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Vereins - Nachrichten. 614 Stahl und Eisen. 15. Juli 1897. V ereins - Nachrichten. Nordwestliche Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller. Protokoll über die Vorstandssitzung zu Düsseldorf am 5. Juli 1897. Die Herren Mitglieder des Vorstandes waren zu der Sitzung durch Rundschreiben vom II. und vom 23. Juni eingeladen, und es war die Tagesordnung wie folgt festgesetzt: 1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Schreiben des Hrn. Geheimrath Dr. Wedding, betr. die Errichtung eines internationalen sidero- chemischen Laboratoriums. 3. Angebot einer Versicherungsgesellschaft, betr. Haftpflichtversicherung. 4. Tarife im Verkehr von Rheinland - Westfalen und Oberschlesien nach Oesterreich-Ungarn. Anwesend sind die HH. Comm.-Rath Servaes, Vor sitzender, Geheimrath Jencke, Comm.-Rath C. Lueg, Comm.-Rath Weyland, Generaldirector Wiethaus, Generaldirector Tull, E. Poensgen, Comm.-Rath H. Lueg, Landtagsabgeordneter Bueck, E. Guilleaume, Ingenieur Schrödter als Gast, Dr. Beumer, geschäftsführendes Mitglied. Entschuldigt haben sich die HH. Ed. Boeck in g, Finanzrath Klöpfel, Ed. Klein, Generaldirector Fritz Baare, Generaldirector Kamp, Comm.- Rath Brauns, Eug. v. d. Zypen. Vor Eintritt in die Tagesordnung heifst der Vor sitzende das neu eingetretene Vorstandsmitglied Hrn. E. Guilleaume herzlich willkommen und spricht die Zuversicht aus, dafs dessen Mitarbeit der Gruppe zum Vortheil gereichen werde. Zu 1 der Tagesordnung macht Dr. Beumer Mit- theilung von zwei Schreiben des Ministeriums für Handel und Gewerbe, betreffend die Absatz Verhält nisse in Mexico und die Errichtung eines fran zösischen Musterlagers in New-Orleans. Er weist sodann darauf hin, dafs die Firma Fried. Krupp eine aufserordentlich interessante Statistik über die Bedeutung der Gewerbe gerichte für den Bereich ihrer Werke veranstaltet habe. Es wird beschlossen, die gleichen Erhebungen für die sämmtlichen Werke der Nordwestlichen Gruppe für die Jahre 1893 bis 1896 in die Wege zu leiten und das Kruppsche Schema zu Grunde zu legen. Zu 2 der Tagesordnung wird einstimmig erklärt, dafs die niederrheinisch-westfälische Grofseisen- und Stahlindustrie an der Errichtung eines inter nationalen sidero-chemischen Laboratoriums kein Interesse habe. Zu 3 liegen sehr günstige Angebote der „Kölner Unfall-Versicherungs-Actien-Gesellschaft“ zu Köln und der „Alliance“ in Berlin, be treffend Haftpfichtversicherung für die Werke der Nordwestlichen Gruppe vor, welche angenommen werden. Eine nähere Mittheilung hierüber wird den Werken seiner Zeit unmittelbar gemacht werden. Zu 4, Tarife von Oberschlesien nach Oesterreich-Ungarn, ist seitens der Königlichen Eisenbahndirection in Essen an die Gruppe nach folgende Anfrage gerichtet worden: „Für Eisen und Stahl, Eisen- und Stahlwaaren bestehen im Verkehr von Rheinland-Westfalen nach Oesterreich-Ungarn seit Jahren ermäfsigte Frachtsätze, indem den Tarifen für die deutschen Strecken folgende Einheitssätze zu Grunde gelegt sind : 2,8 8 für Eisen des Spee.-Tarifs I } und 2,2 „ „ „ II j f d.tkm u. zuzüglich 6 8 Abfertigungs- gebüh r. Seitens der oberschlesischen Eisenindustrie ist wiederholt der Antrag gestellt worden, für den Verkehr von Oberschlesien nach Oesterreich-Ungarn die gleiche Ermäfsigung eintreten zu lassen. Die Antragsteller berufen sich auf die Thatsache, dafs die Frachtsätze von Oberschlesien nach Oester reich (namentlich Böhmen) trotz der theilweise viel niedrigeren Entfernungen erheblich höher seien, als diejenigen von Rheinland-Westfalen, und heben her vor, dafs unter diesen Umständen ein Absatz ober schlesischer Erzeugnisse nach Westösterreich als gänzlich ausgeschlossen betrachtet werden müsse. Beispielsweise beträgt die Fracht Hamm-Carlsbad bei einer Entfernung von 588 km für Eisen u. s. w. des Specialtarifs I 188 und des Specialtarifs 7II 152 8 für 100 kg, während sich die Fracht Gleiwitz-Garlsbad bei nur 560 km Entfernung auf 283 bezw. 222 8 stellt. Bei Einrechnung der für Rheinland - Westfalen bestehenden Einheitssätze würden sich die letzteren Frachtsätze auf 214 bezw. 172 M ermäfsigen, mithin auch dennoch immer höher bleiben als die von Rhein land -Westfalen. Dem Antrag läfst sich unseres Erachtens eine gewisse Berechtigung nicht absprechen, da Ober schlesien der Wettbewerb auf seinem natürlichen Absatzgebiet, als welches Oesterreich - Ungarn doch anzusehen ist, füglich nicht durch eine einseitige tarifarische Begünstigung Rheinland - Westfalens er schwert bezw. unmöglich gemacht werden darf. Bevor wir indessen zu dem Anträge Stellung nehmen, möchten wir in Rücksicht auf die bestehenden Wettbewerbsverhältnisse der rheinisch - westfälischen Industrie dem Verein Gelegenheit geben, sich zu der Frage zu äufsern. Wir ersuchen daher ergebenst, uns Ihre Meinung gefälligst recht bald zukommen zu lassen.“ Es wird beschlossen zu' antworten, dafs durch Ausdehnung dieser Tarife auf den Verkehr von Ober schlesien für die rheinisch-westfälische Industrie zwar Verschiebungen eintreten würden, dafs die Gruppe aber nichtsdestoweniger gegen eine solche Ausdehnung nichts einzuwenden habe. Schlufs der Sitzung Nachmittags 3 Uhr. Der Vorsitzende: Der Generalsecretär: gez. A. Servaes, gez. Dr. W. Beumer, Kgl. Commerzienrath. M. d. A.