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724 Stahl und Eisen, üeber Darstellung, Eigenschaften und Kericendung von Nickelstahl. 1. August 1895. von Prof. Mansfield zwischen den hohlen Nickelstahlwellen der beiden Dampfer „Brooklyn“ und „Jowa“ und massiven Wellen aus gewöhn lichem weichen Flufseisen anstellte. Ohne auf die Einzelheiten der Berechnung einzugehen, wollen wir nur bemerken, dafs man beispielsweise, um gleiche Festigkeit zu erhalten, der vollen Flufseisenwelle mehr als den doppelten Querschnitt der hohlen Nickelstahlwelle geben müfste. Das Gewicht des laufenden Meters der vollen Welle wird alsdann 1188 kg betragen gegenüber 558 kg bei der Nickelstahlwelle. HohlgeschmiedeteFlufseisenwellen von394 mm äufserem Durchmesser erhalten ein 178 mm weites Loch ; hohlgeschmiedete Wellen aus Nickel stahl von gleichem Durchmesser können dagegen ein 298,5 mm weites Loch erhalten, der Sicherheit wegen nimmt man indessen als Durchmesser des Hohlraumes nur 247,6 mm. Die Schraubenweile der Dampfer „St. Paul“ und „St. Louis“ bestehen aus Nickelstahl; sie besitzen eine Festigkeit von 66,93 kg/qmm und zeigen 28 % Dehnung bei 50 % Contraction. Die Welle der „Jowa“ hat 70,87 kg Festigkeit a. d. qmm, während bei gewöhnlichem Flufseisen 52,76 kg/qmm die Grenze ist. — Mit Rücksicht auf die vorstehenden Zahlen sagte R. W. Davenport, der Vicepräsident der Bethlehem Iron Company: „Zur höchsten Entwicklung der modernen Schiffsmaschinen ist die Verminderung des Gewichts aller Theile von gröfster Wichtigkeit. Dies kann aber nur durch Verminderung der Querschnitts flächen erreicht werden. Andererseits können die äufseren Dimensionen gewöhnlich nicht ver ringert werden, ohne die erforderliche Steifigkeit zu opfern. Wir sind daher darauf angewiesen, das Material längs der neutralen Achse zu ent fernen oder, mit anderen Worten, hohle Schmied stücke zu verwenden. Es liegt auf der Hand, dafs der Erbauer von Schiffsmaschinen sowohl behufs fernerer Verringerung des Gewichts, als auch zur Erhöhung der absoluten Festigkeit der Theile ein Material braucht, das fester ist als das bisher verwendete, also ein Material, das eine höhere Elasticitätsgrenze aufweist, gleichzeitig aber so zäh ist, um plötzlich wirkendem Zug und Schlag Widerstand zu leisten. Gewöhnliches Flufseisen, durch Härten und Ausglühen fester und zäher gemacht, wird in Proben, die man aus der Mitte des Querschnitts herausschneidet, eine Elasticitätsgrenze von etwa 32,9 kg/qmm, eine Dehnung von etwa 23 % und eine Contraction von 50 bis 55 % zeigen. Eine weitere und sehr wesentliche Vergröfserung der Festigkeit und Zähigkeit läfst sich erreichen durch Verwendung von Nickelstahl, der in bekannter Weise gehärtet und ausgeglüht wird. Der Nickel zusatz gestattet eine Verminderung des Kohlen stoffs, macht den Stahl geeigneter zur Härtung und erleichtert das Härten von unregelmäfsig geformten Gegenständen. Proben von Schmied stücken aus gehärtetem und ausgeglühtem Nickel stahl zeigen übereinstimmend eine Elasticiläts- I grenze von 35,15 bis 38,66 kg/qmm, eine Dehnung von 23 % und darüber und eine Gon- | traction von 55 bis 60 % bei Proben von 50,8 mm Länge und 12,7 mm Durchmesser. In Fällen, wo infolge der Dicke des Quer schnitts oder unregelmäfsiger Gestalt das Härten I nicht rathsam ist, wird der Nickelstahl unter gleichen Bedingungen noch immer gröfsere | Elasticität und mehr Zähigkeit zeigen, als irgend ; ein anderes bekanntes Material.“ — Bezüglich der Anwendung des Nickelstahls । als Geschützmaterial macht Sperry gleich- ' falls recht beachtenswerthe Angaben. So wurde ' von der „Bethlehem Iron Company“ für die i amerikanische Kriegsmarine ein vollständiger Satz von Nickelstahl-Schmiedstücken für eine 8"-Kanone geliefert. Querproben lieferten im Durchschnitt folgende Ergebnisse: Festigkeit kg/qmm Elasticitäts grenze kg/qmm Dehnung °/o Contraction 0/o Rohr . . 65,52 40,98 21,2 42,0 Mantel , . 70,23 42,18 20,4 45,9 Ringe . . 76,70 47,94 20,5 46,9 Die Probestücke waren 50,8 mm lang und hatten 12,7 mm Durchmesser. Gegen gewöhn- ' liehen Kanonenstahl zeigt Nickelstahl eine um etwa 10 % gröfsere Festigkeit und eine um 22 bis 28 % höhere Elasticitätsgrenze, während Contraction und Dehnung nur um wenig geringer sind. Bei späteren Versuchen mit Gewehrläufen fand man, dafs zwei derselben gröfsere Dauer zeigten als die anderen. Einer davon bestand aus sehr kohlenstoffreichem Stahl, der andere aus Stahl mit etwa 41/2 % Nickelgehalt. Der letztere liefs sich ziemlich leicht bearbeiten, während der kohlenstoffreiche Stahl fast gar nicht zu bearbeiten war. Infolgedessen entschlofs sich das Kriegsmarine-Amt, Nickelstahl für Gewehr läufe anzunehmen, und auch der grofse Vorzug der amerikanischen G re e n e r - Gewehre wird der Anwendung von Nickelstahlläufen zugeschrieben, welche neben 0,2 % Kohlenstoff 2,75 % Nickel enthalten. Dr. W. L. Austin* stimmt dem Mitgetheilten I im allgemeinen zu, indem er sagt: „Man hat gefunden, dafs Nickelstahl mit einem geringen Nickelgehalt (3 bis 4%) grofse Festigkeit und eine entsprechende Elasticitätsgrenze besitzt. Der in einer Legirung vorhandene Nickelgehalt hat aber einen so wesentlichen Einflufs auf deren physikalische Beschaffenheit, dafs man die Vor- * Dr. W. L. Austin: Present Status of the Nickel Industry. („Engineering Magazine“. Novemberbeft 1894, S. 224).