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Thomasproce/s. 15. Mai 1897. über 90 % des Gesammtquantums an Eisenerzen — die heute in Deutschland gefördert werden — nicht imstande sind, ein Roheisen zu erzeugen, das sich für das Bessemerverfahren eignet, und dafs allein 2ls des Gesammt-Erzbedarfs der heutigen Roheisenerzeugung aus dem Gebiet Luxemburg und Lothringen herrühren, welches Roheisen nur für das Thomasverfahren geeignet ist. — Es hiefse den Eindruck, den diese Arbeit des Hrn. Schrödter überall hervorgerufen hat, abschwächen, wollte ich auf den Inhalt derselben hier weiter eingehen. Ich wende mich daher zu den anderen Gründen, die vor allen Dingen in Deutschland die rasche Weiterentwicklung des Verfahrens gefördert haben, und zwar finde ich den zweiten Hauptgrund in der Möglichkeit, ein Material zu erzeugen, wie man es bis dahin nicht erzeugen konnte — und demnach die Möglichkeit, sich für Flufseisen Gebiete zu erschliefsen, die ihm bis dahin unzugänglich waren. — Uns Allen ist bekannt, in welch rascher Aufeinanderfolge Thomasflufseisen sich an Stelle des Schweifseisens setzte, auf dem Draltmarkte, auf dem Formeisenmarkte und demnach auf dem Stabeisenmarkte; — wie schnell es Fufs fafste auf dem Fein- und Grobblechmarkte — und daneben als härteres Material auf dem Gebiet des eisernen Oberbaues — als Schwellen, Laschen, Unterlags platten, Schienen u. a. mehr. — Die bezüglichen Tabellen des Hrn. Schrödter geben darüber näheren Aufschlufs. Schritt für Schritt mit der Nothwendigkeit, sich neue Gebiete zu erobern, hielt der Procefs in Bezug auf die Vervollkommnung der Qualität. Die Schwierigkeiten, den Procefs in regelrechter Weise bis zu der gewünschten Qualität zu führen, waren anfangs sehr grofs — wohl gröfser als bei Schweifseisen und dem damals noch nicht so hoch entwickelten Martineisen - Procefs — und darf ich auch wohl sagen bedeutend gröfser als beim Bessemerprocefs, — wegen der ungleich gröfseren Auswahl in Erzen und demgemäfs an Roheisen verschiedenster Art. Diese Fürsorge für die Qualität erstreckte sich auf zwei Gebiete, die des chemischen und des mechanischen Prüfungswesens. Insbesondere ist auf ersterem Gebiete Hervorragendes geleistet worden in Bezug auf Controle des Processes, sowohl was die Rohmaterialien — Roheisen, Kalk, Dolomit Kohlen u. s. w. — anbelangt, als auch die Fertigfabricate. Neben der besseren Einrichtung der betreffenden Laboratorien, der Beschaffung gröfser Personal bestände in denselben, sind es besonders die Schnellmethoden, die entwickelt worden sind zur Bewältigung gröfser Massen von Untersuchungen — wie man sie früher wohl kaum für möglich gehalten hatte. Wohl kein Thomaswerk giebt es heute, in welchem nicht alle Rohmaterialien vor Verbrauch untersucht werden und welches seine fertigen Producte versendet, bevor deren chemische Bestandtheile bekannt wären. Das bedingt gewaltige Massen von Untersuchungen im Laboratorium, die nur zu bewältigen sind durch eine grofse Anzahl von Leuten, gute Einrichtungen für Massen betrieb und durch gute Schnellmethoden. So wurden in einem Laboratorium eines gröfseren Thomaswerkes, in derZeit vom l.Juli 1896 bis 1. Januar 1897, bei 133 000 t (8351 Sätze) Erzeugung durch 3 Chemiker, 6 Gehülfen und 7 Hülfsarbeiter für Entnahme von Proben, Zerkleinerung derselben u. s. w. — zusammen-16 Mann — 59 076 Proben chemisch bestimmt. Das entspricht einem Durchschnitt von rund 00 Untersuchungen f. d. Tag. Darunter befanden sich: 170 Mangan-, 70 Schwefel-, 90 Phosphor- und 70 diverse andere Bestimmungen, wie Kohlenstoff, Phosphorsäure, Aschen und dergl. — Dafs, um solche Massen zu bewältigen, zunächst im Laboratorium neben dem nothwendigen Raume die Apparate für jeden einzelnen Körper batterieweise aufgestellt sein müssen und in Bezug auf Gefäfse, Wiegevorrichtung u. s. w. die gröfste Ordnung herrschen mufs, dazu zur Vorbereitung der Proben Alles in mechanisch betriebenen Vorrichtungen vorhanden sein mufs, ist selbstverständlich. In dem erwähnten Laboratorium besteht zu diesem Zwecke eine eigene Locomobile für Abdampfvorrichtungen und mechanischen Betrieb der Zerkleinerungsapparate. Vor allen Dingen aber müssen die Untersuchungsmethoden Vereinfachungen erfahren, die gestatteten, in bedeutend kürzerer Zeit und mit weniger Arbeitsaufwand genügend genaue Resultate zu geben, als dieses früher der Fall war. Das war zu erreichen, wenn anstatt der gewichts analytischen Methode mafsanalytische eingeführt werden konnten, und heute wird von letzteren Methoden der ausgiebigste Gebrauch gemacht. P, S, Pg05, G u. s. w. werden mafsanalytisch bestimmt — und so kommt es, dafs beispielsweise in dem angezogenen Laboratorium alle vorhin genannten 400 Bestimmungen an einem Tage in nachfolgenden Zeitabschnitten — jedesmal vom Einbringen der Probe ab bis zur Abgabe der Zahlenresultate gerechnet — fertiggestellt werden: Mangan in Roheisen 41/2 Stunden, in Stahl 3 Stunden; Schwefel in Roheisen 12, in Stahl 10 Stunden; Phosphor in Roheisen 5, in Stahl 4 Stunden; Kohlenstoff in Roheisen 6 Stunden, in Stahl 45 Minuten; Silicium 20 Stunden, P2O5 in 3 Stunden; Asche in 5 Stunden u. s. w. — Woraus ferner die praktische Nutzanwendung folgt, dafs kein Material die Hütte zu verlassen braucht, ohne dafs dessen chemische Zusammensetzung bekannt sei. Will man eine der vorgenannten Unter suchungen für einen Specialfall besonders rasch haben, so ist eine Feststellung des Mangans in Stahl