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682 Stahl und Eisen. Die Entwicklunij des Dampfschiffbaues in den Ver. Staaten. 15. August 1897. gegebenen Kreuzer Newark (Cramp) von 4098 t und 8898 HP, und San Francisco (Union Iron Works) von gleichfalls 4098 t und 9913 HP, wie alle später auf Stapel gelegten Schilfe wurden nach eigenen, d. h. von amerikanischen Ingenieuren aufgestellten, Plänen erbaut. Im folgenden Jahre, 1888, wurde auch mit dem Bau von Torpedobooten begonnen. Das erste derselben, bei Herreshoff in Bristol erbaute von 42 m Länge, 105 t und 1720 HP, erhielt nach dem jungen Offizier, der im October 1864 in einer Dampfbarkasse mit einem Spierentorpedo das conföderirte Widderschiff Albemarle angriff und damit den Gebrauch von Angriffstorpedos einleitete, den Namen Cushing. Es war für den Gebrauch von Whiteheadtorpedos, ein anderes, der Firma Cramp gleichzeitig in Bau gegebenes Boot, der sogenannte Dynamitkreuzer Vesuvius, von 77 m Länge, 930 t und 3795 HP, war für den Gebrauch Zalinskischer Dynamitkanonen be stimmt. Auf das letztere Boot wurden von den vielen Sanguinikern merkwürdigerweise besonders grofse Hoffnungen gesetzt. Die Erfahrung sollte lehren, welchem der beiden Fahrzeuge in Bezug auf wirksamen Gebrauch seiner Waffe der Vorzug zu geben sein würde. Die im ersten Augenblick befremdende Gegenüberstellung dieser beiden Waffen erscheint gerechtfertigt, insofern man die mit riesigen Sprengladungen, bis zu 227 kg Dynamit, gefüllten Geschosse der Dynamiikanonen als Ueberwassertorpedos ansehen kann. In den Bug des zur Erzielung grofser Fahrgeschwindigkeit sehr schlank gebauten Vesuvius (s. Abbild. 8) waren parallel nebeneinander unter einem Erhöhungswinkel von 18 0 mit der Mündung bugwärts aus dem Ober deck schräg hinausragend drei Zalinskische Druck luftkanonen von 38 cm Seelenweite fest ein gebaut, welche im untersten Schiffsraum geladen wurden. Die an sich geringe Trefffähigkeit der mit einer mehr als meterlangen Steuerungsstange versehenen Geschosse, besonders beim Seitenwind, wurde durch die Schwankungen des Schiffes noch herabgemindert, so dafs nach jahrelangen unbefriedigenden Versuchen der Umbau des Vesu vius in einen Aviso angeordnet wurde. Damit war die Frage für den Unterwassertorpedo ent schieden. Bereits im Jahre 1891 erwarb die Firma C. W. Blifs & Go. Ld. in Brooklyn das Recht zur Anfertigung von Whiteheadtorpedos für die Marine der Vereinigten Staaten. Aufserdem ist aber noch der Howell-Torpedo von 45 cm Durch messer, dessen bewegende Kraft in einem schweren Schwungrade aufgespeichert wird, welches beim Ausstofsen des Torpedos in der Minute 12 000 Umdrehungen macht, eingeführt. Dieser Torpedo geht aus den Werken der Hotchkiss Ordnance Go. in Hartford Gönn, hervor. Für die Küsten- vertheidigung soll der vom Lande aus lenkbare Sims-Edison-Torpedo eingeführt sein. Die langen Versuche mit den vorgenannten beiden Fahrzeugen haben die Entwicklung des Torpedo wesens in den Vereinigten Staaten etwas aufgehalten; obgleich man von dem grofsen Werth der Torpedoboote für die Küstenvertheidigüng über zeugt ist, verfügt die Flotte heute doch erst über 3 solcher Boote, aber 8 Torpedoboote von etwa 180 t befinden sich theils im Bau, theils in der Abnahme. Man ist so langsam vor gegangen, um sich die, besonders in England, in den letzten Jahren erzielten grofsen technischen Fortschritte im Bau von Torpedobooten mit grofser Fahrgeschwindigkeit zu nutze zu machen. Die Reihe der ungepanzerten aber mit Panzer deck versehenen Kreuzer war inzwischen durch weitere Bauten fortgesetzt worden und fand ihren einstweiligen sehr würdigen Abschlufs in den beiden mächtigen Kreuzern Columbia und Minne apolis. Beide 1890 bei Cramp auf Stapel gelegt, sind heute mit Recht der Stolz der Amerikanischen Marine; sic sind nicht nur ein ehrendes Zeugnifs für die grofsen Fortschritte der amerikanischen Schiffbautechnik in der kurzen Zeit von etwa 8 Jahren, sie stehen überhaupt ebenbürtig neben den besten Werken des Kriegs schiffbaues aller Länder der Gegenwart. Ihr Zweck ist, feindliche Handelsschiffe aufzubringen, weshalb sie im Volksmund „die Piraten“ genannt werden. Um sie von weitem schwer kenntlich zu machen, gleichen sie im Aeufsern ganz den Ocean-Schnelldampfern, haben daher auch keine Gefechtsmasten. Sie haben das Dreischrauben system für diesen Zweck ebenso glänzend gerecht fertigt, wie die deutsche „Kaiserin Augusta“. Für die Wahl der drei Schrauben waren 1890 wesentlich zwei Gründe bestimmend: die wirth- schaftliche Ausnutzung der Maschinen auf langen Reisefahrten (mit einer Schraube), sowie der Umstand, dafs man damals die Leistungsfähigkeit amerikanischer Stahlwerke in der Herstellung von Schraubenwellen zur Uebertragung von 10 000 HP bezweifelte. Die Schiffe sind 125,4 m lang, haben 7375 t Wasserverdrängung, die Columbia 18 500, die Minneapolis 20 500 HP; erstere erreichte bei der Probefahrt 22,83, letztere 23,075 Knoten Durchschnittsgeschwindigkeit. Die Werft erhielt für ersteres 350 000, für letzteres Schiff 414 600 $ Prämie. Die Columbia hat Kohlen an Bord für eine Fahrt von 22 000 km bei 10 Knoten Geschwindigkeit. Sie gehörte zum Geschwader der Vereinigten Staaten bei Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals. Bis dahin hatte die Regierung in weiser Mäfsigung mit dem Bau von Panzerschlachtschiffen zurückgehalten, um sowohl den Schiffswerften, als den Eisen- und Stahlwerken Zeit zu lassen, zu einer Leistungsfähigkeit sich entwickeln zu können, in der sie den höheren Anforderungen, die für den Bau solcher Schiffe an sie gestellt werden mufsten, zu genügen imstande wären.