Volltext Seite (XML)
768 Stahl und Eisen. Vom VII. internationalen Schiffahrtscongre/s. 15. August 1898. für Instandhaltung, Ausbesserung u. s. w. der Wasserstrafsen, 321913 000 Fres, für Bauten, Ankäufe u. s. w., in Summa also 440 858 000 Fres. In dem erstgenannten Betrage sind die Ausgaben für Besoldungen d. h. Verwaltung und Gontrole nicht miteinbegriffen. Rechnet man die Ausgaben für letztere Zwecke zusammen, so ergiebt sich etwa 1/3 des Betrages, welcher sich auf Unter haltung und Ausbesserung der Wasserstrafsen bezieht, so dafs man die Kosten für Verwaltung und Instandhaltung insgesammt auf 150 Millionen Fres, schätzen kann. Die Einnahmen haben in dem Zeitraum von 1830 bis 1890 rund 142 Millionen Fres, betragen, so dafs man also die Ausgaben für Bauten, Ankäufe u. s. w. ä fonds perdu gemacht hat. Ihre Amortisation erscheint um so weniger wahrscheinlich, als die Schiffahrts abgaben immer mehr herabgesetzt wurden und nach dem mustergültigen Vorgänge Frankreichs die volle Aufhebung derselben in naher Aussicht steht. Trotzdem — und das ist gegenüber unsern gegen wärtig in Preufsen herrschenden Anschauungen aufserordentlich charakteristisch — findet man diese Thatsache in Belgien ganz natürlich, und sehr bezeichnend sagt in Bezug hierauf im Guide- Programm A. Dufourny, Ingenieur en chef, Direc- teur des ponts et chaussees: „Man darf nicht vergessen, dafs die Ausgaben für die Instand haltung der Wasserstrafsen nur zu einem Theil die Schiffahrt betreffen und dafs sie zu einem guten Theil von Correctionsarbeiten herrühren, welche durch die Entwässerung und Auftrocknung der durchflossenen Landstriche verursacht waren. Es folgt daraus, dafs, selbst wenn die Schiffahrt gleich Null wäre, die bestehenden Wasserstrafsen dennoch einen grofsen Theil der Summen auf saugen würden, welche das jährliche Budget für die Instandhaltung bilden.“ Das sind vortreffliche Worte, die ohne weiteres auch auf unsere Ströme, den Rhein, die Oder, die Elbe, die Weichsel u. s. w. zutreffen, und die uns um so mehr zu denken geben, als sich Belgien aufserordentlich niedriger Eisenbahnfrachtsätze erfreut. Der Congrefs war aufserordentlich zahlreich besucht. Von auswärtigen Regierungen hatten Deutschland, Oesterreich, Dänemark, Spanien, die Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, Grofsbritannien, Ungarn, Italien, Norwegen, die Niederlande, Portugal, Rumänien, Rufsland, Schweden, die Schweiz, die europäische Donau commission , der Congostaat und sogar Monaco Vertreter gesandt. Aufserdem waren zahlreiche Körperschaften aller Länder der Erde durch Ab gesandte vertreten, aus Rheinland-Westfalen fast alle Handelskammern, der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirthschaftlichen Interessen und die Nordwestliche Gruppe des Vereins deutscher Eisen- und Stahlindustrieller. Den schon am 24. Juli in grofser Zahl eingetroffenen Theil nehmern wurde von der „Belgischen Gesellschaft der Ingenieure und Industriellen“ ein gastlicher Willkomm in dem eigenen Heim dargeboten, das, an der Montagne de la Cour gelegen, den Namen „Ravenstein“ führt und einen alten Schlofsbau darstellt, der namentlich durch seinen Innenhof aufserordentlich anziehend wirkt. Hier wurden schon beim Willkommtrunk drei Reden gehalten, von denen die belgischen „die Arbeiter im Hause der Arbeit“ begrüfsten, während die deutsche, geschickt an das Wort „On revient toujours ä ses premiers amours“ anknüpfend, Brüssel als die Stadt feierte, wo der internationale Schiffahrts - Congrefs entstanden und wohin nun die Theilnehmer in doppelter und dreifacher Zahl gern zurückkehren. Im Congrefssaale des Palais des Academies wurde sodann am 25. Juli Vormittags 9 Uhr der Congrefs mit einer Sitzung eröffnet, die nach jeder Richtung eine glänzende genannt zu werden verdient. Im Namen des Königs der Belgier und der belgischen Staats regierung hiefs der Minister für öffentliche Arbeiten und Landwirthschaft De Bruyn den Congrefs in dem Lande willkommen, das für die Bedürfnisse der Wasserwirthschaft stets ein offenes Auge gehabt habe, und versicherte den Congrefs der Sympathien des ganzen Landes. Darauf sprach der Präsident des Congresses, Heileputte, Ehren - Ingenieur des ponts et chaussees, Professor an der Universität Löwen, in einer vielleicht etwas gar zu ausgedehnten Rede über die Aufgaben des Wasserbaues und hiefs sodann die Betheiligten in vier Sprachen (französisch, deutsch, holländisch und englisch) willkommen, was einen ungeheuren Jubel hervor rief. Es folgten sodann die Antworten der Vertreter der auswärtigen Regierungen. Die Rede des deutschen Vertreters, des Kgl. Ministerial- directors Wirklichen Geheimraths Alfred Schultz, der sich diesmal in erfreulichem Gegensätze zu seiner vor sechs Jahren in Paris gehaltenen fran zösischen Rede der deutschen Sprache bediente, zeichnete sich durch Inhalt und Form in gleicher Weise aus. Ausgehend von der Bedeutung der internationalen Schiffahrtscongresse, erörterte der Redner zunächst die erfreuliche Thatsache, dafs der diesmalige Congrefs zum erstenmale auch die Seeschiffahrt in den Kreis seiner Betrachtungen ziehen werde, worunter die Fragen der Binnen schiffahrt selbstverständlich nicht leiden würden. Er zeigte sodann das warme Interesse, das man in Deutschland dem Wasserbau entgegenbringe, und das sich u. a. in der Begründung des deutsch österreichisch - ungarischen Binnenschiffahrtsver bandes bekundet habe, der neben die umfassenden Aufgaben des internationalen Gongresses diejenigen eines räumlich beschränktem Gebietes gestellt habe. Er ging sodann des nähern auf die Förderung ein, die der Wasserbau im preufsischen Staat gefunden habe und finde. Die Erörterungen des Hochwasser - Ausschusses seien von grund-