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Zuflüssen der Kohlengruben liegen. Aber selbst wo ausnahmsweise stärkere Wasserzuflüsse auf treten, findet man meist die bei uns unter dem Namen der alten Gornwall - Maschinen bekannten, einfach und direct oder indirect (mit Balancier) wirkenden Maschinen mit Kataraktsteuerung. Unter irdische Maschinen, die bei uns mit Recht immer mehr und mehr eingebürgert werden, findet man wenigstens in gröfseren Exemplaren und für grofse Druckhöhen recht selten. Es mag dies mit der Scheu des Engländers Zusammenhängen, lange Dampfleitungen in die Grube hinabzuführen. Lieber entschliefst er sich noch zur Anlage unter irdischer Kessel, die man verhältnifsmäfsig häufig findet. Kaum glaublich, aber thatsächlich wahr ist es, dafs ich auf einer noch in vollem Betriebe befindlichen Grube bei W eine alte einfachwirkende Gornwall-Maschine fand, bei der man von oben das Spiel des Kolbens beobachten konnte, weil kein Gylinderdeckel den Einblick hinderte und die Umsteuerung noch durch die Hand des Maschinenwärters geschah. Der Dampf condensirte in einem gröfseren mit Wasser ge füllten Holzkessel. Die Maschine ging allerdings nur einige Stunden des Tages. Auf technischem Gebiete lassen Sie mich noch kurz die Aufbereitungen berühren, welche bei uns in Oberschlesien ein wahres Schmerzens kind geworden sind, indem die Kohlenhändler und Gonsumenten immer neue Sorten verlangen. Moderne hiesige Gruben stellen bereits mehr als 10 Sorten her. In England ist man noch in der glücklichen Lage, einen grofsen Theil der Förderung als Förderkohle, so wie sie aus der Grube kommt, zur Verladung zu bringen. Wo separirt wird, begnügt man sich meistens damit, die Stück kohlen (lumbs) und allenfalls noch Nüsse (nuts) abzuziehen und von den small-Kohlen zu trennen. Zu noch mehr Sortimenten versteigt man sich sehr selten. Meistens bedient man sich zur Auf bereitung der Stofssiebe. Von unsern complicirten Apparaten der Neuzeit, wie Briart- und Carop- Rost, Karlik-Pendel u. s. w., habe ich nichts vor gefunden. Dafs die Aufbereitungsgebäude in billigster Weise in Holz ausgeführt sind, wurde bereits an anderer Stelle erwähnt. Wenn nun auch unsere complicirten und überaus theuren Aufbereitungen in Oberschlesien vielfach als eine grofse Last empfunden werden, so verdanken wir denselben doch vorzugsweise den vorzüglichen Ruf unserer Kohlen und die Möglichkeit, auf die enorme Entfernung von bis 100 Meilen Landfracht und darüber noch mit westfälischen und englischen Kohlen in Wett bewerb zu treten. Gerade mit Hülfe der best- sortirten Würfel- und Nufskohlen wird dieser Concurrenzkampf von uns mit Erfolg geführt. Ich möchte mich nun kurz den Arbeiter verhältnissen Englands zuwenden. Vor mehreren Jahren noch viel bewundert, besonders von unseren liberalen Parteien, wegen der stricten Nichteinmengung des englischen Staats in die Arbeiterverhältnisse, ist diese Bewunderung bei uns stark gewichen, besonders nachdem die aus Anlafs unserer letzten grofsen Bergarbeiterstreiks nach England gesandte Commission eingehend die Verhältnisse geprüft und klargelegt hat. Analog scheint in England ein Umschwung in der An schauung über unsere Arbeiterverhältnisse ein getreten zu sein, die man dort früher für höchst trostlos hielt. Wenigstens glaube ich das aus verschiedenen Gesprächen, welche ich in diesem Jahre mit angesehenen englischen Industriellen hatte, entnehmen zu sollen. Besonders merk würdig erschien mir in dieser Beziehung das Eingeständnifs eines höheren englischen Betriebs beamten, dafs wir durch unser stehendes Heer mit seiner vortrefflichen Erziehung zur Zucht und Ordnung grofse Vortheile gegenüber England mit seinem Milizsystem hätten. Aus dem Munde eines Engländers sicher ein vielsagender Ausspruch. Die Schichtdauer auf den englischen Kohlen gruben beträgt in der Regel acht Stunden und wird mehrfach zwei Schichten hintereinander gefördert. Die Tagearbeiter, unter welchen in einigen Revieren, wie bei uns in Oberschlesien, ziemlich viel Frauen sich befinden, arbeiten dabei vielfach noch 10 bis 12 Stunden. Wenn bei uns in Oberschlesien der unterirdisch beschäftigte Bergmann im Durchschnitt etwa zehn Stunden arbeitet, so ist das mit Rücksicht auf die hohen, weiten und gut , ventilirten Arbeitsräume bei unseren mächtigen Flötzen sicher keine stärkere Inanspruchnahme unserer Arbeiter. Fast allgemein wird Sonnabend Nachmittag nicht gearbeitet. Er ist den Vergnügungen gewidmet, da die puritanische Sonntagsfeier Lustbarkeiten an diesem Tage nicht zuläfst. Vielfach wird auch noch der Mittwoch oder Donnerstag als halber Feiertag angesehen. Die Löhne sind in England bekanntlich höher als in Deutschland und zwar etwa 20 bis 25% höher als in Westfalen und etwa 35 % höher als in Oberschlesien. Ein englischer Häuer ver dient zur Zeit etwa 5 bis 6 e%6 i. d. Schicht. Die wichtigsten Lebensmittel sind in England, dank dem herrschenden Freihandel, recht niedrig, ins besondere Korn, Conserven und Fische. Frisches Fleisch — es kommt nur Rind und Hammel in Frage — ist allerdings theurer. Theurer sind ferner Kleider und Schuhwaaren und besonders Wohnungen. Alles in Allem dürfte der gesammte „Standard of life“ des englischen Arbeiters wohl noch um ein Geringes günstiger, als derjenige des westfälischen und entsprechend des oberschlesischen Kohlenbergmanns sein. Viel besprochen und gerühmt ist die auf den englischen Gruben ziemlich allgemein eingeführte in erster Linie an den meist geringen Wasser-