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15. Juni 1897. Hängebrücken der Neuzeit. Stahl und Eisen. 503 enden um 20 cm ausbiegen, falls die ungünstige einseitige Belastung der Fahrbahnen eintrilt. Die der Rechnung zu Grunde gelegten Be lastungen aus Eigengewicht und Verkehr betragen rund 58—5=112 t für 1 m Brücken länge oder 28 t für eins der Kabel. Das Ge wicht der Brücke stellt sich wie folgt: 1. Oberbau (vorläufig für 8 Geleise) mit 50 kg schweren Schienen nebst Zubehör . . 5 900 t 2. Streckträger mit Zwischenstützen, Fahr ¬ bahngerippe und Windträger .... 35760 t 3. Tragseile mit Bolzen u. s. w 2 000 t 4. Hängegurte (4 Kabel mit Bolzen, Kuppel ¬ platten, Versteifung u. s. w.) .... 58 100 t 5. 2 Thürme mit Zubehör 25 600 t 6. Verankerungen 13 200 t 140 560 t . . , 140 560 . p.. . T .. das gicbt 2210 — rund 63 t für Längen- meter, oder = 1,8 t für 1 qm der ’ 2240.35 Fahrbahn. Davon entfallen für Thürme und Ver ankerungen, die allerdings von vornherein für 14 Geleise ausgebaut werden, während die schwebende Gonstruction vorläufig nur die Trag kraft für 8 Geleise erhält, rund 17 t auf 1 m oder 0,5 t auf 1 qm Brückenbahn. Den Löwen antheil des Gewichts beanspruchen natürlich die Hängegurte mit 26 t auf 1 m oder 0,75 t auf 1 qm Fahrbahn. Nach erfolgtem Ausbau der 14 Geleise wird das Gesammt-Eisengewicht der Brücke rund 162 400 t betragen. Zum Ver gleich diene die Angabe, dafs die weitestgespannte Eisenbahn-Balkenbrücke der Welt, die Forthbrücke — bei 1628 m Länge und 8,3 m Breite — in ihren drei Hauptöffnungen (bei 35 Millionen Mark Kosten für die Ueberbauten und 56 000 t Flufs- stahl) — rund 34 t auf 1 Längenmeter und 4 t auf 1 qm der Fahrbahn Metall enthält. Bei der Aufstellung der Brücke werden Thürme und Verankerungen (für 14 Geleise) zuerst errichtet. Jeder Thurm erhält dann einen 21 m hohen Aufsatz, zwischen denen gewöhnliche Draht seile gespannt und mit den Verankerungen ver bunden werden, um eine Arheitsbahn für das Aufhängen der ersten Drahtglieder im obersten Strange des oberen Kabels zu bilden. Sobald dieser erste Kabelstrang von Verankerung zu Verankerung geschlossen durchgeht, werden auf seinen Bolzen die Kuppelplatten und die übrigen Drahtglieder aufgeschoben, und so fort, bis das ganze obere Kabel geschlossen ist. Das Zusammen setzen des unteren Kabels erfolgt dann vom oberen Kabel aus durch ’ Einhängen der Ständer der Kabelgitterwand. Die Streben dieser Gitterwand, die nur Zug aufnehmen und verstellbare Schrauben enden haben, werden erst nach erfolgter voll ständiger Aufstellung der Brücke auf ihre genaue Länge eingestellt, so dafs sie alle spannungslos sind und erst durch die veränderlichen Lasten in Spannung versetzt werden können. Eine Einrich tung zur Längenregelung der Tragseile wird nicht für nothwendig gehalten, deren Längen werden nach Mafsgabe der zu erwartenden Formänderungen der Brücke derart bemessen, dafs die Fahrbahn nach erfolgter Aufstellung der Brücke die plan- mäfsige Höhenlage einnimmt. Die Kabeldrähte — 18 400 Stück in einem Kabelquerschnitt an den Thürmen — werden nur geölt, nicht, wie bei der Brooklyner Brücke, verzinkt. 7300 Drahtglieder, wie sie in den 4 Kabeln enthalten sein werden, sollen in den Brückenwerkstätten durch 10 Maschinen innerhalb 16 Monaten fertiggestellt werden, das macht 2 Glieder den Tag für eine Maschine. Lindenthal rechnet für die Gesammt- Bauzeit 4 Jahre: 2 Jahre 9 Monate für Thürme und Verankerungen, und 15 Monate für den Ausbau der schwebenden Brückentheile. Sollte im Laufe der Zeit die Gonstruction auf 14 Geleise verstärkt werden, so wird das Einziehen der in den Hängegurten neu einzuschaltenden Drahtglieder mit Hülfe von Wasserdruckpressen in ähnlicher Art erfolgen, wie dies oft bei den amerikanischen Bolzenbrücken beim Zusammenstellen ihrer Gurte geschieht. Die Baukosten der Brücke sind (für 8 Geleise) auf rund 90 Millionen Mark veranschlagt, wozu noch rund 80 Millionen Mark für den Grunderwerb und dergl. hinzukommen. Das macht ohne Grunderwerb: 40 000 el für 1 m Brückenlänge, 1148 •6 für 1 qm Fahrbahnfläche, 638 •6 für 1 t Flufsmetall. Die anfänglichen Einnahmen werden von Lindenthal auf Brutto 16 Millionen und Netto 12 Millionen Mark geschätzt, das gäbe also eine voraussichtliche Verzinsung der Bausumme von über 9 Hundertstel. In 10 Jahren rechnet man, wie bereits erwähnt, auf das Vierfache des an fänglichen Verkehrs. III. Die Anordnung der Lindenthalschen Kabelketten soll auch eine allmähliche völlige Erneuerung der 4 Kabel ermöglichen, falls dies künftig einmal nothwendig werden sollte. Ein ähnlicher Gedanke liegt der Kabelanordnung der neueren fran zösischen Drahtbrücken zu Grunde. Der gefahrdrohende Zustand der älteren französischen Hängebrücken, von denen in der Zeit von 1869 bis 1881 fünf einstürzten, und deren Dauer durchschnittlich sich nur auf etwa 31 Jahre berechnete, sind Veranlassung gewesen, dafs man in Frankreich, zum Theil nach amerikanischem Muster, Verbesserungen im Hängebrückenbau ein führte. Dabei hat man aber das System der ungetheilten starken Kabel, aus parallelen Drähten an Ort und Stelle zusammengelegt, nicht über nommen, sondern man verwendet in einem Hänge gurte mehrere (gewöhnlich 4 bis 5) nebeneinander liegende kleinere Kabel, die aus lauter spiral-