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Das Fahrrad und seine Fabrieation. /Nachdruck verboten. (Ges. v. 11. Juni 1870./ Unter „Fahrrad“ versteht man heutzutage ein Vehikel, welches durch Treten in Bewegung gesetzt wird. Als solches stammt dasselbe aus Nürnberg, wo von Hans Kautsch im Jahre 1649, einer Nürnberger Chronik nach, ein Kunst wagen gebaut wurde, mit welchem eine Person imstande war, in einer Minute 2000 Schritt (?) weit zu fahren. Kurze Zeit darauf baute ein Uhrmacher, Stephan Farfler, ebenfalls zu Nürnberg, einen ähn lichen, vierrädrigen Kunstwagen, und bald darauf ein Dreirad. Auch in Frankreich hat man sich schon früh mit dieser Auf gabe beschäftigt; im Jahre 1690 baute sich ein Pariser Arzt sogar eine durch eine Person zu be wegende Karosse. Inwieweit diese Karosse mit den Nürnberger Kunst wagen, welche etwa 30 bis 40 Jahre vorher entstanden waren, Fig. 1. zusammenhängt, ist wohl nicht mehr zu constatiren. Einen erheblichen Fortschritt auf diesem Gebiet haben wir dem Badischen Forst So ähnlich indessen für das Auge das Zweirad dem Dreirad ist; so wesentlich verschieden ist die mechanische Grundlage. Auf dem Dreirad kann jeder sofort fahren. Dasselbe ist stets stabil und in dieser Eigenschaft von der Geschwindigkeit nahezu unabhängig. Ja, das Fahren wird mit dem Dreirad um so schwieriger und gefährlicher, je schneller man fährt. Das Zweirad hingegen erhält seine Stabilität erst durch die ihm ertheilte Geschwindigkeit und vermehrt sie mit der letzteren. Es darf wohl kaum angenommen werden, dafs der Erbauer des ersten Zweirads sich der Gesetze der „festen Achse“ der röhrenden Körper bewufst gewesen ist. Das Vierrad und das Dreirad sind also erfunden, d.h. im Be- wufstsein ihrer vorherzusehenden Eigenschaften vom Erfinder er dacht bezw. gebaut. Das Zweirad ist gefunden und entwickelte Eigenschaften, die wohl kaum beabsichtigt gewesen sind. Und hier dürfte eine Berechtigung zu der Rennrad. meister Freiherrn Carl von Drais zu verdanken, Parallele zwischen Pumpe und Injector zu finden welcher im Jahre 1815 auf dem Wiener Congrefs sein. Die Eigenschaften einer Pumpe gewöhn seine „Laufmaschine“ vorführte, die allerdings von den Händen durch Hebel in Bewegung ge- licher Gonstruction konnten vorhergesehen werden, während beim Injector die Vermuthung sehr nahe setzt wurde. Das Fahrzeug wurde nach seinem liegt, dafs Giffart, falls er der erste Erbauer dieses Erfinder „Draisine“ genannt, welche Bezeichnung also trotz ihrer Schreibweise als eine Deut sche gelten mufs. Bald nach der Einführung der Eisenbahnen wurde das Fahrzeug für den Betrieb auf Schienen umgebaut und thut in dieser Form und unter diesem Namen heute noch seine Dienste. Die eigentliche Erfindung des heutigen Fahrrads stammt in dessen aus dem Anfang der fünf ziger Jahre, wo der im Jahre 1812 eigenartigen Apparates war, ein fach den Strahl-Exhaustor zum Kesselspeisen benutzen wollte, und dem Irrthum anheimgefallen war, es sei möglich, einen Strahl com- primirten Gases, welches einem Behälter entströmt, zu benutzen, um Wasser in denselben Behälter hineinzuspritzen. Denn wir wer den kaum annehmen können, dafs damals schon klar war, — der Injector stammt etwa aus dem An fang der fünfziger Jahre —, dafs geborene Instrumentenmacher Philipp Moritz Fischer zu Schweinfurt das erste Zweirad mit der Versuch nur mit Dampf gelingen kann, dessen latente Wärme sich in Arbeit umsetzt, welche Trittkurbeln, am Vorderrad, also ohne Kette, erbaute, und zwar bereits so vollkommen, dafs er es zu seinen Geschäftsreisen benutzte. Zwischen dem Zweirad und dem Drei- bezw. Vierrad ist nämlich ein wesentlicher Unterschied in Bezug auf den Erfindergedanken. Das erstere verhält sich zu dem letzteren etwa wie der Injector zur Pumpe. — Der Gedanke, ein Fahrzeug vom Fahrenden selbst treiben zu lassen, liegt recht nahe und der Werth weniger in diesem Gedanken als in der ersten Ausführung. dem Strahl Wasser die nöthige Geschwindigkeit ertheilt. Der Injector mit seiner nicht vorher gesehenen Eigenschaft ist also gefunden, wie das Zweirad, und nicht zielbewufst erfunden. Vielleicht aber wird das Rennrad (Fig. 1) den Anfang ge bildet haben. Der Apparat wurde rittlings mit den Füfsen vom Boden aus getrieben, ähnlich, wie der nach gleichen Principien verwendete Rennwolf, — ein geschobener Schlitten —, und diente, in scharfen Gang gesetzt, wohl zum zeitweiligen freien Tragen des Treibers. Es kann