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Silberhaltiges Roheisen. 482 Stahl und Eisen. 15. Juni 1897. würden brotlos werden, wenn die Ausfuhr erheb lich litte, zumal sich unsere Bevölkerung im Reich um 500 000 Seelen jährlich vermehrt und die Landwirthschaft wesentlich mehr Leute, als bisher, nicht beschäftigen kann. Daher mufs sich der Bevölkerungszuwachs der Industrie zuwenden, deren Absatzgebiet man deshalb nicht beschränken darf, zumal bei einem Rückgänge der Industrie doch auch für die Landwirthschaft die Zahl kauf kräftiger Gonsumenten sich vermindern mufs. Auf ein vernünftiges Zusammengehen beider Productivstände wird es daher in der nächsten Zukunft um so mehr ankommen, als im Jahre 1903 die Mehrzahl unserer Handelsverträge ab gelaufen sein wird. Wir halten auch heute noch an der Noth wendigkeit einer Solidarität der Interessen aller Productivstände fest, eingedenk eines Wortes, das der Fürst Bismarck am 29. März 1894 an eine Düsseldorfer Abordnung gerichtet hat: „Die Einigkeit von Ost und West ist die Grundlage der neueren preufsischen Entwicklung gewesen. Sie haben in Düsseldorf die Industrie, den Handel und die Kunst; wir im Osten haben wenig mehr als den Ackerbau; aber wir dürfen uns durch diese verschiedenartigen wirthschaftlichen Inter essen nicht in unseren gemeinschaftlichen nationalen trennen lassen. Also auf dauernde Einigkeit aller productiven Stände!“ Auf dem Boden dieser Einigkeit stehen wir, wie gesagt, auch heute noch; aber Einigkeit kann doch nur bei gutem Willen von beiden Seiten bestehen, und diesen guten Willen vermissen wir bei den sich gelegentlich jeder Tarif- und Kanaldebatte auf die Industrie des Westens äufsernden Angriffen, die wir nicht provocirt haben. Die Industrie wird jeden versöhn lichen Schritt seitens des Ostens — und es fehlt nicht an Anzeichen, dafs die Geneigtheit dafür vor handen ist — mit Freuden begrüfsen und es ihrer seits nicht an einer vollkommenen Betheiligung der Interessensolidarität zwischen Industrie und Land wirthschaft fehlen lassen. (Lebhafter Beifall!) SiI berhaltiges Roheisen. Von A. Ledebur. Von einem mitteldeutschen Eisenwerk erhielt ich eine Probe der vom flüssigen Spiegeleisen abgeschöpften „Wanzen“. Ihre Untersuchung ergab nachstehende Zusammensetzung: Manganoxydul . . . Eisenoxydul . . . . Kieselsäure . . . . Phosphorsäure . . . Mangan Schwefel Zusammen . 79,77 % 5,98 „ 12,81 „ 0,00 „ 0,81 , 0,47 „ 99,84 %. Wie gewöhnlich, waren demnach die Gehalte an Mangan und Schwefel in diesen Ausscheidungen bedeutend gröfser als im Mutlereisen, welches 9,65 % Mangan und nur eine Spur Schwefel enthielt. Bei der Untersuchung aber zeigten sich einige eigenthümliche Erscheinungen. Leitete man in die salzsaure Lösung der in Rede stehenden Ausscheidungen Schwefelwasserstoff, so entstand ein schwarzbrauner Niederschlag. Die qualitative Prüfung ergab, dafs er weder Kupfer noch Antimon oder Arsen enthielt; die Reaction in der Phosphor salzperle wies dagegen deutlich auf Molybdän. In der Reductionsflamme enstand jedoch eine Trübung der Probe, die ich mir nicht zu deuten wufste, da ich die Anwesenheit von Silber für gänzlich ausgeschlossen hielt. Hr. Professor Dr. Kol heck hatte die Güte, den Schwefelwasserstoff niederschlag, nachdem er ihn ebenfalls vor dem Löthrohr geprüft und dabei die Ueberzeugung von der Anwesenheit von Silber gewonnen hatte, mit Blei anzusieden und abzutreiben, und er erhielt dabei ein Silberkörnchen, dessen Gewicht 0,03 % vom Gewicht der Wanzen betrug. Das Ergebnifs war sehr überraschend. Erstens, weil man bisher anzunehmen pflegte, dafs Silber vollständig unlöslich im Eisen sei. Es ist denkbar, dafs der anwesende Mangangehalt die Löslichkeit bewirkt habe. Zweitens, weil jener Niederschlag durch Schwefel wasserstoff, wie erwähnt, in salzsaurer Lösung erzeugt wurde. Die beim Lösen der Wanzen zurückgebliebene Kieselsäure wurde durch Be handeln mit Ammoniak auf zurückgebliebenes Chlorsilber geprüft, liefs aber keine Spur davon entdecken. Bekanntlich wird die Löslichkeit des Chlorsilbers in Salzsäure durch die Anwesenheit verschiedener Salze erhöht; hier war vornehmlich Manganchlorür zugegen, wie die oben mitgetheilte Zusammensetzung erweist, und es scheint dem nach, dafs dieses einen besonders kräftigen Ein- Hufs in dieser Beziehung ausübt. Drittens auch, weil das Silber als schwer oxydirbares Metall unmöglich infolge einer Oxydation ausgeschieden sein konnte. Auch die Ausscheidung als Schwefelmetall ist nicht denkbar; es bleibt nur die Annahme übrig, dafs das Mangan einfach die Aussaigerung des Silbers veranlafst habe. Es erschien nun wünschenswerth, nachzuweisen, welchen Silbergehalt das Muttereisen besitze. Zu diesem Zweck wurden 100 g davon in Salzsäure gelöst, in die Lösung wurde vor dem Filtriren Schwefelwasserstoff geleitet, worauf man filtrirte und mit Schwefelwasserstoffwasser auswusch, um