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8 Stahl und Eisen, Ueber Darstellung von Werkzeugstahl u. s. w. 1. Januar 1895, den Stäben ein glänzenderes Aussehen zu ver leiben. Die blanke Oberfläche gestattet leichter die Erkennung äufserlicher Fehler an den Stangen, und das Aussehen des Stahls bietet demnach schon eine gewisse Gewähr für äufserliche Reinheit. Die Fertigerzeugnisse der Arbeit unter den Wasserhämmern bestehen aus Flachstahl, Quadrat stahl, Rundstahl und verschiedenen Arten von Formstahl mit einfachen Querschnitten. Neben den Wasserhämmern sind 7 leichtere und mittelschwere Dampfhämmer in Benutzung, um Streckstahl und Zeugschmiedearbeit darzustellen. Sehr schwere Blöcke, für Schmiedstücke be stimmt, werden einstweilen in den Werkstätten der zu der Firma Gebr. Böhler & Go. in naher Beziehung stehenden Alpinen Montangesellschaft verarbeitet; die Aufstellung einer eigenen Schmiede presse ist in Vorbereitung begriffen. Einen besonderen Betriebszweig der Kapfen berger Hütte bildet die Herstellung von Formgufs. Man bedient sich dazu ausschliefslich des Tiegel stahls, welcher in denselben Vorrichtungen wie der Werkzeugstahl erzeugt wird. Als Form material gebraucht man theils feuerfeste Masse, theile Quarz mit einem geeigneten Bindemittel. Die in Masse gegossenen Stücke besitzen, da die Masse leicht anbrennt, ein weniger glattes Aeufsere als die in Quarz gegossenen, zeichnen sich dafür aberdurch gröfsere Dichtigkeit aus. Zum Ausglühen der Gufswaaren dienen zwei Oefen mit ähnlicher Einrichtung wie die schon erwähnten Flammöfen zum Vorwärmen der Tiegel, jedoch an der Seite, wo die Flamme eintritt, mit einer Schutzwand für die Gufswaaren gegen die Stichflamme ver sehen* Man heizt mit Cindern, welche durch Unterwind verbrannt werden. Die Gegenstände werden in den kalten Ofen eingesetzt, dann feuert man, bis helle Rothgluth erreicht ist, schliefst hierauf den Aschenfall und Rauchschieber und läfst langsam abkühlen. Die gesammte Zeit dauer des Verweilens im Ofen beträgt 30 Stunden. Derselben Firma wie die Kapfenberger Hütte gehören zwei im Thale der Ybbs, in der Nähe der Stadt Waidhofen in Niederösterreich, gelegene Stahlwerke: die Bruckbacherhütte und die Sophienhütte. Die Aufgabe beider Werke besteht nicht sowohl in der Erzeugung als viel mehr in der Verarbeitung von Stahl zu Handels- waare. Als Material für die Verarbeitung dienen theils Tiegelstahlblöcke aus Kapfenberg, theils Bessemerblöcke aus Kärnten, aus dem phosphor armen Roheisen gewonnen, welches im Holz kohlenhochofen aus den Erzen des Hüttenberger Erzbergs erzeugt wird. Tiegelstahl wird für alle feineren Werkzeuge verwendet, Bessemerstahl für Massenerzeugnisse. Im übrigen werden Flufseisen- und Stahlsorten in allen Härtegraden zwischen 0,10 bis 1,25 % Kohlenstoff verarbeitet. Die Bruckbacherhütte, früher ein Besitz thum des Gewehrfabricanten Werndl in Steyr, wurde 1872 durch die Gebrüder Böhler & Co. erworben. Für den Betrieb dienen 4 Turbinen, durch das Wasser der Ybbs getrieben, von zu sammen 360 Pferdestärken, 2 Wasserräder für Hämmer (25 Pferdestärken) und ein Dampfkessel mit 32 qm Heizfläche, welcher den Dampf für zwei Dampfhämmer von 760 und 150 kg Fall gewicht liefert. Weit mannigfaltiger als in Kapfenberg sind die Querschnittsformen der in Bruckbach ge fertigten Stahlserten. Man befolgt den Grundsatz, in dieser Beziehung auch weitgehenden Ansprüchen der Käufer gerecht zu werden, sofern nicht un überwindliche Schwierigkeiten entgegenstehen, und scheut sich nicht, auch kostspielige Vorrichtungen — z. B. neue Walzenkaliber — anzubringen, selbst wenn der betreffende Auftrag nicht umfangreich genug sein sollte, um einen erheblichen Nutzen zu vetsprechen. Nicht viele Stahlwerke der Erde dürften eine so reiche Sammlung von Querschnitts formen besitzen als die Bruckbacherhütte. Auch der Technologe bekommt hier manchen lehr reichen Einblick, wie man die billige Massen darstellung gewisser Gegenstände vorbereitet. Für die Fabriken billiger Rasirmesser werden z. B. Stangen gewalzt, welche bereits den Querschnitt der Klinge besitzen (Abbild. 17); man ( ) schlägt ein Stück ab, schmiedet den I / Stiel (Druck), härtet und schleift die \ / Klinge. Wie mir erzählt wurde, finden / solche billige Rasirmesser, von denen V ein ganzes Dutzend fix und fertig nur , etwa 60 bis 70 Kreuzer (1 bis 1,20 6) Abbild. 17. \ ‘ kostet, hunderttausendweise Absatz in der Türkei. Für , — Anfertigung von Abbild. 18. Tischmessern wird Stahl mit dem Querschnitt eines doppelten Keils geliefert (Abbild. 18), so dafs jedesmal zwei Klingen neben einander, mit der Schneide nach aufsen, auf dem Durchstofs ausgestofsen werden. Zahlreich und oft sehr vielgliedrig sind auch die Querschnittsformen, welche für Gewehrfabriken gefertigt werden. Diese Mannigfaltigkeit der erzeugten Endformen verleiht auch dem Betriebe sein eigenartiges Ge präge. Nur eine beschränkte Zahl dieser Quer schnitte läfst sich unter dem Hammer fertigen; das Walzwerk, welches in Kapfenberg nur zum Vorstrecken dient, mufs in Bruckbach auch viel fach die fertige Waare liefern. Zum Vorstrecken der Blöcke dient ein Grobwalzwerk (Dreiwalzwerk), zur Vollendung drei Fertigwalzwerke. Je zwei Walzwerke werden von einer gemeinschaftlichen Turbine mit Riemenübertragung angetrieben. Für Herstellung einfacherer Querschnittsformen und für Zeugschmiedearbeit dienen zwei Schwanz hämmer, ein Lufthammer und die schon erwähnten zwei Dampfhämmer.