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Einige Eigenschaften des Molybdänstahls. Von W. V. Lipin, Professor am Berginstitut zu St. Petersburg. Es wird gewöhnlich angenommen, dafs die Wirkung des Molybdäns auf den Stahl die gleiche sei wie diejenige des Wolframs.* Wenn man sich aber an die Theorie von Professor Roberts- Austen hält, so erscheint dies seltsam, da die Atomvolumen dieser beiden Elemente sich weit voneinander unterscheiden (Wo — 9,6; Mo — 11,1). Gegen Ende des Jahres 1896 hatte ich nun Gelegenheit, Molybdänstahlblöcke folgender chemi scher Zusammensetzung auf den Putilowschen Werken in St. Petersburg herzustellen und zu prüfen: C = 0,54 bis 0,55, Si = 0,1, Mn = 0,13, P = 0,024, S = Spuren und Mo = 3,72. Zum V ergleich mit denselben wurde ein W olfram- stahlblock folgender chemischer Zusammensetzung hergestellt: C = 0,55 bis 0,56, Si = 0,07, Mn = 0,13, Wo = 3,80. Beide Blöcke waren Tiegelstahl, ihr Gewicht betrug je 23 kg. Das Schmelzen ging vollkommen normal von statten und dauerte ungefähr 4 Stunden. Beim Giefsen war der Stahl hinreichend heifs und kein Steigen des Metalles zu bemerken. Die Schlacke des Molybdänstahls war halbglasig, grünlichgrau schil lernd und erinnerte an das Mineral Katzenauge. Beide Blöcke wurden zuerst unter einem 30 Gentner schweren Hammer geschweifst und dann in Stangen von 22,5 mm Querschnitt aus geschmiedet. Beim Schmieden zeigte sich, dafs der Molybdänstahl ebenso wie der Wolframstahl vorsichtig erwärmt werden mufs — und zwar nicht weiter als bis zur kirschrothen Farbe — da man ihn sonst leicht überhitzen kann. Unter diesen Umständen läfst sich der Molybdänstahl gut schmieden; derselbe zeigt eine bedeutende Härte bei einer ganz reinen Oberfläche und ist frei von kleinen Rissen und Brüchen, welche man so oft bei hartem Wolframstahl erhält. Der Bruch des untersuchten Stahles war glatt, dunkel feinkörnig und erinnerte ein wenig an den Bruch von Chromstahl. Aus dem so gewonnenen Stahl wurden 100 mm lange Probestäbe • auf 12,5 mm Durchmesser ab gedreht, mit denen dann Zerreifsproben angestellt wurden ; in der beigefügten Tabelle sind die ge wonnenen Ergebnisse zusammengestellt; die erste Reihe giebt die Art der Behandlung — des Härtens । und Ausglühens — an, welcher die Probestäbe vorher unterworfen wurden. Art der Behandlung Wolframstahl Molybdänstahl Elasticitäts- grenze kg/qmm Bruch- grenze kg/qmm 0/0 Dehnung Elasticitäts- grenze kg/qmm Bruch grenze kg/qmm °/o Dehnung Stark getempert (hellroth erwärmt und | sammt dem Ofen langsam erkaltet) | Dasselbe aber etwas dunkel erwärmt { Mäfsig getempert (kirschroth erwärmt) { Bei Rothgluth in Oel gehärtet { Bei Hellrothgluth in Oel gehärtet j Bei Rothgluth in Oel gehärtet und ( nachher kirschroth getempert Bei Rothgluth in Wasser gehärtet / und leicht getempert \ In Wasser gehärtet ohne Ausglühen Aus dieser Zusammenstellung 26,9 26,9 23,8 25,6 27,4 30,6 27,6 37,1 35,5 33,3 33,7 34,5 33,9 30,6 80,1 52 ersieht m 62,3 64,6 61 58,8 62,2 60 65,1 72,5 64,7 64,9 65,7 67,4 69,3 60,8 93,8 81,4 103,5 an: lici 15 14,7 13,5 5,4 17,3 5,6 10 12,9 3,5 4,7 4,4 15 8,7 15,1 7,7 7,5 1,2 len Kohl Risse Risse Risse » » Risse Risse enstoff- t 23,6 23,6 23,8 24,1 26,5 26,1 34,2 33,6 39,3 42,5 27,3 29 67,3 68,1 ind Chror 57,6 58,1 59,9 58,5 65,3 66 64,4 66 73 84,2 58,5 56,3 102,2 103 78,2 nstahl vc 18 20,1 14,1 14,6 18 16,9 17 15 11,5 6,4 17,0 17,0 6,7 6,4 0 llkommen 1. dafs stark ausgeglühter Molybdänstahl weicher ist als Wolframstahl von gleicher chemischer Zu sammensetzung ; bei dem ersteren ist die Elasti- ciläts- und Bruchgrenze geringer, die Dehnung aber gröfser. Es scheint hiernach, dafs ein sehr starkes Ausglühen für den Molybdänstahl weniger nützlich sei, als ein mäfsiges Ausglühen —, d. h. allzustarkes Wärmen, welches sich für gewöhn- * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1893 Nr. 16, S. 717, und 1896 Nr. 17, S. 693. eignet, ist für Molybdänstahl sehr schädlich. Dies wurde auch schon beim Schmieden bemerkt. 2. Das Härten des Molybdän Stahls in Oel und das nachherige Ausglühen erhöht die Elasticitäts- grenze bei derselben Ausdehnung nur wenig und vergröfsert die Bruchgrenze gar nicht, daher ist j eine solche Bearbeitung, welche die Eigenschaften [ des gewöhnlichen Kohlenstoff- und besonders des Chromstahls wesentlich verbessert, für den Molybdän stahl fast nutzlos.