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Schwefelwasserstoff sicher zurückzuhalten. Dann läfst man die auf solche Art des Schwefelwasser stoffs beraubten Gase durch die rothglühende Porzellanröhre streichen, und man erhält dann hinter derselben in dem Absorptionsgefäfs den jenigen Schwefel als Sulphid, welcher durch das Bleiacetat nicht zurückgehalten, sondern erst in der Röhre in Schwefelwasserstoff verwandelt worden ist. Wir haben niemals genügend freie Zeit gefunden, die Frage tiefer zu ergründen und nach der Natur der flüchtigen Schwefelverbindung zu forschen, welche ohne Einwirkung auf Metallsalzlösungen und unoxydirbar durch Brom ist. Diese Lücke ist glücklicherweise ausgefüllt worden durch Francis G. Phillips, welcher Ende 1895 dem Franklin-Institute über diesen Gegenstand Mittheilung gemacht hat. Die Rollet- sehe Annahme, dafs der Schwefel in der gas förmigen Verbindung in anderer Form als H,S existirt, ist durch H. Phillips’ Untersuchungen bestätigt und die fragliche Verbindung als Methyl- sulphid ermittelt worden, welches aus G, H und S zusammengesetzt ist (CH3)2 S. Wir erwähnen nun die Hauptbedingungen der sinnreichen Versuche Phillips und die Schlüsse, welche er daraus gezogen hat. Derselbe operirte mit 100 g weifsen Gufs- eisens, das einen durch directe Oxydation er mittelten Schwefelgehalt von 0,170 % besafs. Er hat dann in den entwickelten Gasen die Gegen wart von Methylsulphid (CH3)2 S beobachtet, welches, in einem Ueberschufs von Kohlengas zui Rothgluth erhitzt, Schwefelwasserstoff giebt. Da her genügt es, die bei dem Procefs entweichenden Gase mit einem Ueberschufs von Wasserstoff und Kohlensäure auf Rothgluth zu bringen, um die Verwandlung des ganzen entbundenen Schwefels in Schwefelwasserstoff zu sichern. Das ist die Bestätigung und Erklärung der Thatsache, die 18 Jahre früher von Rollet er kannt wurde, und die seitdem in meiner Schwefel bestimmungsmethode, welche eine Folge derselben ist, angewendet wird. Im Verlauf der Studien, welche ich seit fast 5 Jahren über die Schwefelsorten angestellt habe und worüber ich in den September-, October- und November-Heften 1896 der „Revue Universelle des Mines et de la Metallurgie“ Bericht erstattet habe, habe ich Gelegenheit gehabt, viele Male die Nothwendigkeit der Erhitzung der betreffenden Gase zu bestätigen. Nachstehend führe ich die Resultate besonders an, welche bei Untersuchung von ihrer Natur nach sehr verschiedenen Producten des Eisen hüttenwesens erhalten wurden, als die von der Auf lösung des Metalls herrührenden Gase nach vor stehendem Verfahren behandelt wurden: Nr. Art der Eisenprobe o Ohne Erhitzen o der Gase, alte — “ Methode o Mit Erhitzen der Gase, neue — “ Methode • Differenz i CB 11-1 1 Schwedisches Eisen .... 0,002 0,013 0,011 2 Gewöhnliches „ .... 0,039 0,056 0,017 3 Martinstahl, basisch, weich 0,102 0,126 0,024 4 » » hart . 0,029 0,053 0,024 5 » sauer, weich . 0,058 0,032 0,076 0,018 G » » hart . . 0,060 0,028 7 Bessemerstahl, bas., weich 0,044 0,059 0,057 0,018 8 0,045 0,012 9 „ „ hart . 0,022 0,043 0,021 10 » sauer, weich 0,029 0,056 0,027 11 » „ hart . 0.042 0,058 0,016 12 Wolframstahl 0,002 0,033 0,031 13 Feines weifses Roheisen, manganhaltig 0,006 0,018 0,012 14- Thomasroheisen, weifs . . 0,012 0,031 0,019 15 „ grau . . . 0,039 0,065 0,026 16 Weifses Roheisen zum Fein machen 0,376 0,379 0,003 17 Graues Roheisen, fein . . . 0,011 0,027 0,016 18 „ „ gewöhnlich 0,190 0,204 0,011 19 Ferrosilicium 0,008 0,038 0,030 20 Ferromangan 0,007 0,015 0,008 21 Ferrochrom 0,056 0,084 0,028 22 Stahl, hoch schwefelhaltig . 0,241 0,254 0,013 Bei Durchsicht der Tabelle ergiebt sich, dafs man für alle Eisensorten höhere Resultate erhält, wenn die Gase in einer Porzellanröhre zur Rothgluth erhitzt werden. Bemerkung. Das von mir zur quantitativen Bestimmung des Schwefels mit Erhitzen der Gase benutzte Verfahren ist in Frankreich unter dem Namen „Verfahren Rollet-Campredon" bekannt;* es gründet sich auf folgende Vorgänge: A. Entbindung des Schwefels in Form einer gas förmigen Verbindung durch Auflösung des Metalls mittels verdünnter Salzsäure, der eine kleine Quantität verdünnter Schwefelsäure zugesetzt ist. B. Durchleiten der mit Kohlensäure und Wasserstoff vermengten Gase durch eine zur Rothgluth er hitzten Porzellanröhre, um die gasförmigen Schwefelverbindungen, welche in anderer Form als Schwefelwasserstoff frei werden, den Weisun gen Rollets gemäfs in Schwefelwasserstoff zu verwandeln. C. Durchleiten der Gase durch eine Lösung von Zinkacetat, angesäuert mit Essigsäure, um den Schwefelwasserstoff in Schwefelzink umzubilden, welches in schwacher Essigsäure unlöslich ist. D. Titration des gebildeten Schwefelzinks vermittelst einer Normal - Jodlösung und einer Lösung von unterschwefligsaurem Natron, womit der Ueber- schufs von Jod zurücktitrirt wird. Das Ende der Reaction ist charakterisirt durch das Verschwinden der blauen Farbe der Lösung bei Gegenwart von Stärkekleister (hinzugefügt als Indicator). Bei einem Ueberschufs von Jod wird nach folgender Gleichung aus dem Zinksulphid Zinkjodid und freier Schwefel gebildet: ZnS+ 2J = ZnJ2 + S. * Das Verfahren ist angenommen worden von dem Laboratorium der „Ecole Nationale Superieure des Mines“ in Paris, ebenso von den Laboratorien mehrerer grofsen Metallhütten.