Volltext Seite (XML)
610 Stahl und Eisen. Vierteljahrs - Marktberichte. 15. Juli 1897. II. Oberschlesien. Allgemeine Lage. Die Geschäftslebhaftigkeit auf dem inländischen Kohlen- und Eisenmarkte hat im verflossenen Quartale im grosen und ganzen keine Einbufse erlitten, während der Eisen- und Stahlmarkt der in Betracht kommenden Ausfuhrländer, beeinflufst durch die wankelmüthige Lage des englischen und amerikanischen Eisenmarktes, durch die Orientwirren, sowie durch die infolge ungünstiger Witterungs verhältnisse herabgeminderten Ernteaussichten in den Donaustaaten, zeitweise recht matt lag. Die Lebhaftigkeit des Maschinenmarktes, haupt sächlich die Folge des guten Ganges der Kollen- und Eisenindustrie, hielt in erfreulichster Weise an, und als ein günstiges Zeichen für das Andauern der guten Marktlage auch für Fertigwaare darf wohl die Festigkeit, welche der Roheisen- und Halbzeugmarkt zeigt, gedeutet werden. Geleitet von dieser Ansicht, hat auch der inlän dische Eisenhandel die im letzten Drittel des Quartals geübte Zurückhaltung in der Auftragsertheilung, veranlafst durch politische Verhältnisse und ent- muthigende Prefsstimmen. aufgegeben, so dafs am Schlüsse des Berichtsquartals ein Umschwung zum Besseren unverkennbar ist. Kohlen- und Koksmarkt.' Das Kohlengeschäft nahm im Berichtsquartale einen guten Verlauf und es überstieg die Kohlenverladung diejenige des ent sprechenden Quartals des Vorjahres. Zwar erreichte der Absatz im Monat April nicht die Höhe, welche man mit Rücksicht auf den zu Beginn dieses Monats eingeführten Rohstofftarif erhofft hatte, dennoch war er hoch genug, um volle Förderung zuzulassen. Die starke Nachfrage in den Monaten Mai und Juni, insbesondere nach kleineren und kleinsten Sorten für den Betrieb industrieller Werke, veranlafste eine nicht unwesentliche Preiserhöhung, und der reiche Eingang von Aufträgen liefs die Verladung von Stück- und Würfelkohlen aus den Beständen zu, so dafs letztere am Quartalsschlußs verhältnifsmmäfsig geringe waren. Der Versand nach Oesterreich - Ungarn erfuhr einen weiteren Aufschwung, während Rufsland eigent lich nur Begehr für die an und für sich knappen Gaskohlen hatte. Nach den eisenbahnamtlichen Wagengestellungs übersichten wurden verladen: im zweiten Vierteljahr 1897 = 2 950 680 t „ ersten » 1897 = 3 338 650 t " zweiten " 1896 = 2 94-1 330 t woraus sich gegen das entsprechende Quartal des Vorjahres ein Mehr von 0,3 % ergiebt. Die Nachfrage nach Koks war auch im ver flossenen Quartal bei guten Preisen eine kaum zu befriedigende. Roheisen. Die Verladung von Giefserei- und Frischereiroheisen ist im Berichtsquartal eine un verändert günstige geblieben, und die zeitweilig drängende Nachfrage hatte kleinere Preiserhöhungen zur Folge. Neuverkäufe wurden jedoch, da die Er zeugung bis Jahresschlufs zum gröfsten Theil bereits in den Vorquartalen verschlossen worden war, nur in mäfsigem Umfänge und zwar hauptsächlich nur in Giefsereiroheisen gethätigt. Stabeisen. Der Walzeisenabsatz im Berichts- quartäle hielt sich etwa auf der Höhe des Absatzes im Vorquartale. Preisaufbesserungen konnten nicht zur Durch führung kommen, obwohl der hohe Preisstand des Roheisens des Halbzeugs, sowie des Alteisens solche recht wünschenswerth gemacht hätten. In Grobeisen und insbesondere in Constructions- waare herrschte lebhafter Begehr, während der Fein eisenmarkt infolge der früher bereits dargelegten Verhältnisse weniger günstig lag. Am Schlüsse des Quartals lagen reichliche Handelseisenabschlüsse und zufriedenstellende Be schäftigung vor. D r a h t. Das Geschäft in Draht- und Draht- waaren nahm einen günstigen Verlauf, und auch der Absatz an Grobblech, für welches das benachbarte Rufsland ein flotter Käufer war, kann als ein zufrieden stellendes bezeichnet werden. Die Festigkeit des Grobblechmarktes wurde günstig beeinflufst durch die seit Beginn des Jahres bestehenden Verbands bestrebungen, welche am Schlüsse des Quartals durch Errichtung der „Agentur deutscher Grobblechwalz werke“, der sämmtliche Grobblechwalzwerke an gehören, den erwünschten Abschlufs gefunden haben. Am Schlufs des Vierteljahrs lagen reichliche Schlüsse und Aufträge vor. Feinblech. Ein weniger erfreuliches Bild bot im Berichtsquartale der Feinblechmarkt, auf welchem infolge der Uneinigkeit der Feinblechwalzwerke un lohnende Preise herrschten. Eisengiefsereien und Maschinenfabriken. Die hierher gehörigen Betriebszweige waren im Berichtsquartale äufserst stark beschäftigt, so dafs auf manchen Werken Ueberschichten und Nacht schichten eingelegt werden mufsten. Die gute Nachfrage nach gufseisernen Muffen rohren führte zur Lichtung der Lagerbestände, und den Maschinenfabriken flofs reichliche Beschäftigung zu. Preise. Roheisen ab Werk: f. d. Tonne Giefsereiroheisen Hämatit Qualitäts-Puddelroheisen Gewalztes Eisen ab Werk . . . . Kesselbleche, Grundpreis Bleche, Flufseisen, Grundpreis . . Dünne Bleche, Grundpreis .... Stahldraht 5,3 mm netto ab Werk 61 bis (v 1 “ n 1521/2 " 1321/2 " 130 „ 122 „ 64 72 63 1421/2 180 ' 140 150 125. Eisenhütte Oberschlesien. III. England. Middlesbro-on-Tees, 6. Juli 1897. Seit meinem letzten Bericht (Anfang April) sind die Roheisenpreise bedeutenden Schwankungen unter worfen gewesen. Das Geschäft für effective Lieferung blieb gegen das erste Quartal entschieden zurück. Da die Vorräthe bei den Werken ganz bedeutend abgenommen haben, so entwickelte sich ein immer gröfserer Begehr nach Warrants. Wäre das Geschäft nicht fortwährend durch politische Verhältnisse und durch Streikbefürchtungen bei der einen oder andern Branche beeinflufst worden, so hätte einer allgemeinen stetigen Besserung nichts im Wege gestanden. Die Geschäftsverhältnisse sind im allgemeinen günstiger als in früheren Jahren; die Roheisenverschiffungen fangen zwar an jetzt etwas geringer zu werden als in früheren Monaten, doch ist dies ja stets im Sommer der Fall; im Vergleich zu früheren Statistiken sind sie bedeutend stärker, in den ersten 6 Monaten fast 90000 tons. Von dem amerikanischen Wettbewerb hört man etwas weniger, er macht sich geltend in Gegenden, wohin er im Vergleich zu hiesigen Exportraten billigere Frachten findet. Der türkisch - griechische Krieg hatte weniger Einflufs auf Preise als die fortwährenden Streikbefürch-