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646 Stahl Und Eisen. Veber die Verwendung von Vlu/seisen zu Locomotiifeuerkisten. 1. August 1897. kanischen Abnahmevorschriften für das zu liefernde Blech enthalten fast nur Zugfestigkeitsbedingungen, indem ziemlich allgemein eine mittlere Zugfestigkeit von 38,6 kg (35 bis 45) und eine mittlere Dehnung von 30 % (25 bis 40 %) bei 200 mm langen Probestäben vorgeschrieben wird. Neuerdings wollen einige Gesellschaften chemische Eigenschaften mit berücksichtigen. Nach einer von Sauvage in seinem Bericht bezüglich der Pennsylvania-Eisenbahn gemachten Mittheilung nimmt diese Bahn, die wahrscheinlich die meisten Erfahrungen mit Stahl- oder besser flufseisernen Feuerkisten besitzt und deren Ab nahmebedingungen daher Beachtung verdienen, keine Platten ab, welche bei der Probe weniger als 22% Dehnung* und weniger als 38,5 kg oder mehr als 45,5 kg Festigkeit zeigen, es sei denn, dafs in letzterem Falle die Dehnung 27 % oder mehr beträgt; aufserdem wird für die Bleche zu einer Feuerkiste verlangt, dafs sie 0,18 % Kohlenstoff, höchstens 0,03 % Phosphor, nicht mehr als 0,4 % Mangan, 0,02 % Silicium, 0,02 % Schwefel und 0,02 % Kupfer enthalten. Die Master Mechanics Association in New York hat vor einigen Jahren einen Ausschufs niedergesetzt zur Ausarbeitung von Lieferungs bedingungen für Stahl zu Locomotivkesseln und Feuerkisten, welcher Ausschufs im Jahre 1894 seinen Bericht erstattet hat. Eine Besprechung desselben findet sich in der „Railroad Gazette“ vom 21. September 1894 und wir entnehmen dieser, dafs dem Ausschufs Materialproben von einigen Hunderten gebrauchter Feuerkisten und auch Festigkeitsproben mit Stäben vorlagen, welche von Blechen vor der Verwendung und nach Aus musterung der Feuerkisten genommen waren. Die Festigkeit der Versuchsstäbe schwankt zwischen 54 kg und 35 kg und die Leistungen der be treffenden Feuerkisten von fast 800 000 km bis etwas mehr als 80 000 km; dabei fand sich, dafs harter und weicher Stahl sowohl in kurz- als langlebigen Feuerkisten, manchmal sogar in einer und derselben Feuerkiste vorkam, dafs die ge brauchten Platten unzweifelhaft eine geringere Festigkeit zeigten als die neuen. Im allgemeinen schien es, als ob Stahl von 42 kg Festigkeit das beste Ergebnifs liefere. ** Vergleicht man damit die Abnahmevorschriften europäischer Eisenbahnverwaltungen, so zeigt sich, dafs theils Flufseisen von weit geringerer Festig keit (herunter bis 30 kg bei 28 % Dehnung * Länge des Probestabes = 200 mm. ** Der Ausschufs bezeichnet es für erwünscht, ein Material zu verwenden, welches bei 42 kg Festigkeit und 28 % Dehnung 0,18 % Kohlenstoff, nicht über 0,03 % Phosphor, 0,4 % Mangan und je 0,02 % Schwefel und Silicium enthält; er hält aber auch Blech für gut, welches bei 45,5 kg Festigkeit 22 % Dehnung zeigt und 0,035 % Phosphor, 0,45 % Mangan, 0,03 % Silicium und 0,045 % Schwefel enthält. bei der Gotthardbahn), * theils solche von ähn licher Festigkeit (40 bis 45 kg und 25 % Dehnung bei der französischen Ostbahn), theils weit härterer Stahl (71,5 bis 75,5 kg und 12 bis 15 % Dehnung bei der französischen Orleansbahn) verwendet wird und man mufs daher zu dem Schlüsse kommen, dafs es die Festigkeitseigenschaften nicht sind, welche das Material in Amerika als geeignet, in Europa als ungeeignet erscheinen lassen. Dafs die Zusammen setzung des amerikanischen Flufseisens wesentlich anders ist als die des in Europa zur Verfügung stehenden, ist kaum anzunehmen, wenigstens ist es in Bezug auf den Gehalt an Phosphor und Schwefel wohl nicht der Fall. Während, wie schon erwähnt, in Amerika nach Chabal aus- schliefslich saures Martinflufseisen zur Verwendung gelangt, wird in Europa saures und basisches, namentlich aber basisches Martinflufseisen ver arbeitet. Der mehrerwähnte amerikanische Aus schufs berichtet, dafs der Phosphorgehalt der von ihm berücksichtigten Proben sehr verschieden sei, dafs der Stahl von vielen der Feuerkisten, welche im Betriebe die höchste Leistung erzielt hatten, bis zu 0,07 % Phosphor enthielt. Wenn dem gegenüber die Eisenbahndirection Hannover für Feuerkistenbleche einen Phosphorgehalt bis zu 0,04 % gestattet und Samson Fox von der Leeds forge Company in einem Vortrage, den er in einer Sitzung der Convention of the Master Mechanics Association zu New- York über Feuerkistenstahl hielt, ** vor Allem zur Herstellung von Feuerkistenplatten die Ver wendung sehr reinen Materials, d. h. namentlich möglichst geringen Gehalt an Phosphor und Schwefel, empfiehlt und meint: „man kann den Gehalt an Mangan auf 0,50 bis 0,55 % kommen lassen, aber sollte an Schwefel und Phosphor nicht mehr als 0,04 bis 0,05 % haben“, so mufs zugegeben werden, dafs die amerikanischen Bleche in dieser Beziehung nicht besser sind als andere, sofern man nicht annehmen will, dafs der Phosphorgehalt durch den Gebrauch der Bleche gestiegen ist. Ganz von der Hand weisen läfst sich die Annahme ja nicht, dafs infolge des Ansetzens von Kesselstein an die Feuerkisten wände diese so stark erwärmt werden können, dafs sie Phosphor und Schwefel aufnehmen, wenn auch nur in der äufsersten Schicht. Am schlimmsten müfste dies dann in der Nähe der Stehbolzen vor sich gehen, weil eben dort die stärksten Kesselsteinablagerungen sich bilden; und damit würde auch ganz gut die Thatsache zusammen stimmen, dafs Risse und örtliche Schwächungen sich namentlich an den Nieten und Stehbolzen finden. * Die Festigkeitszahlen sind dem Bericht Sauvages entnommen. * * Siehe „Railroad Gazette“ 1893 S. 487.