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15. Mai 1897. Bertrand - Thiel - J'rocefs. Stahl und Eisen. 403 ofen aufgestellt, mit flüssigem Roheisen beschickt, nach dem Vorblasen zum Herdofen gefahren und dort entleert wird, denn die Anlage- und Unterhaltungskosten, sowie die Löhne werden dadurch be deutend vermindert, dafs der Dampf zur Erzeugung der Druckluft am Hochofen billig zu beschaffen ist. Es ist aufserdem nicht ausgeschlossen, das Frischen in der Birne durch Einblasen von Erzpulver mit der Druckluft noch zu beschleunigen. Bereits vor mehreren Jahren hatte ich in diesem Sinne mit der Direction Witkowitz verhandelt, ohne indessen Beifall zu finden, und da mir Hr. L. Pszczolka, Krompach, vor kurzem mittheilte, dafs er unabhängig von meinem Vorschläge in der gleichen Richtung Versuche mit gutem Erfolge angestellt und die Absicht habe, das Verfahren in Krompach auszuführen, so haben wir gemeinschaftlich eine Vorfrischbirne entworfen und wird dieselbe in der nächsten Zeit dem Betriebe übergeben werden. Dieselbe ist transportabel eingerichtet, so dafs die Pfanne fortfällt, und unterscheidet sich im wesentlichen dadurch von einer gewöhnlichen Bessemerbirne, dafs sie trogförmig hergestellt wird, um die einfache Methode des seitlichen Blasens anwenden zu können, bei welcher eine gewisse Breite und Tiefe des Bades nicht überschritten werden darf. Diese Form würde wahrscheinlich für die Erzeugung von fertigem Flufseisen nicht geeignet sein, genügt aber zum Vorfrischen und gestattet für einen Inhalt bis zu 20 t noch die Herstellung einer transportablen Birne. Der seitliche Ansatz wird als Ein- und Ausgufs benutzt und gestattet das Entleeren in den Herdofen ohne Anwendung einer Abstichvorrichtung, so dafs bei der Ueberführung des flüssigen Metalls möglichst an Zeit und Wärme gespart wird. Die Versuche haben ergeben, dafs die Temperatur des Bades nach dem Vorfrischen genügt, um auch das Umfüllen in eine Pfanne zu gestatten, wenn dieses aber vermieden wird, so kann das Roheisen um so ärmer an Heizkörpern sein, und je wärmer es auf den Herd gelangt, um so eher ist das Fertigfrischen beendet. Es sind auch Verhältnisse denkbar, unter welchen die Ueberführung des vorgefrischten Roheisens vom Hochofen zum Herdofen in kaltem Zustande zweckmäfsig erscheint und kommt dann der Umstand dem Verfahren zu gute, dafs durch das Schmelzen auf dem Herde das Frischen sehr befördert wird, so dafs dieses dabei im ganzen kaum länger dauern wird, als beim Einsetzen in flüssigem Zustande. Infolge des höheren Ge haltes an Kohlenstoff schmilzt das Material leichter als Schmiedeschrott und bedarf demnach eines geringeren Zusatzes von Roheisen, so dafs jedenfalls die Dauer der einzelnen Hitzen nicht länger ist als bei dem höchst zulässigen Mafse von Schrott, dessen Schwierigkeit für das Einsetzen sowie hohen Verlust durch Abbrand das vorgefrischte Eisen nicht verursacht. Die Vorgänge dieses hier vorgeschlagenen Ver fahrens sind genügend bekannt, um erkennen zu lassen, dafs diese Erwägungen nicht rein theoretischer Natur sind, und es darf daher die Erwartung ausgesprochen werden, dafs der Herdofenschmelzerei durch dasselbe die Verwendung von Roheisen in gröfserem Mafse ermöglicht werden wird. Zu diesem Zweck mufs dasselbe gegenüber dem Erzverfahren Vortheile bieten, welche vor nehmlich darin liegen, dafs die Birne für das Frischen von Roheisen besser geeignet ist als der Herdofen, während dessen Haupteigenschaft, das Eisenbad auf hohe Temperatur zu bringen und die zur Stahlbereitung erforderlichen Zuschläge aufzunehmen, um so mehr ausgenutzt wird, je weniger Frischarbeit ihm zugemuthet wird. Es ist kein Grund für die Verbrennung einer besonders grofsen Menge von Eisen in der Birne vorhanden, denn diese kann nicht in erheblichem Mafse eintreten, so lange noch reichlich Kohlenstoff im Bade vorhanden ist, immerhin wird der Abbrand gröfser sein als im Herdofen, während dieser aufserdem den Zusatz von mehr Erz gestattet, aus welchem ein Theil des Eisens gewonnen wird, andererseits kann die sauere Birnenschlacke wieder verhüttet werden, zumal sie unmittelbar am Hochofen fällt, was wohl selten für die basische Herdofenschlacke zutreffen wird, und kommt hinzu, dafs das vorgefrischte Material auf dem Herd einen sehr geringen Abbrand an Eisen ergeben wird. (Beifall!) Vorsitzender: Nunmehr ertheile ich Hrn. Thiel das Wort: Der Bertrand - Thiel - Procefs. Hr. Thiel-K aiserslautern : M. H.! Es ist eine bekannte Thatsache, dafs dem Martinprocefs bei der Verwendung eines hohen Procentsatzes an Roheisen der Nachtheil erwächst, dafs die Dauer der einzelnen Chargen infolge des langen Frischens sich sehr bedeutend steigert. Dadurch tritt Erzeugungsverminderung ein, erhöht sich der Brennstoffaufwand und wird ferner auch die Haltbarkeit der Oefen, besonders der Ofenherde, beeinträchtigt. Durch reichlichen Zusatz von Erzen wird das Frischen wohl gefördert, jedoch mufs andererseits dementsprechend der Kalkzuschlag erhöht werden, um die Verunreinigungen, die die Erze mit sich führen, zu verschlacken und die nöthige Basicität der Schlacke herbeizuführen, wodurch die beschleunigende Wirkung stark reducirt wird. Diese Uebelstände treten besonders zu Tage bei der Verarbeitung eines silicium- und phosphorreichen Roheisens, da hier durch den nöthigen hohen Kalkzuschlag sehr grofse Schlackenmengen gebildet werden, die der ganzen Schmelz- und Frischarbeit ungemein hinderlich sind, so dafs man z. B. mit einem 15-t-Ofen bei einem Roheiseneinsalze von 80 bis 90 % mit einem Phosphorgehalt von 1 % im besten Falle durchschnittlich 2 Chargen bei einem Ausbringen von höchstens 12 t erzeugen kann.