192 Stahl und Eisen. Die Drehbrücken über den Nord- Ostsee - Kanal. 15. Februar 1895. überspannt, und 40 m auf den kürzeren Arm kommen. Die drehbaren Theile der Brücken ruhen im geschlossenen Zustande auf den Drehpfeilern und mit dem Ende des langen Armes auf einen Auf lagerpfeiler auf, während der kurze Arm unter den vorletzten Verticalen der Brückenträger durch einen kleinen Stützpfeiler unterstützt ist, so dafs das letzte Feld desselben den Raum zwischen dem letzten Pfeiler und dein eigentlichen Land pfeiler freitragend überbrückt. Aus den beiden Figuren der Tafel IV ist die Anordnung und Auflagerung der Brücken ersichtlich. Letztere : ist bei allen Brücken gleich; ebenso sind die j hydraulischen Bewegungsvorrichtungen bei allen | Brücken in gleicher Weise ausgeführt, so dafs i die Beschreibung derselben bei einer Brücke ein anschauliches Bild für alle Brücken giebt. Vor Einleitung der Drehbewegung wird die Brücke vermittelst einer auf dem Drehpfeiler A (siehe Figur 1, Tafel IV) gelagerten hydraulischen Hebepresse von den Mittel- und Endauflagern abgehoben und kippt dabei infolge eines auf dem kurzen Arm angebrachten Gegengewichts um den auf dem Plunger der Hebepresse gelagerten Kipp zapfen so weit, bis sie mit den am Ende des kurzen Armes angebrachten zwei Laufrollen auf eine um den Drehpfeiler kreisförmig gelagerte Laufschiene aufstützt. Die Brücke ruht dann also auf 3 Unterstützungen: den beiden Lauf rollen und dem auf Druckwasser stehenden Hebe plunger. Das vom Hebeplunger angehobene Ge wicht beträgt bei den verschiedenen Brücken zwischen 500 bis 600 t. Die Plunger haben 1 demgemäfs 1150 mm bis 1250 mm Plunger durchmesser und stehen beim Anheben unter einem Wasserdruck von 45 bis 50 Atm. Die Drehung der Brücke geschieht durch zwei auf der Brücke gelagerte hydraulische Flaschenzüge, deren Treib plunger ebenfalls durch etwa 50 Atm. Wasser druck bewegt werden und welche die zur Drehung der Brücke erforderliche Kraft durch je 2 Stahl drahtseile von 80 mm Durchmesser und von zu sammen etwa 300000kg Bruchfestigkeit über- j tragen. Die Drahtseile sind im Drehpfeiler ver ankert und am Umfang desselben über die auf dem Drehpfeiler verankerten Seilkranzsegmente und den an der Brücke befindlichen Führungs rollen über die Rollen der vorerwähnten hydrau- | lischen Flaschenzüge geführt. Zwei der Draht seile bezw. der eine hydraulische Flaschenzug dient zum Ausschwenken, der andere zum Ein schwenken der Brücke. Bei der Drehung der Brücken schwebt der lange Arm frei, während i der kurze Arm mit den Laufrollen auf der Lauf schiene rollt. Kurz vor Erreichung der Endlagen durch die Brücke fährt dieselbe mit dem Ende des langen Armes gegen hydraulische Buffer, welche die in voller Bewegung befindliche Brücke innerhalb eines Weges von etwa 1 m ohne Stofswirkung in Ruhelage bringen können. Die Bewegungsvor richtungen werden von einem auf der Brücke be findlichen Steuerhäuschen gehandhabt, in welchem die einzelnen Steuerungen hierfür aufgestellt sind. Die Zuführung bezw. die Ableitung des Be triebswassers zu den Steuerungen geschieht durch ein centrisch über dem Hebeplunger angebrach tes doppeltes Stopfbüchsrohr. Die Steuerungen der Brücke und die Signal- und Weichen-Stell- Werksanlage der Eisenbahn sind in Abhängigkeit zu einander gebracht und verriegeln einander gegenseitig. Für die Schiffahrt sind auf der Brücke Tages- und Nachtsignale aufgestellt. Die Eisenbahnbrücken werden kurz vor und während der kurzen Ueberfahrt eines Zuges ge schlossen. Die übrige Zeit bleiben sie geöffnet, so dafs sie für die Schiffahrt nicht hinderlich sind. Die Strafsenbrücke bleibt dagegen im all gemeinen geschlossen, wird jedoch, sobald ein Schiff in Sicht kommt, ohne Verzug geöffnet, so dafs eine Behinderung der Schiffahrt so gut wie ausgeschlossen ist. Die Ausführung der Brücken, die eisernen Ueberbauten, die Bewegungsvorrichtungen und die Pumpenstationen nebst Rohrleitungen wurden, wie schon angeführt, von der Kaiserlichen Kanal- Commission der Firma Handel & Lueg in Düssel dorf-Grafenberg übertragen, welche ihrerseits die Actien-Gesellschaft Harkort in Duisburg mit der Ausführung der flufseisernen Brückenträger betraute. Die Brücken arbeiteten vom ersten Betriebstage an in vorzüglicher Weise, wie dies auch bei der Anfang November letzten Jahres stattgehabten Abnahme der Brücken bei Rendsburg festgestellt wurde. Zum Vergleich des Nord-Ostsee-Kanals mit anderen dem Seeverkehr dienenden Kanälen sind die Querprofile des projectirlen Panamakanals (Abbild. 2), des Suezkanals (Abbild. 3), des Manchesterkanals (Abbild. 4 und 5) und des Nord- Ostsee-Kanals (Abbild. 6) angefügt. Es ergiebt sich daraus, dafs der Nord-Ostsee-Kanal mindestens die Leistungsfähigkeit der vorgenannten Kanäle erreicht und in Hinsicht auf den zulässigen Tief gang der Schiffe dieselben weit übertrifft. Das Profil des Nord-Ostsee-Kanals ist dem des Suez kanals ähnlich, jedoch ersteres der Form des Schiffsrumpfes besser angepafst. Die Breite des Kanals an der Sohle beträgt 22 m, in der Wasseroberfläche etwa 67 m, an den engeren Stellen in den Einschnitten im übrigen bis 77 m. Ferner sind 6 wesentlich breitere Ausweiche stellen auf der etwa 88 km betragenden Ge- sammtlänge des Kanals vorhanden. B. Gerdau.