der Hütten oder gar neue Anlagen rechtfertigen würde, vorausgesetzt aber, dafs man | sich dabei auf gangbare Fabricate verlegt, die | geeignet sind, infolge einer Bedarfszunahme, die der Entwicklung der Industrie im allgemeinen entspricht, einen regelmäfsigen Absatz im Lande zu finden. * Wenn das in vorstehenden 4 Absätzen aus gesprochene subjective Urtheil im allgemeinen als richtig gelten kann, so müssen derartige Warnungen, wenn dieselben sich wiederholen, auffällig erscheinen. In dieser Hinsicht erinnern wir nur an die Zuschrift, die die Direction der russischen Gesellschaft für Röhrenfabrication an die Redaction richtete (Zeitschrift „Stahl und Eisen* Nr. 1, 1895). Darin wird ebenfalls | der Wettbewerb in der Röhrenfabrication in Rufsland | als verderblich geschildert, während dieselbe Gesell schaft ihre Leistungstähigkeit durch Vergröfserung ihrer Anlagen zu erhöhen trachtet. Nach unserm Dafürhalten geht von den in Rufsland ansässigen fremden metallurgischen Gesellschaften die Parole | aus: „Fernerhin mögen fremde Metallurgen Rufsland fern bleiben*. Es erklärt sich eine solche Haltung, wenn man erwägt, dal's die hohen Zölle in Rufsland i noch während 5 Jahren erhoben werden und die be stehenden Gesellschaften in ihren Erträgen nicht durch j neuen Wettbewerb geschädigt werden wollen. Anmerkung des Berichterstatters.