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positiven Pole etwa doppelt so viel Wärme ausge schieden wird, als am negativen, hat man es durch Umkehrung der Stromrichtung in der Hand, nach Belieben das eine oder andere Metallstück stärker zu erwärmen. Beim Einschmelzen von Gufseisen hat die Umkehrung der Pole auch noch einen Einflufs auf die chemische Zusammensetzung; das abgeschmolzene Metall kann man hierdurch je nach Wahl als hartes, weifses oder als weiches graues Gufseisen zur An wendung bringen. Die hauptsächlichsten praktischen Vorkehrungen, auf welche der Vortragende hinwies, betrafen die mechanische Vorbereitung des Arbeits gegenstandes, die Anfertigung der Gufsform, das An wärmen vor dem Giefsen und endlich das Giefsen selbst. Ein guter Gufs ist abhängig von einer dauernd metallischen Oberfläche des flüssigen Metalles, da eine Oxydschicht eine Trennungsfuge zwischen altem und frischem Metall bilden, eine tadellose Verbindung also hindern würde. Diese metallische Oberfläche wird durch Aufstreuen pulverisirten Glases auf das Metallbad erzielt, das dieses mit einer dünnen Haut gegen die Luft abschliefst. Natürlich ist das Niederschmelzen von Metall nach Slavianoff theurer als unter gewöhnlichen Um ständen; in zahllosen Fällen spielen aber diese Kosten überhaupt keine Rolle, entweder, weil das zu re- parirende Stück einen sehr hohen Eigenwerth hat und auf anderem Wege überhaupt nicht zuverlässig ausgebessert werden kann, oder weil die Beschaffung eines Ersatzstückes aus örtlichen Gründen trotz gröfster Dringlichkeit unmöglich ist. In letzterer Hinsicht ist das lehrreichste Beispiel ein Schiff auf hoher See. Elektrischer Strom steht dort zur Verfügung; was der kostet, ist ganz gleichgültig gegenüber der Möglichkeit einer Maschinenreparatur auf hoher See, die das Schiff davor bewahrt, steuerlos den Wellen preis gegeben zu sein. Selbst kleine Gufsstücke können hier neu hergestellt werden, nachdem zuvor eine ent sprechende Metallmenge in einen Tiegel niederge schmolzen ist. Werthvolle Stücke, die sonst verworfen werden müfsten, hat die Staats-Eisenbahnverwaltung bereits in Fürstenwalde ausbessern lassen, so gerissene Treib räder der gröfsten Abmessungen und Dampfeylinder, auch Triebstangen für Locomotiven. An solchen Stücken ist nach der Bearbeitung gar nicht zu sehen, wo die Fehlstelle war. Die an den interessanten Vortrag anschliefsende Besprechung liefs über die hohe praktische Bedeutung des elektrischen Giefsverfahrens und die Vollkommen heit der Ausbildung desselben in der Pintschschen Filiale in Fürstenwalde keinen Zweifel. — In derselben Sitzung wurde dem verstorbenen Geheimen Commerzienrath Oskar Henschel ein warm empfundener Nachruf gewidmet. Henschel übernahm die von seinem Grofsvater, einem vormaligen Kurhessischen Oberbergrath, in Cassel 1817 gegründete Maschinenfabrik, die 1845 an seinen Vater übergegangen war, im Jahre 1860 mit einem Arbeiterstande von 350 Köpfen. Der schon 1845 aufgenommene, aber nicht sonderlich geförderte Locomolivbau wurde unter dem Verstorbenen der Hauptzweig des Unternehmens. Im Locomotivbau begründete 0. Henschel den Weltruf, den sein Eta blissement jetzt geniefst. Nachdem die ersten 1000 Locomotiven in einem 34jährigen Zeitraum fertig gestellt waren (1845 bis 1879), folgten das zweite und dritte Tausend in der erstaunlich kurzen Zeit von 6 und 5 Jahren, also bis 1890; während jetzt die Zahl 4000 schon weit überschritten ist. Damit ist Borsig, der Nestor der Locomotivfabricanten Deutschlands, der schon 1858 seine 1000. Locomotive ablieferte, erreicht; das Henschelsche Werk ist zur ersten Loco- motivbauanstalt im festländischen Europa geworden, sowohl hinsichtlich der jährlichen Leistungsfähigkeit, als nach der Zahl der insgesammt gelieferten Loco motiven. Auch durch die Güte seiner Leistungen hat Henschel den Ruf seiner Fabrik und der deutschen Industrie weit über Deutschlands Grenzen hinaus getragen. Das Wohl seiner Arbeiter, deren Zahl auf 2000 angewachsen ist, hat der Verstorbene stets planmäfsig gefördert; nach seinem Ableben wurden gemäfs seinen Wünschen 200 000 • den Unterstützungskassen der activen Arbeiter, Invaliden und Wittwen zugewiesen. Jeder der Genannten erhielt aufserdem eine ansehn liche Extravergütung. An diesen Nachruf knüpfte der Vorsitzende, Herr Civilingenieur Veitmeyer, noch den Hinweis, wie der Grofsvater des Verstorbenen mit seinen Beziehungen bis in die graueste Vorzeit des Maschinenbaues in Deutschland zurückreiche. In der Henschelschen Fabrik wird noch heute als Wahrzeichen dieser uralten Anknüpfungspunkte ein Dampfeylinder auf bewahrt, der vor beinahe 200 Jahren dem Papin zur Gonstruction seiner ersten Dampfmaschine gedient hat. Der alte Henschel war den Maschinenbauern seiner Zeit ein leuchtendes Vorbild in Theorie und Praxis, in der Werkstatt und am Constructionstisch, in Wort und Schrift. Sein Name lebt mit seinen Musterconstructionen — Kesseln, Turbinen und son stigen Einrichtungen — fort, wenngleich diese selbst zum Theil längst überholt sind und ihre praktische Bedeutung für die Neuzeit verloren haben. — Wichtige Mittheilungen aus dem Vorstande leiteten sodann die weiteren Verhandlungen ein. Dieselben betrafen zunächst die Frage der Einführung eines neuen Normal-Schraubengewindes, das in allen Zweigen der Mechanik Anwendung finden soll, und für welches der Verein deutscher Ingenieure nach langjährigen eingehenden Erhebungen eine metrische Grundlage vorschlägt. Bekanntlich wird zur Zeit in Deutschland ausschliefslich Witworthsches Gewinde verwendet, das auf englische Mafse sich gründet. Es folgten sodann noch Erörterungen über die vom Architekten- und Ingenieur-Verein zu Hannover bearbeitete Petiton an den Minister der öffentlichen Arbeiten um anderweitige Regelung des Titels und Ranges der höheren Baubeamten der Staatseisenbahn- Verwaltung und der allgemeinen Bauverwaltung. Verein der Montan-, Eisen- und Ma schinenindustriellen Oesterreichs. Am 19. December 1894 fand in Wien die XX. ordentliche Generalversammlung unter Vorsitz des Vicepräsidenten Generaldirectors G. Aug.Ritter v. Frey statt. Dem Bericht des Vereins - Ausschusses über das Geschäftsjahr 1894 entnehmen wir folgende An gaben: .Unser Verein war ein Kind der Bedrängnifs, der Noth; die Umstände, welche eine Anzahl patriotischer Männer zur Gründung dieses Vereins zwang, lagen in jenem gewaltigen Rückschlag, welcher in Production und Gonsum im Jahre 1873 eintrat. Diese Männer erkannten, dafs der Einzelne gegenüber der fast trost los erscheinenden Calamität machtlos sei und dafs nur in der Vereinigung der Kräfte das Mittel gelegen sei, die drohende Gefahr des Ruines der von uns vertretenen Industriezweige zu beschwören und theils durch directe geeignete Mafsnahmen, theils durch zielbewufste Einwirkung auf die im Staate mafs- gebenden Factoren das Unheil zum Stehen zu bringen und allmählich eine bessere Zukunft vorzubereiten. Die ersten Bemühungen des am 6. November 1874 begründeten Vereins richteten sich naturgemäfs dahin, die noch vorhandenen Ueberreste von Nachfrage und Aufträgen für die inländischen Werke zu erhalten.