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zösischen Platten wird, wie „Genie Givil“ hervor hebt, geheim gehalten. Es läfst sich daher auch nicht beurtheilen, ob die französischen Fabriken das Harveysche Verfahren, wie es in „Stahl und Eisen“ 1892, S. 213 beschrieben ist, angewendet haben. Harvey hält die Verbesserung desselben für nothwendig. Er hat bisher die zu kohlende Platte mit einer Schicht Holzkohlenstaub bedeckt, die er mit grobem Sand und feuerfesten Steinen belastete. Damit sind nicht unbedenkliche Nach theile verbunden. Das leichte Verstauben der Holzkohle ruft Explosionsgefahr hervor; aufserdem stellt sich ein Aufbrausen, eine Art Aufkochen ein, welches die ganze Masse in sich zersetzt und zerstört, dadurch wird die Kohle gemischt, der Druck auf dieselbe abgeschwächt und ihr Einflufs auf den Stahl beeinträchtigt oder gar aufgehoben. Zur Beseitigung dieser Uebelstände hat Harvey Knochenkohle, die Fillerrückstände aus Zuckerraffinerieen, dem Holzkohlenpulver bei gemengt. 10 bis 15 % dieser Kohle vermindern das Verstauben schon merklich, 40 bis 50 % heben es fast ganz auf. S . Grambow in Rixdorf bei Berlin hat Patente (D. R.-P. Nr. 72 547 und 74 242*) auf ein Verfahren zur Kohlung der Stirnseiten von Panzerplatten erhalten, deren ersteres darauf be ruht, dafs in den Zwischenraum zwischen zwei übereinander gelegte Panzerplatten, deren Stirn seiten einander zugekehrt sind, nachdem der Zwischenraum an den Seiten vermauert, die Platten in den Ofen gefahren und hier auf Glüh hitze gebracht sind, Kohlenwasserstoffgas ge leitet wird. Beim anderen Verfahren ist der Zwischenraum mit festem Kohlenstoff ausgefüllt. Ob diese Vorschläge schon praktisch versucht wurden und sich bewährten, haben wir nicht erfahren. Wir haben bereits auf Seite 1023 des Jahr gangs 1893 dieser Zeitschrift erwähnt, dafs eine 305 mm dicke Harveyplatte von Vickers auf dem Kruppschen Schiefsplatz beim ersten Schufs aus einer 28-cm-Kanone in 5 Stücke zersprang; ein ganz ähnliches Ergebnifs hatte die Beschiesung einer 262 mm dicken Harveyplatte von Gam mell, welche am 9. November 1893 bei Shoeburryness beim ersten Schufs aus einer 23-cm-Kanone zersprang. Auch bei einem Vergleichsschiefs- versuch, den die österreichische Marine auf dem Schiefsplatz am Monte cane bei Pola Anfang November 1893 gegen 27 cm dicke Platten ver anstaltete, trat bei der von der Firma Krupp gelieferten Platte aus Nickelslabl, welche nach dem Harveyschen Verfahren behandelt worden war, eine grofse Brüchigkeit in auffallender Weise zu Tage, wobei selbst ihr Widerstand gegen das Eindringen der Geschosse gering war, so dafs die Platte den Bedingungen der Beschufsprobe * „Stahl und Eisen“ 1894, S. 184 und 453. 1.15 nicht entsprach.* Die Beschufsprobe bestand für jede Platte aus 4 Schufs der 15-cm-Kanone L/35, deren je 2 Stahlgranaten von Krupp und Streiteben die Platte mit 947,2 mt lebendiger Kraft trafen. Diese 4 Schufs waren nach den Ecken der Platten gerichtet. Zum Schlufs erhielt jede Platte in der Mitte einen 24-cm-Schufs mit 2046 mt Auftreffkraft. Das Durchschlagsvermögen der Geschosse entsprach dem gegen eine Schmied eisenplatte von 393 bezw. 396 mm Dicke. Das ungünstige Verhalten der Kruppschen Platte ist um so auffallender, als die von dieser Firma in C h i c a g o ausgestellten Nickelstahlplatten ohne Harveysche Oberflächenhärtung bei der Beschiefsung ein aufserordentliches Widerstands vermögen ohne irgend welche Neigung zu Sprüngen und Rissen gezeigt hatten. Wenn die bei Pola beschossene Platte aus demselben Stahl her gestellt war, wie die auf der Chicagoer Ausstellung, was wohl anzunehmen ist, so würde ihre geringe Widerstandsleistung der Harveyschen Oberflächen- härtung zugeschrieben werden müssen und dem nach anzunehmen sein, dafs dieses Verfahren nicht mit Vortheil auf jede Stahlsorte anwendbar ist und damit die Ansicht der Engländer und Amerikaner, dafs der Nickelgehalt bei diesem Verfahren mehr schädlich als vortheilhaft sei, vermuthlich bestätigen, wobei vorausgesetzt wird, dafs reine Stahlplatten durch die Oberflächen härtung thatsächlich gewinnen. Immerhin ist es bemerkenswerth, dafs aus dem Polaer Schiefsversuch die von der Gewerk schaft Witkowitz gelieferte homogene Nickelstahl platte nach dem Urtheil der österreichischen Be- schiefsungscommission als die beste unter den sechs verschiedenen Versuchsplatten hervorging, denn dieses Urtheil ist insofern nicht einwandfrei, als die zur Verwendung gekommenen Streitebener Granaten den Kruppschen an Güte entschieden nachstanden und diese ungleichwerthigen Geschosse nicht gleichmäfsig verwendet wurden. Während die gegen die Witkowitzer Platte verfeuerten beiden 15-cm-Streiteben-Granaten zerschellten, wurde die erste Kruppsche 15 - cm-Granate un versehrt nach dem Anprall zurückgeworfen, die zweite zerbrach hinter dem Kopf, also in zwei Stücke. Dementsprechend waren auch die Streit ebener Granaten nur 100, die Kruppschen dagegen 340 mm tief eingedrungen* (von der zweiten Granate war der Kopf stecken geblieben, aber, nach der rückwärtigen Ausbauchung der Platte zu urtheilen, ebenso tief eingedrungen wie die erste). Da die Widerstandsfähigkeit der Geschosse gleicher Güte mit ihrem Kaliber wächst, so darf nach diesem Verhalten als zweifellos angenommen werden, dafs die Kruppsche 24-cm-Granate un verletzt die Witkowitzer Platte durchschlagen * Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens, Pola 1894, S. 1 und 524. 3