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736 Stahl und Eisen. Referate und kleinere Mittheilungen. 1. August 1895. platten für die von Rufsland am Schwarzen Meer in | Bau genommenen Panzerschiffe zu liefern, habe Eng- j land zu energischem Handeln angeregt. Dafs trotz aller ausländischen Fortschritte Grofsbritannien an der Spitze der Panzerindustrie zu gehen beabsichtige, gehe klar hervor aus der kürzlich in die Wege ge leiteten Industrie am Clyde, für welche mehr als eine der riesenhaften Schmiedepressen erbaut werden. Es bezieht sich dies auf die Gründung einer neuen Panzer plattenfabrik durch die Herren Breadmore zu Park head Forge bei Glasgow, welche bereits, wie man sagt, Erfolge erzielt haben soll und zwar mit Panzerplatten von 24 t Gewicht, die unter Licenz der Harvey- Panzerplattengesellschaft angefertigt wurden. Gegen wärtig befindet sich die Herstellung von Panzerplatten - staatliche Fabriken ausgenommen — in Grofs britannien in der Hand von vier grofsen Gesellschaften, drei derselben befinden sich in Sheffield, die alt bekannten Fabriken von Camm eil & Co. (Gyclop Iron Works), von Brown & Co. (Atlas Iron Works) und John Vickers & Co., die vierte ist die am Clyde von Beardmore in Parkhead. Es sei selbst verständlich, dafs Werke solcher Art ein bedeutendes Anlage- und Betriebskapital erfordern, denn, soviel bekannt, sind für eine grofse Schmiedepresse zur Bearbeitung von Panzerplatten 100000 £ bezahlt worden. Gegenwärtig werden zwei grofse Schmiede pressen für englische Panzerplattenfirmen erbaut, die eine für Brown & Co. von 10000 t Druck an der Wiege der Schmiedepressen,* in der Fabrik von Whitworth & Co. in Manchester, die andere noch gröfsere, von 12 000 t Druck, baut sich die Fabrik von Beardmore in Parkhead selbst. „Engineer“ meint dann: „Unsere Leser werden sich erinnern, dafs die englischen Panzerplattenfirmen sich früher über die magere Unterstützung beklagten, die ihnen von der englischen Regierung mit Aufträgen gewährt wurde, aber glücklicherweise haben sich diese Zeiten gebessert. Unseren Fabriken zunächst kommt vielleicht das grofse Creuzotwerk, während glänzende Anlagen auch die Bethlehemwerke in den Vereinigten Staaten von Nord amerika besitzen. Wie wir jedoch gezeigt haben, nähert sich Grofsbritannien in den gleichen Einrich tungen seinen Rivalen.“ — Das Creuzotwerk verfügt über eine von Whitworth erbaute Presse von 10 000 t, die Bethlehemwerke be sitzen in ihrer 14000-t-Schmiedepresse und ihren 125-t-Hammer in der That die gröfsten Schmiede- Vorrichtungen der Welt.** In den Garnegiewerken wird mit einer Presse von 10 000 t geschmiedet. Die Dillinger Hüttenwerke werden demnächst eine hydrau lische Schmiedepresse von 10000 t zum Schmieden von Panzerplatten aufstellen.*** Die Firma Krupp verfügt nun zwar weder über eine so grofse Schmiede presse, noch einen solchen Riesenhammer, wie die Bethlehemwerke, fertigt aber dennoch Panzerplatten, die an Widerstandsfähigkeit alle bisher in England, Amerika oder sonstwo beschossenen Platten übertreffen, worüber wir nächstens ausführlich berichten werden. J. C. Ueber die Elektrometallurgie des Eisens sagt Dr. W. B o r c h e rs in dem soeben erschienenen Jahrbuch der Elektrochemie u. A. Folgendes: „Für die Gewinnung der verschiedenen Eisensorten können bei dem heutigen Stande der Technik direct nur die Vorschläge in Betracht kommen, bei denen es sich darum handelt, gröfsere oder geringere Eisen massen einigermafsen gleichmäfsigen Querschnittes schnell und hoch zu erhitzen. Der Schweifsofen und * „Stahl und Eisen“ 1894, S. 900. * „ 1893, „ 679. * , 1895, „ 47. andere Erhitzungsvorrichtungen für Walzwerks- und Schmiedearbeiten haben Aussicht auf Einführung elektrischer Erhitzung. Es ist also die elektrische Erhitzungstechnik, nicht die Elektrolyse, welche der Eisenindustrie direct und zwar zunächst dem der mechanischen Bearbeitung obliegenden Zweige, Nutzen schaffen kann. Vorrichtungen dieser Art sind, wie aus einem früheren Abschnitt dieses Buches hervor geht, in grofser Anzahl und Mannigfaltigkeit im Ent stehen begriffen, so dafs die nächsten Jahre die nöthigen Erfahrungen für den Vergleich dieser Erhitzungs methode gegenüber der alten sicher bringen werden. Bei derartigen Vergleichsrechnungen ist aber im eigensten Interesse der Erhitzungs-Elektrotechniker nur zu rathen, beide Methoden mit gleichem Mafse zu messen und nicht, wie dies in einem Artikel über „Elektrische Hitzung“ in Nr. 1 der „Zeitschrift für Elektrotechnik und Elektrochemie“ geschehen, für die alte Erhitzungsmethode Grundlagen zu benutzen, welche vor 20 Jahren gültig waren. Ein Hochofenwerk, das heute zur Erzeugung von 100 kg Roheisen noch 165 kg Koks gebraucht, würde seinen Besitzern wenig Freude machen. Ganz leer soll aber die Eisenindustrie nicht aus gehen. Wenn die Elektrochemie bei der Eisenerzeugung nicht mitwirken kann, so ist sie doch auf bestem Wege, jener grofsen Industrie Mittel zu verschaffen, welche die Eisenraffination ganz wesentlich zu er leichtern imstande sind. Es sei nur eins derselben als Beispiel hier angeführt: das Galciumcarbid, von welchem in neuerer Zeit so viel geschrieben wird. Nach dem Verblasen des Roheisens im Bessemer- und Thomasconverter dürfte es kaum ein kräftigeres Reductions- und gleichzeitig Rückkohlungsmittel* geben, als dieses oder die übrigen im elektrischen Schmelz ofen leicht zu erhaltenden Carbide.“ Elektrische Eisengewinnung. Die spanische Zeitschrift „Revista minera“ be richtet im Leitartikel ihrer Nummer vom 8. Juli über das Verfahren von de Laval zur elektrischen Eisen gewinnung und weist darauf hin, dafs der Erfinder desselben in Gemeinschaft mit seinem Landsmann Nobel, dem Erfinder des Dynamits, ausgedehnte Eisenerzfelder, bedeutende Wasserkräfte und die grofsen industriellen Anlagen von Bofors in Vermland er worben hat. Zur Durchführung seines Verfahrens braucht de Laval aufser Eisenerzen und Wasserkräften auch noch Torf und finden sich diese drei Factoren in reichstem Mafse in der Provinz Norbotten, denn diese besitzt die besten Erze, die stärksten Wasserfälle und den vorzüglichsten Torf. — Für eine einzige Lavalsche Anlage sind 35 000 HP erforderlich. Natürlich denkt der Erfinder nicht daran, sich auf das Erzschmelzen zu beschränken, er will vielmehr auch Eisenbahnschienen, Träger und Schiffsbleche erzeugen und all dies zu einem Preis, der nur den vierten Theil des gegenwärtig in England geforderten beträgt, ja für Schiffsbleche soll sich das Verhältnifs noth wesentlich günstiger gestalten. — Wie sagt Faust? — „Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!“ Aus amerikanischen Stahlwerken. Die „Ohio Steel Company“ zu Youngstown hatte vor einiger Zeit mit Dampfmangel zu kämpfen und da man nicht bis zur F ertigstellung einer neuen Kesselanlage warten wollte, so stellte man sechs Locomoliven * Vgl. den Bericht über die inzwischen praktisch ausgeführten Versuche. „Stahl und Eisen“ 1895, Nr. 12, Seite 574.