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15. Januar 1896. Beobachtungen über den Abbrand beim Thomasprocefs. Stahl und Eisen. 57 Nach eingehender Betrachtung der oben vor geführten Tabellen dürfen wir der Neuerung das Zeugnifs nicht versagen, dafs sie unsere Er- kenntnifs in Bezug auf die Vorgänge beim Thomas- procefs um ein gutes Stück gefördert und uns für die Betriebsführung ein wichtiges Kennzeichen an die Hand gegeben habe. Die Kenntnifs von der schädlichen Wirkung des Sauerstoffs im Eisen war ja zwar schon vorher Gemeingut der Fachleute; aber diese Fach leute darauf hingewiesen zu haben, dafs bis dato ■von ihnen nicht das Richtige geschehen sei, tim die Ursache dieser schädlichen Wirkung zu ver hüten, dafs sie vielmehr durch ihre bisherige Methode der Bekämpfung des Phosphors dem Eintritt des Sauerstoffs in das Eisen so recht Thür und Thor geöffnet haben, das ist das Ver dienst dessen, der zuerst auf den Eisengehalt der Thomasschlacke als ein Mittel zur Regulirung der Nachblasedauer hingewiesen hat. Der heftige Kampf, der vor einigen Jahren entbrannt war über die Frage, ob dem im basischen Martinofen erzeugten Flufseisen vor dem Thomasflufseisen ein Vorzug einzuräumen sei oder nicht, und der dann grundsätzlich und mit Recht dadurch entschieden wurde, dafs man beiden Fabricationsarten die Fähigkeit zusprach, bei sorgfältiger Betriebsführung ein Material zu liefern, welches den vorgeschriebenen Bedingungen sehr wohl zu genügen imstande sei, dieser Kampf findet eine gewisse nachträgliche Erklärung in dem Umstande, dafs die Vertheidiger des Martin materials hinweisen konnten auf diejenigen Mängel des Thomasflufseisens, welche diesem aus der damals wohl kaum genügend erkannten Ursache des Ueberblasenseins anhafteten. Wenn die Qualität des im Thomasconverter erzeugten Flufseisens abhängig ist von der richtig geleiteten Entphosphorung und wenn die Be obachtung des richtigen Entphosphorungspunktes lediglich eine Sache der Erfahrung d. h. der Geschicklichkeit ist, die der Meister oder Betriebs leiter bei der Beurtheilung der Proben u. s. w. entfaltet, dann ist es auch begreiflich, dafs diesem Material von seinen Gegnern eine gewisse Unsicherheit in der erzielten Qualität zum Vorwurf gemacht wird. Die Schwierigkeit der Bestimmung des jeweils günstigsten Entphosphorungspunktes und die bei jeder nennenswerthen Ueberschreitung desselben durch verlängerte Dauer der Nachblaseperiode eintretende Ueberblasung des Bades ist die einzige Klippe, an welcher wir hinsichtlich der Zuverlässig keit der erblasenen Qualität scheitern. Wir müssen also das Ueberblasen der Chargen verhüten, indem wir die Eisengehalte der Schlacken überwachen und dafür sorgen, dafs dieselben sich stets in der Nähe des durch die Praxis bewährt gefundenen Minimums bewegen, dann erzeugen wir ein Material, welches allen Anforderungen an Festig keit und Weichheit entspricht und dessen Phosphor gehalt trotzdem ebenso gering ist, wie wir ihn zu erblasen bestrebt waren. Nächst der wissenschaftlichen Bedeutung ist es vor Allem die zuverlässigere Qualität des erblasenen Materials, welche dem neuen Blaseverfahren das Interesse der Thomashüttenleute gewinnen dürfte. Aber auch dem calculirenden Fachmann bieten sich in der Verminderung des Abbrandes und des Rück kohlungszuschlages in der gröfseren Haltbarkeit der Converter-Futter- und -Böden sowie in der an Phos phorsäure reicheren Schlacke Vortheile, welche ihm diese Erfindung beachtenswerth machen dürften. Beobachtungen über den Abbrand beim Thomasprocefs. Der beim Thomasprocefs auftretende Verlust, gewöhnlich kurzweg Abbrand genannt, spielt bei der Flufseisendarstellung eine derartig wichtige Rolle, dafs es wunderbar ist, so wenig hierüber in der technischen Literatur zu finden. Die Angaben über Abbrand schwanken zwischen ziemlich hohen Werthen; so arbeiten einzelne Werke mit 17 % Verlust, während andere stolz hervorheben, dafs sie nur gegen 131/2 % Verlust beim Thomasiren erleiden. Dagegen haben einzelne neuere Werke ihren Durchschnittsverlust bis auf 11 % vom eingesetzten Eisen heruntergedrückt. Dieser Unter schied im Abbrand ist doch zu grofs, um sich denselben durch die Verschiedenheit des Betriebes zwischen verschiedenen Werken erklären zu lassen, U.IS da doch im grofsen und ganzen die Arbeitsmethode und ihre Ausführung auf den Werken dieselbe ist. Es müssen also hier andere Verhältnisse mit spielen, die bisher noch nicht genügend gewürdigt sind, vor allen Dingen mufs die Qualität des Thomaseisens einen gröfseren Einflufs auf den Verlust ausüben, als man gemeinhin annimmt; es lohnt daher wohl, der eigentlichen Ursache des Verlustes beim Thomasiren näher nachzuforschen, denn jedes Procent Minderverlust ist auf der andern Seite directer Gewinnst. Bei einer jährlichen Erzeugung von 200000 t Flufseisen würde, wenn der Abbrand von 16% auf 11 % heruntergedrückt werden könnte, das etwa 10000 t Mehrerzeugung oder etwa 700 000 - % Gewinnst betragen. 2