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1. Januar 1897. Fortschritte in der Kolcsfabrication. Stahl und Eisen. 17 ein dichterer Koks erhalten würde, und dafs eine dicht liegende Kohle der bei sehr gasreicher Kohle eintretenden Auflockerung, welche durch die stürmische Gasentwicklung hervorgerufen würde, entgegenwirke. Ohne Zweifel würde in vielen Fällen derselbe Zweck auch durch Anwendung von Druck oder durch mäfsigeres Beheizen der Ofenwände während des Beginnes der Verkokung erreicht werden, und nur dort, wo diese Mittel nicht anzuwenden sind, mag ein gewisser Wasser gehalt am Platze sein. Die Nachtheile, die ein Wassergehalt hat, sind sehr erhebliche. Die zum Verdampfen des in den Koksofen gelangten Wassers erforderlichen Wärmemengen gehen für den Ofen- procefs selbst verloren. Sie können einen sehr erheblichen Umfang annehmen, wovon man sich leicht überzeugen kann, • wenn man in Betracht zieht, dafs bei einer Batterie von 60 Oefen, die täglich 30 Doppellader Kohle verarbeitet, ’ das täglich zu verdampfende Wasserquantum 45 cbm beträgt, wenn der Feuchtigkeitsgehalt 15 % aus macht. Auf die Nachtheile, die bei nasser Kohle dadurch entstehen, dafs der Heizwerth der Abgase herabgesetzt wird, mufs hier auch noch hingewiesen werden. Der häufig geäufserten Ansicht, es sei bei Koksöfen, welche mit Einrichtungen zur Ge winnung der Nebenerzeugnisse versehen seien, erforderlich, stets auf einen gewissen Feuchtigkeits gehalt der Kohlen zu achten, um zu verhindern, dafs wegen des maschinell stattfindenden Absaugens der Gase Kohle mitgerissen werde, welche dann die Leitungen verstopfe, mufs entgegengetreten werden. Es wird die Kraft des Ansaugens in allen Fällen so regulirt, dafs die Wirkung des Exhaustors der Expansivkraft der den Ofen ver lassenden Gase das Gleichgewicht hält. Ein in den Ofen gebrachtes Manometer soll also keinen Druck, aber auch keine Depression zeigen. Unter diesen Umständen kann von einem Mitgerissen werden natürlich keine Rede sein. Hinsichtlich der wissenschaftlichen Untersuchung der Erzeugnisse des Koksofens, sowohl der festen und flüssigen als der gasförmigen, ist in den letzten Jahren, wie die Leser von „Stahl und Eisen“ wissen, Mancherlei geschehen. Die Structurverhältnisse des Koks, das specifische Gewicht, die verschiedene Wirksamkeit im Hochofen, die Angreifbarkeit durch Kohlensäure und andere Gase sind Gegen stand eingehender Untersuchungen geworden und sind auch mancherlei wichtige Aufschlüsse ge macht. Weniger trifft dies zu für die Unter suchung der gasförmigen Producte und deren Entstehung, obwohl die genaue Kenntnifs derselben im Interesse der Gewinnung der Nebenproducte von der gröfsten Tragweite wäre. Die Bedingungen, unter denen die Theer, Ammoniak und Benzol enthaltenden Gase entstehen, sind noch nicht ge nügend erforscht. Vorläufig mufs man sich mit Hypothesen begnügen. Jedenfalls haben die Er fahrungen der letzten Jahre dargethan, dafs eine 1.17 zur Anwendung gebrachte hohe Verkokungs- temperatur wenn auch weniger, so doch werth- volleren Theer liefert, und dafs dieselbe ebenso einer vermehrten Ammoniakausbeute günstig ist. Die von den Koksöfen abziehenden Verbren nungserzeugnisse finden bekanntlich und nament lich hei den Oefen, welche nicht mit Einrichtungen zur Gewinnung der Nebenerzeugnisse eingerichtet sind, eine sehr vortheilhafte Verwendung zur Dampferzeugung. Alt ist diese Verwendungsart noch nicht und stammt etwa aus dem Jahre 1850. Es mag hier nicht unerwähnt bleiben, dafs noch heutigen Tages eine Reihe von Koksöfen im Ruhr gebiet vorhanden sind, die weder mit Einrichtungen zur Ausnutzung der Abhitze, noch mit solchen zur Gewinnung der Nebenerzeugnisse versehen sind. Während man früher auf 1 kg in den Ofen eingesetzte Kokskohle 1 kg Wasserverdampfung rechnete, ist bei sorgfältigem Betriebe dieses Ver- hältnifs viel höher zu bringen. Durch richtige Behandlung der Oefen läfst sich der Werth der Abhitze steigern. Eine hohe Wasserverdampfung darf aber niemals auf einen Abbrand des Koks im Ofen zurückzuführen sein. In der ersten Zeit der Einführung der Ge winnung der Nebenerzeugnisse wurde die Frage vielfach erörtert, ob es zweckmäfsiger sei, die Nebenerzeugnisse zu gewinnen, oder mit Verzicht leistung auf diese nur die Abhitze zur Wasser verdampfung in Dampfkesseln heranzuziehen. In der That bot das letztere in vielen Fällen erheb liche Vortheile, namentlich dort, wo, wie auf den meisten Zechen, ein grofses Bedürfnifs nach Dampf herrschte. Derartige Anlagen erforderten fast fünfmal weniger Kosten, man hatte keine Sorge, die Nebenerzeugnisse unterzubringen, eine Ver schlechterung der Beschaffenheit des Koks, die hier und da befürchtet wurde, war ausgeschlossen und man brauchte kein geschultes Personal, was bei der Gewinnung der Nebenerzeugnisse doch immerhin erforderlich ist. Zudem tritt eine sehr günstige Verzinsung des angelegten Kapitals ein. Es geht dies aus der Betrachtung hervor, dafs bei einer angenommenen Verdampfung von z. B. 1,5 kg Wasser auf 1 kg eingesetzte Kohle, die in vielen Fällen noch überschritten wird, bei einer Batterie von 60 Oefen mit einem täglichen Ver brauch von 25 Doppelladern Kohle täglich 375 cbm Wasser zur Verdampfung gelangen, für welche bei Anwendung von Stochkohlen und Annahme einer 7 fachen Verdampfung täglich etwa 400 •0 oder im Jahre über 140 000 •6 auszugeben wären, jetzt aber erspart werden. Die Beurtheilung der Frage: Soll Abhitzebenutzung oder soll Gewinnung der Nebenerzeugnisse gewählt werden? kann nun, wie die neuesten Fortschritte darthun, nur noch viel seltener Gegenstand einer Erörterung sein, da man gelernt hat, unbeschadet der Gewinnung der Nebenerzeugnisse eine Wasserverdampfung zu 3