Volltext Seite (XML)
Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Eisenhütte Oberschlesien. (Ordentliche Hauptversammlung in Königshütte am 16. December 1894. Tagesordnung: 1. Aenderung des § 4 der Satzungen. Es wird vor geschlagen, dals der Vorstand von jetzt ab aus 9 Mitgliedern besteht. 2. Ablegung der Jahresrechnung. 3. Aufstellung des Voranschlags. 4. Vorstandswahl. 5. „Beobachtungen bei der Verwendung von Stahl und Eisen.“ Vortrag des Hrn. Director Lechner, Laurahütte. 6. „Die neueren Bestrebungen zur Herstellung hoch gekohlten Flufseisens.“ Vortrag des Hrn. Geheim- rath Professor Dr. Wedding, Berlin. 7. „Tiegelgufsstahl und dessen Fabrication." Vortrag des Hrn. Ingenieur Peipers, Bismarckhütte. In dem prächtigen und geräumigen Saale des neuerbauten Parkhötels in Königshütte hatten sich gegen 180 Mitglieder und Gäste zu den Verhandlungen eingefunden, welche Punkt 2 Uhr durch den Vor sitzenden, Generaldirector Mei er-Friedenshütte, mit folgender Ansprache eröffnet wurden: „Ich heil'se Sie, meine Herren Mitglieder und Herren Gäste, die Sie uns mit Ihrem Besuche beehren, herzlich willkommen, und freue mich, dafs die Ver sammlung, ebenso, wie die vorige, wieder so zahlreich besucht ist. Vor Eintritt in die Tagesordnung sind noch ein paar geschäftliche Mittheilungen zu machen. Die Mitgliederzahl betrug bei der letzten Versammlung 157, dazu Zugang 17, macht 174; dagegen sind 3 Mit glieder von hier vei zogen, so dafs 171 bleiben. Dann berichte ich, dafs sich einige Commissionen gebildet haben, und zwar zunächst eine Commission, welche in Bücksicht auf eine vom Hauptverein angeregte Idee hier berufen wurde. Es sollen in der Sitzung vom 13. Januar in Düsseldorf nämlich Vorträge über die Entwicklung der Hochofenindustrie in den letzten 10 Jahren gehalten werden. Hier in Oberschlesien sind in die Commission gewählt worden die HH.: Grau- Falvahütte, Satti er-Königshütte, Wintzek-Hubertus- hütte und Bo eck er-Friedenshütte. Letzthin hat eine Zusammenkunft in Düsseldorf stattgefunden, welcher Hr. Boecker beigewohnt hat; derselbe wird auch auf der Versammlung am 13. einen Vortrag über die dies bezüglichen hiesigen Verhältnisse halten. Auf Anregung der Bismarckhütte hat sich eine Chemiker-Commission gebildet. Die Bismarckhütte hatte nämlich vorher 3 Proben ganz fein zertheilter und innig gemischter Stahlspähne sechs verschiedenen, zum gröfsten Theil als Autoritäten anerkannten Chemikern zur genauen Kohlenstoffbestimmung übersandt und sehr stark voneinander abweichende Resultate erhalten. In den ersten Proben schwankten die Resultate von 0,60 bis 0,73%, in den zweiten von 0,64 bis 0,71% und in den dritten von 0,70 bis 0,84 %. Die der Chemiker-Commission zur Untersuchung auf Kohlenstoff und Mangan in sorgfältig verschlossenen Beuteln übermittelten Stahlspähne waren aus Bismarck- hütter Tiegelstahl. Die Chef-Chemiker der chemischen Laboratorien zu Borsigwerk, Friedenshütte, Bismarck hütte und Witkowitz fänden bei Anwendung der Särnströmschen Verbrennungsmethode 0,616, 0,627, 0,61 und 0,63 % Kohlenstoff, also sehr gut überein stimmende Resultate, während nach der Kupfer ammoniumchlorid-Methode in einem Falle 0,65 % Kohlenstoff ermittelt wurde. Die Manganbestimmung, welche theils gewichts-, theils mafsanalytisch gemacht worden war, ergab fol gende Resultate: 0,55, 0,51, 0,58 und 0,50 % Mangan. Ferner hat sich noch eine Commission constituirt, bestehend aus dem Vorstand und den HH. Commerzien- rath Caro, Hochgesand und Kollmann, für Marktberichte. Wegen Aufnahme dieser Marktberichte in Tageszeitungen stehen wir noch in Unterhandlungen. Schliefslich habe ich im Auftrage Ihres Vorstandes noch einen Vorschlag zu machen. Am 1. April des nächsten Jahres feiert Fürst Bismarck seinen 80. Geburtstag, der Vorstand möchte Vorschlägen, dafs wir an den Hauptverein herantreten, um dem Fürsten Bismarck bei dieser Gelegenheit seitens des Vereins deutscher Eisenhültenleute eine Ovation zu bereiten. Wir ersuchen um Ihre Genehmigung. (Allgemeines Bravo!) Der Vorschlag ist einstimmig angenommen. Zu den Punkten 1 und 4 der Tagesordnung: Aenderung des § 4 des Statuts schlagen wir vor, dafs der Vorstand nicht aus 7, sondern aus 9 Mit gliedern besteht. Dieser Vorschlag ist dadurch be gründet, dafs die Betheiligung am Verein eine viel gröfsere geworden ist, als wir ursprünglich gedacht haben. Der Einfachheit halber bittet der bisherige Vorstand in seiner Bescheidenheit um Wiederwahl, und ersucht, die HH. Commerzienrath Caro und Generaldirector Holz von Witkowitz zuzuwählen. Wir werden Ihnen zur Abstimmung Stimmzettel über geben lassen, welche diese Vorschläge enthalten; selbstverständlich sollen Sie dadurch nicht beeinflufst werden, es steht Ihnen frei, durchzustreichen, was Sie wollen; wir haben Ihnen die Sache nur erleichtern wollen.“ (Die später erfolgte Einsammlung der Stimm zettel ergab einstimmige Annahme der Vorschläge, so dafs der Vorstand für 1895 besteht aus den Herren: E. Mei er-Friedenshütte, A. Bo rsig-Borsigwerk, Bremme-Gleiwitz, Caro-Gleiwitz, Holtz-Witkowitz, J üngst-Gleiwitz, Ladewig-Königshütte, Marx- Bismarckhütte, Niedt- Kaltowitz.) Zu Punkt 2, Ablegung der Jahresrechnung, berichtet Hr. Marx seitens der Revisions-Commission, dankt dem Kassenführer für die musterhafte Kassen führung und beantragt die Entlastung, welche ertheilt wird. Die Versammlung beschliefst auf Antrag des Vorsitzenden, dafs die nächstjährige Kassenrevision wiederum durch zwei Vorstandsmitglieder erfolgen soll. Zu Punkt 3. Generaldirector Meier ersucht, da ohne wirkliche Erfahrung ein zutreffender Vor anschlag nicht zu machen sei, von einem eigent lichen Voranschlag abzusehen, und nur zu bestimmen, dafs der Beitrag im nächsten Jahre wieder auf drei Mark festgesetzt werde, und erst später, wenn ein ge wissen Beharrungszustand eingetreten sei, einen Vor anschlag zu machen. Da sich kein Widerspruch er hebt, so werden die Vorschläge des Vorstandes als angenommen erklärt. Dann folgten die Vorträge: Director Lechner über Beobachtungen bei der Verwendung von Stahl und Eisen und Geh. Bergrath Dr. Wedding über die neueren Bestrebungen zur Herstel lung hochgekohlten Flufseisens; Die Vorträge und die lebhaften Besprechungen nahmen die für die Verhandlungen angesetzte Zeit vollauf in Anspruch, so dafs der dritte Vortrag über Tiegelgufsstahlfabrication für die nächste Sitzung hinausgeschoben werden mufste. Wir behalten uns vor, auf die beiden erstgenannten Vorträge und die Besprechungen später zurückkommen.