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Bei dem Abbau der Minette werden drei Lager unterschieden, und zwar das rothe, das graue und das kieseiige, je nach dem vorwiegenden Gehalt an Kalkerde und Kieselsäure. Die rothe Minette steht ihrer chemischen Zusammensetzung nach zwischen beiden, ist durchschnittlich die reichste an Eisen und enthält beim Verschmelzen noch immer einen Ueberschufs an Kalk. Die graue ist wegen ihres bedeutenderen Kalküber schusses die beliebteste und wird augenblicklich am stärksten abgebaut, wohingegen die kieseiige in Luxemburg und Lothringen nur insoweit Ver wendung findet, als sie zur Sättigung des Kalk überschusses gebraucht wird. Im allgemeinen ist es Regel, dafs die Minette im Hochofen ohne Kalksteinzuschlag verarbeitet wird ; nur die Werke an der Mosel, die durchschnittlich kieseligere Minette bis zu 30 bis 32 % Ausbringen haben, schlagen bis zu 15 % und mehr Kalkstein zu, obwohl es auch hier wiederum Anlagen giebt, die nahezu selbstgehende Erze verhütten. Im Westen von Luxemburg nimmt die Minette an Reichthum und Eisengehalt ab; die Hochofen anlagen nach dem Becken von Longwy haben nur mehr ein Eisenausbringen von schwach 30 % und haben einen Kalkzuschlag von 5 bis 6 % nöthig, wohingegen die Bezirke von Esch und Rümelingen zu den besten zählen und nur von dem Vorkommen im Osne- und Fentschthal über troffen werden. Infolge des bedeutenden Phosphorgehalts der Minette — durchschnittlich bis zu 0,75 bis 0,8 % — wurden die Erze in den früheren Jahren zu den minderwerthigen gerechnet. Das daraus dargestellte Roheisen war zum Theil kaltbrüchig, eignete sich aber wegen seiner vorzüglichen Schweifsbarkeit zur Darstellung von grofsen Form eisen, und man kann wohl sagen, dafs diese Eisensorten im Saar- und Moselgebiet, trotz der schlechteren chemischen Zusammensetzung, den besseren Qualitäten in Westfalen mehr als eben bürtig dargestellt wurden. Das Minetteroheisen hat sich infolge seiner relativen Billigkeit schon seit Anfang der 60er Jahre in Westfalen Eingang verschafft und ist nach und nach ein sehr beliebtes Zusatzroheisen im Puddel- ofenbetrieb geworden. Dieser Absatz hat sich dann auch erhalten, nur ist er in den letzten Jahren mit der Ausbreitung des Thomasprocesses be deutend geringer geworden, wohingegen wiederum die ausgeführten Mengen an Thomasroheisen und sogenanntem oM-Roheisen, d. h. solchem ohne Zusatz von manganhaltigen Zuschlägen, bedeutend zugenommen haben. Im Saargebiet selbst dürften augenblicklich nur noch etwa 50 bis 55 Puddelöfen zur Dar stellung von Stab- und Bandeisen im Betrieb sein; zur Herstellung von Trägern in Schmiedeisen qualität werden jetzt schon Ueberpreise verlangt; doch finden wir auch heute noch Puddelöfen in Moyeuvre, Hayingen, Ars an der Mosel, in der Gegend von Nancy, Ghampigneulles und Pompey; ebenso sind auch einige Martinöfen angelegt worden. Merkwürdig bleibt es immerhin, dafs der in jeder Beziehung viel vortheilhaftere Thomasbetrieb 10 Jahre brauchte, um den Puddelbetrieb zu ver drängen; es dürfte dies, wie schon erwähnt, hauptsächlich darauf zurückzuführen sein, dafs die Qualität des Minetteroheisens bei dem Betrieb auf kaltes Roheisen sich eben vorzüglich für die Production der oben genannten Formeisen eignete. Von den Werken an der Saar führte Neun kirchen schon im Jahre 1881 das Thomasver fahren ein; es folgten das Völklinger Eisenwerk und die Burbacher Hütte erst im Jahre 1890, dann aber auch gleich so vollständig, dafs schon nach Verlauf von einem Jahre der Puddelbetrieb auf den beiden letzteren Hütten fast vollständig zum Erliegen kam. Das Eisenwerk Krämer in St. Ingbert hat erst im letzten Jahre sein Stahl werk in Betrieb gesetzt, und ebenso sollen die Dillinger Hüttenwerke zu ihren Martinöfen noch ein Thomasstahlwerk anzulegen beabsichtigen, wohingegen die Brebacher Hütte fortwährend sehr starke Nachfrage nach Röhren zu Wasserleitungen — zum grofsen Theil unmittelbar aus dem Hoch ofen gegossen — hat und sich dementsprechend ausdehnt. In Lothringen setzte die Firma de Wendel ihr Stahlwerk im Jahre 1882 in Betrieb; die neu erbaute Düdelinger Anlage im Luxem burgischen folgte im Jahre 1885. Infolge der Annexion wurden in den fran zösischen Ostbezirken mehrere neue Hochofen anlagen errichtet und ganz besonders im Becken von Longwy grofsartige Anlagen ins Leben ge rufen, die ihren Absatz nach dem Norden Frank reichs und der Haute-Marne fanden. Aber auch die Moselbezirke in der Umgegend von Nancy blieben nicht zurück und haben eine Industrie geschaffen, welche den Neubauten in Luxemburg und Lothringen nicht viel nachsteht. Wieder andere Werke, wie Ars und Novant, haben ihren Hochofenbetrieb infolge ihrer verhältnifsmäfsig schlechten Erzverhältnisse, der bedeutenden Con- currenz und ungünstigen Lage nach der Annexion einstellen müssen. Wie schon erwähnt, wird der Puddelofenbetrieb in den französischen Grenz bezirken noch häufig angetroffen, ebenso auch einige Martinöfen. In der Neuzeit folgen auch hier schon die Thomaswerke von Dupont & Fould in Pompey, Ferry Gurrique & Co. in Michville, nachdem die bedeutenden Stahlwerke von Mont St. Martin und Joeuf schon seit ungefähr 10 Jahren den Betrieb aufgenommen haben. Von neueren deutschen Anlagen sind aufser der de Wendelschen die Hochofenanlagen von Maizires, Rombach, Ueckingen und Redingen zu nennen, die zum Theil auf die Anlage eines Stahlwerkes von vornherein Rücksicht nahmen. Im Luxemburgischen ist, aufser den schon an-