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ist, desto weniger der betreffende Gegenstand er wärmt wird. Wir können das Ende einer Stahl stange, dessen entgegengesetztes Ende wir in der Hand haben, verbrennen ohne Schaden für unsere Hand, vorausgesetzt, dafs die Stange lang genug ist. Das Fortpflanzungsvermögen der Wärme in Metall hat aber eine Grenze. Uebertragen wir dieses gemeinfafsliche Beispiel auf eine Feuerkiste, so ist es selbstverständlich, dafs, je dicker das Blech, desto geringer das Wärmefortpflanzungs vermögen des Metalles an der Wasserseite, desto gröfser aber die nothwendige Hitze, um das Wasser in Dampf zu verwandeln, desto gröfser ferner die Spannungen im Metall infolge der un gleichen Wärmevertheilung in den verschiedenen Schichten und desto gröfser endlich die Gefahr der Ueberhitzung und schnelleren Desintegration des Metalles an der Feuerseite der Bleche und als ganz natürliche Folge desto unökonomischer die Verwendung von Flufseisen für Feuerkisten. Die Erfahrung hat unwiderleglich gelehrt, dafs 10 mm dicke Flufseisenplatten für Feuerkisten zu dick sind und man ging daher, wie schon bemerkt, immer wieder auf 8,7 und 6 mm zurück. Warum man daher, nach all meinen diesbezüglichen Er klärungen und Ermahnungen, nachdem viele unserer Locomotivkesselzeichnungen nach Deutsch land gewandert sind, nachdem sich Regierungs baumeister, Bauräthe u. s. w. in unseren Werk stätten und auf den amerikanischen Bahnen von dem praktischen Werth von dünnen Flufseisen- blechen für Feuerkisten durch eigene Anschauung und eigenes Messen überzeugt haben, dennoch das Unmögliche möglich zu machen suchte und gegen alle Erfahrung und Naturgesetz dennoch solche Dickhäuter verwandte und damit wirth- schaftlich praktische Resultate zu erzielen hoffte, ist mir unbegreiflich. Im Gegentheil dazu denkt man bei uns daran, noch von 8 mm auf 7 mm zurückzugehen. Der Dampfdruck auf deutschen Locomotiven ist doch gewifs nicht gröfser als bei uns, nämlich 180 bis 190 Pfund a. d. Quadratzoll (= 12,6 bis 13,3 kg/qcm). In all den verschiedenen Klassen von Locomotiven an der Pennsylvania-Bahn ist nur ein Blech, das sogenannte „Front Tube Sheet“, des eigentlichen Kessels 12 mm dick. Alle anderen Abmessungen bewegen sich zwischen 6 und 11 mm. Un geschminkte, vergleichende Kritik mufs daher angesichts all dieser unwiderlegbaren Thatsachen und Erfahrungen die Anwendung von dickeren, flufseisernen Blechen für irgend einen Theil eines Locomotivkessels als fehlerhaft und unwirthschaft- lich bezeichnen. Bezüglich des zweiten Punktes, galvanische Wirkung betreffend, so kann man selbe durch den Gebrauch von schweifseisernen oder flufseisernen Siederöhren vermeiden, auch dadurch, dafs man die Entfernung zwischen den untersten Siederöhren und dem Boden des Rundkessels gröfser macht. V.17 Um allenfallsige schädliche Einwirkungen des Speisewassers zu neutralisiren, gebrauche man Zinkspäne oder passende Chemicalien. Praktische Versuche an Ort und Stelle in dieser Richtung müssen sich den jeweiligen Bedürfnissen anschmiegen. Das mir zugesandte Stück aus dem Boden eines Rundkessels, das durch säurehaltiges Speise wasser oder galvanische Einwirkung angefressen war, war nach dem Abhobeln aller Vertiefungen immer noch stärker, bezw. dicker als unsere derartigen Bleche, wenn sie neu eingesetzt werden. Was die Eigenschaften des zu verwendenden Flufseisens anbetrifft, so sollte dasselbe nicht zu weich sein, um bei den anzuwendenden geringen Dicken ein gewisse Steifheit zu behalten. Ist das Metall zu weich, dann müssen die Stehbolzen zu nahe gesetzt werden, was wiederum die Elasticität des Kessels beeinträchtigt. Das Ideal eines Kessels ist ein solches ohne Stehbolzen, in welchem sich das Metall ungehindert ausdehnen und zusammen ziehen kann. Ein Flufseisen mit einer Mindestzugfestigkeit von = 38 kg/qmm und 25 oder 26 % Dehnung in 200 mm Länge bis zu einer Zugfestigkeit von 46 kg/qmm und 21 oder 22 % Dehnung scheint sich am besten zu bewähren. Die Elasticität und Zugfestigkeit durch Kaltwalzen in die Höhe zu treiben, ist nicht rathsam, weil die anhaltende Wärme diesen künstlich erzeugten Vortheil wieder zerstört. Verglichen mit diesen Anforderungen, entsprachen die physikalischen Eigenschaften des mir gesandten, aus dem Boden eines Rundkessels ausgeschnittenen Stückes nicht allein den Lieferungs bedingungen der Pennsylvania-Bahn und anderer Bahnen, sondern auch meinen persönlichen Er wartungen, welcheich, durch 15jährige Erfahrung belehrt, an ein gutes, für Locomotivkessel be stimmtes Material stelle. Die Streckgrenze war 20,9 kg/qmm, die Bruchgrenze 39,1 kg/qmm und die Dehnung 24,5 %. Vor dem Probiren liefs ich das Probestück abschleifen und poliren, um die Bewegungen des Metalls unter Zug besser beobachten zu können, und fand auch in dieser Beziehung das Metall sehr gut. Im Laufe der Jahre lernte ich, dafs diese Methode mir einen guten, freilich mathe matisch nicht mefsbaren, Fingerzeig über die Beschaffenheit des Gefüges und den Einflufs von Zugkräften auf dasselbe gab. Namentlich zu Ver gleichen zwischen altem und neuem Material ver schiedener Fabricate fand ich diese Methode des öfteren sehr nützlich. Die Analyse des mir zugesandten Stückes Kesselblech ergab folgendes Resultat: Kohle 0,155 Mangan 0,35 Phosphor 0,053 Schwefel 0,077 Silicium 0,002 2