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15. Februar 1895. Tetmajers neuestes Gutachten über Thomas-Stahlschienen. Stahl und Eisen. 181 aus allen Puddelschlacken flofs. Als diese auf gebraucht waren, war der Procefs als solcher verunmöglicht. Der Anführung, dafs in Oester reich das Thomasflufseisen für den Brückenbau auf Staatsbahnen verboten wurde, steht die be hördlich genehmigte Anwendung desselben Me talles für den Brückenschlag auf englischen, fran zösischen, italienischen, deutschen und schweize rischen Bahnen gegenüber.“ Die Schweiz ist mit der Verwendung von Thomasmaterial für Brücken frühzeitig voran gegangen ; in Deutschland sind die letzten Schranken gegen das lange bekämpfte Thomaseisen erst ge fallen, nachdem der Eisenbahnminister durch Erlafs vom 3. Februar 1894 dasselbe auch auf den Reichseisenbahnen zugelassen habe. LEs folgt dann eine interessante Zusammen stellung der von Gilchrist über die Erzeugung von Thomasmaterial geführten Jahresstatistiken von 1878 bis 1893* einschl., hierdurch ein an schauliches Bild von der Entwicklung der basi schen Flufseisen- und Stahlfabricationsmethoden gebend. Wir wollen nur hervorheben, dafs von der im gedachten Zeitraum insgesammt erzeugten basischen Flufseisenmenge, nämlich 23 Millionen Tonnen, nicht weniger als rd. 13,8 Millionen Tonnen auf Deutschland einschl. Luxemburg fallen. «Die wesentlich gröfsere Production an saurem Schienenstahl hängt nur theilweise mit deren Qualilätsfrage zusammen; sie ist der natürliche Ausflufs des Umstandes, dafs die Erzlagerstätten der meisten eisenproducirenden Staaten ein brauch bares Bessemerroheisen und nur ausnahmsweise und local ein regelrecht zusammengesetztes Thomas roheisen liefern. Für die Wahl und Art der Benutzung der Hülfsmittel, mit welchen der Thomasprocefs bekämpft wird, ist es kennzeichnend, dafs dieser die überwiegende Production an sauren Stahlschienen im Gontinent und Amerika mit benutzt, um die Inferiorität der basischen Con- verterstahlschienen zu beweisen. Thatsache bleibt, dafs der Thomasprocefs bei den bisherigen Rück kohlungsmethoden ein überraschend zähes Material liefert, welches namentlich in den niedrigen Kohlungsgraden wesentlich zur Verdrängung des Puddeleisens führte. Auch den härteren Sorten ist ein hoher Grad von Zuverlässigkeit und Zähig keit eigen, wie das aus den Proben und dem Verhalten der Schienen im Betriebe unbestritten hervorgeht. Mit der Entdeckung und Ausbildung des Darbyschen Rückkohlungsverfahrens ist ein weiteres Glied in die Kette der Thomasproducte eingefügt worden.“ Der Verfasser bespricht dann eine Reihe von Versuchen mit Stahl, welcher mit directer Rück kohlung hergestellt war, und kommt dabei zu den Ergebnissen, dafs * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1894, Seite 240 und frühere Jahre. 1. der Thomas - Darby ■ Procefs die Massen erzeugung eines Flufsstahls in jedem ge wünschten Härtegrade gestattet; 2. der Procefs eine technische Vollendung er reicht hat, die bezüglich Gleichmäfsigkeit des Kohlungsgrades von Charge zu Charge, sowie von Block zu Block viel mehr leistet, als man bisher zu fordern und zu erhalten gewohnt war, gleichviel ob das Material dem sauren Converter oder dem Flammofen entstammte; 3. durch den Wegfall von Spiegeleisen und gröfseren, zur Rückkohlung verwendeten Mengen Ferromangan ist die Möglichkeit des Hinübergleitens ungelöster Spiegeleisen- oder Ferromanganstücke ausgeschlossen; 4. die Erwartung, dafs die beim Rückkohlen nach Darbys Verfahren auftretende vehemente Gasentwicklung zu gesteigerter Gasabsorption und damit zur erhöhten Blasenbildung, im Stahl Anlafs geben würde, hat sich nicht bewahrheitet. Im Gegentheil haben die Düde- linger Versuche gezeigt, dafs die physikalische Beschaffenheit und die Saigerungsverhältnisse der Blöcke von Thomas-Darby-Ghargen von anderen uns näher bekannten Stahlerzeugungs methoden nicht verschieden sind! Wieweit die Behauptung, dafs Bessemer-Stahl schienen ihre angebliche Vorzüglichkeit der Reinheit und Vorzüglichkeit des verwendeten Roheisens verdanken, zutrifft, beleuchtet der Verfasser sodann an einem Beispiele, in welchem zur Erzeugung der Bessemer-Stahlschienen ausschliefslich Holz- kohlen-Roheisen Verwendung gefunden hatte, und die neben recht schlechten Zerreifsproben-Resul- taten, also mangelhafter Festigkeit, sehr mangel hafter Gontraction und Dehnung, auch aufser- ordentlich mangelhafte Betriebsergebnisse in Bezug auf Abnutzungsverhältnisse geliefert hatten. Auf den ferger dem Thomasprocefs gemachten Vorwurf, dafs in der Möglichkeit des Auftretens mangelhafter Entphosphorung ein „radicaler und organischer Fehler“ erblickt wird, erwidert Tet- majer zutreffend, dafs derselbe Vorwurf auch den Puddel- und den basischen Flammofenprocefs trifft, die örtlich berufen waren, es in ausgedehntem Mafse auch heute noch sind, aus phosphor haltigem Roheisen ein entsprechend phosphor reines schmiedbares Eisen zu liefern. Indessen sei es bisher Niemandem eingefallen, den Procefs der Entphosphorung im Puddel- oder Martinofen durch die Möglichkeit mangelhafter Verschlackung des Phosphors als organisch und radical fehler haft zu bezeichnen. Dafs es endlich geglückt sei, den Phosphor des Roheisens mit Sicherheit bis auf gänzlich unschädliche Menge abzuscheiden, sei eine der gröfsten Errungenschaften der Metal lurgie des Eisens der neuesten Zeit. „Die Erfahrung, diese grofse Lehrmeisterin der Technik, bestätigt, dafs man heute in der