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15. Mai 1897. Bessemerprocefs^ Stahl und Eisen. 393 Gupolöfen in entsprechender Höhe hinter den Convertern geblieben. Die Giefsgrube, welche gewöhnlich etwa 1 m unter Flur liegt, wird durch 2 bis 3 Blockkrähne bedient und sind die sonstigen Ein richtungen mehr oder weniger noch die anfänglichen. Etwas abweichend von den alten Anordnungen und Einrichtungen ist das Bessemerwerk zu. Ougree in Belgien. Die daselbst vorhandenen 4 Converter zu je 8 t liegen in einer Reihe und wird - anstatt der Centralgiefskrähne ein fahrbarer Giefskrahn benutzt und das Flufseisen in einer langen Giefsgrube vergossen. Auf einem der Bochumer Werke wird die fertig geblasene Charge in die im Centraikrahn hängende Giefspfanne entleert, dieser giebt die gefüllte Pfanne an einen Giefswagen ab, welcher mittels Schleppzug zu der seitlich von den Convertern befindlichen, langen Giefsgrube gebracht wird, woselbst man das Flufseisen vorgiefst. Alle Krähne, Aufzüge und die Converterwendevorrichtungen werden gewöhnlich hydraulisch bewegt und beträgt der zur Anwendung kommende Wasserdruck meist 20 bis 30 Atmosphären. Die Betriebsweise der europäischen Bessemerwerke ist noch dieselbe wie vor 15 bis 20 Jahren. Das Eisen wird entweder vom Hochofen flüssig in die Converter gebracht oder in Gupolöfen um geschmolzen. Zu diesen beiden Methoden hat sich seit einigen Jahren der Mischerbetrieb gesellt, welcher überall da mit Vorlheil angewandt wird, wo eine genügende Anzahl Hochöfen vorhanden ist und möglichst viel flüssiges Eisen durch den Mischer gebracht werden kann. Die Blasedauer der Chargen, welche wesentlich von dem Silicium- und Mangangehalt des Roheisens abhängt, beträgt in Schweden etwa 7 bis 12 Minuten und in den übrigeni europäischen Bessemerwerken im Mittel etwa 15 bis 20 Minuten, bei einem Winddruck von etwa 1,4 bis 1,8 kg a. d. Quadratcentimeter. Steht genügend Roheisen zur Verfügung, dann werden je nach Blasedauer in den europäischen Werken etwa 40 bis 60 Chargen in 24 Stunden mit einem Gonverterpaare ge macht. In Schweden wird fast ausschliefslich direct, also ohne Rückkohlung gearbeitet, während in den übrigen europäischen Bessemerwerken wohl allgemein mit Spiegeleisen oder Ferromangan rück gekohlt wird. Zur Erzielung dichter Blöcke setzt man dem Flufseisen Ferrosilicium und Aluminium zu und sind die vielen hierzu in Vorschlag gebrachten mechanischen Hülfsmittel, wie Pressen der Blöcke in den Goquillen so lange das Material noch flüssig ist u. s. w., wohl nirgend in Anwendung. In der Auskleidung der Converter hat sich nichts geändert, sie wird meist gemauert, selten noch gestampft und hält etwa 500 bis 1000 Chargen. Auf einigen belgischen Werken will man eine Haltbarkeit von 3- bis 4000 Chargen erzielt haben. Die Converterböden werden wie seither meist gestampft, selten gemauert, in besonderen Oefen getrocknet, mittels Krahn oder transportabelen hydraulischen Hebetisch ausgewechselt und halten etwa 15 bis 50 Chargen. Die Giefspfannen werden ebenfalls in bekannter Weise hergerichtet, also theils gestampft, theils gemauert und halten bis zu 50 Chargen. Aus den Mittheilungen und den Tabellen des Hrn. Schrödter geht hervor, dafs in Nordamerika der Bessemerprocefs sich am mächtigsten entfaltet hat. Die zahlreichen Hülfsquellen des Landes, — ich erinnere nur an das natürliche Gasvorkommen—, die reichen Erze, die leicht zu gewinnenden Kohlen, der jahrzehntelang kaum zu deckende Bedarf im Eisen, sowie der kühne Unternehmungsgeist des praktischen Amerikaners waren die treibenden Factoren, welche Nordamerika in so kurzer Zeit an die Spitze der eisenerzeugenden Länder brachte. Charakteristisch für den amerikanischen Bessemerbetrieb ist die rasche Aufeinanderfolge der Chargen und der geringe Siliciumgehalt im Eisen. Dieser sinkt auf einigen Werken oft unter 1 % und ermöglicht es, die Chargen in etwa 8 bis 14 Minuten fertig zu blasen. Das Roheisen enthält im Durchschnitt 3,3 bis 3,7 % Kohlenstoff, 0,50 bis 1,00% Mangan, 0,06 bis 0,08 % Phosphor, 0,05 bis 0,08 % Schwefel und je nach der Arbeitsweise und Leistungs fähigkeit der Werke 0,60 bis 2,50 % Silicium. Dasselbe wird in Gupolöfen um geschmolzen, sofern nicht direct convertirt, oder der Mischerbetrieb angewandt wird. Früher liefs man das umgeschmolzene Eisen durch Rinnen direct in die Converter laufen, in neuerer Zeit wird dasselbe meist in Pfannen abgestofsen, gewogen und dann in die Converter gebracht. Zur Rückkohlung wird Spiegeleisen, welches man in Gupolöfen umschmilzt, und Ferromangan benutzt. Der Fassungsraum der gewöhnlich symmetrisch geformten Converter beträgt bei den grofsen Schienenwerken mit einer Monatsproduction von 30- bis 35 000 t Schienen meist 10 bis 20 t, und bei den Werken, welche weiches Material herstellen, 5 bis 12 t. Die wohl allgemein in Gebrauch befindlichen Holleyschen Losböden werden in einem besonderen Raum gestampft und getrocknet und durch einen Krahn oder Hebetisch in sehr kurzer Zeit, oft nur 5 Minuten, ausgewechselt, so dafs eine Unterbrechung in der stetigen Aufeinanderfolge der Chargen, auch bei nur einem Converterpaare, nicht eintritt. * „Stahl und Eisen“ 1890, S. 1022.