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748 Stahl und Eisen. Anlagen zur Gewinnung der Nebenproducte im Kokereibetrieb. 15. August 1898. Theers beeinflufst werden; auch treten bei schneller Destillation unter Anwendung sehr hoher Tempe ratur ganz andere Moleculargruppirungen ein, als bei langsamer Destillation und niedriger Temperatur. Der bei hoher Temperatur sich bildende Theer enthält mehr Benzol und Toluol, aber auch mehr Naphthalin und anderweitige feste Körper, während der bei niedriger Temperatur entstehende Theer specifisch leichter ist und vorwiegend aus flüchtigen Kohlenwasserstoffen besteht. Im Einklang damit steht die Beobachtung, dafs bei vermeintlicher Verbesserung der Koksöfen durch Erhöhung der Temperatur thatsächlich ein an Benzol reicher Theer erzeugt wurde. Dieser Umstand ist aller dings recht günstig für solche Kokereien, welche die Benzole durch Destillation des Theers und nicht durch Waschung des Gases mit Theerölen und darauf folgender Destillation gewinnen. Soll letzteres geschehen, was in Bezug auf die Benzol ausbeute unbedingt als das vortheilhaftere Ver fahren bezeichnet werden mufs, so ist aus den oben erwähnten Gründen ein langsamer Destillations- procefs bezw. eine nicht zu schnelle Garungszeit im Koksofen einzurichten. Empfehlenswerth ist es, normale Gröfsenabmessung der Oefen voraus gesetzt, mit derselben nicht über 48 Stunden hinauszugehen. Bei der Führung des Betriebes kommt es ferner darauf an, dafs das Absaugen der Gase der Entwicklung derselben entsprechend langsam erfolge; auch kommt dabei das Verhältnifs der Spannung der Gase in dem Koksofen zu derjenigen in den Heizkanälen in Betracht, weil bei Ueberdruck im Koksofen leicht das rohe, die Nebenproducte enthaltende Gas aus den Oefen durch das nie ganz dichte Mauerwerk in die Heizkanäle aus treten und verloren gehen könnte. Umgekehrt treten bei Ueberdruck in den Gaskanälen leicht Verbrennungsgase in die Ofenwände und zerstören die Nebenerzeugnisse. Zur Erzielung einer allmählichen Entgasung der Kohlen im Koksofen werden dieselben vor der Beschickung genäfst. Die anfangs entstehenden Wasserdämpfe absorbiren grofse Wärmemengen und verursachen eine nur langsame Steigerung der Hitze und so eine allmähliche Entgasung der Kohlen. Bei trockenen Kohlen und bei der sehr heftigen Gasentwicklung während der ersten Be triebsperiode werden durch das gewaltsam aus tretende Gas die Kohlen gelockert und zum Theil mitgerissen. Wahl der Vorlage. Was nun die weitere Behandlung der aus dem Ofenraume abgehenden Gondensationspröducte betrifft, so werden dieselben von den einzelnen Oefen durch Steigrohren in die auf den Oefen ge lagerte, gemeinschaftliche Vorlage abgeführt. Vielfach werden Vorlagen mit hydraulischem Abschlufs angewendet, durch welche beim Oeffnen der Oefen ein Entweichen des Gases nach rück wärts verhindert werden soll. Diese Vorrichtung hat also nur für die kurze Zeit Bedeutung, so lange die Oefen offen sind, während in der ganzen Destillationsperiode das Gas den Druck der Sperr flüssigkeit zu überwinden hat. Wenn man nun in Betracht zieht, dafs hierdurch immerhin ein beträchtlicher Druck in den Oefen verursacht wird, und ferner den Umstand berücksichtigt, dafs ein erleichterter Gasaustritt aus der Kohlenfüllung viel dazu beiträgt, einen verdichteten Koks zu erhalten, so mufs man zu dem Schlüsse kommen, dafs der hydraulische Abschlufs der Steigrohren (bezw. Tauchröhren) in der Vorlage für den Verlauf des Destillationsprocesses nicht nur zwecklos, sondern sogar von nachtheiliger Einwirkung für denselben ist. Aus diesen Erwägungen erscheint es am zweckmäfsigsten, das Gas in eine solche Vorlage abzuführen, welche demselben einen freien Durch gang gestattet. Eine solche Vorlage (sogenannte trockene Vorlage) wird gewöhnlich über 30 Oefen hinweggeführt und bietet bereits dem Gase eine nicht unbedeutende Luftkühlfläche, wodurch ein erheblicher Theil des gesammten Theergehaltes desselben im heifsen Zustande in der Vorlage ab geschieden wird. Der dünnflüssige Theer ver einigt sich dabei mit dem dickflüssigen und den staubigen Producten zu einer leichtflüssigen Masse, welche in der geneigt gelagerten Vorlage sofort nach dem Entstehen abfliefst und nicht Gelegen heit findet sich in derselben zu verdicken. An dem knieförmigen Steigrohre, welches die Gase aus den Oefen in die Vorlage führt, ist ein Ventil angebracht, das geschlossen wird, sobald der Ofeninhalt vergast ist, so dafs beim Oeffnen der Thüren und Herausdrücken des Koks die in den Ofen eintretende Luft nicht in die Vorlage eindringen kann. Aufserdem ist dasselbe Rohr an seinem oberen Ende mit einer Explosionsklappe versehen, welche sich bei einer, durch irgend welchen Umstand hervorgerufenen Druckanstauung in dem Ofen, z. B. durch Destillation bei ge schlossenem Ventil, öffnet und das Gas frei ent weichen läfst. Diese einfache Vorlage ist auch für die Leuchtgasfabrication zu empfehlen. Das Oeffnen und Schliefsen der Ventile kann man, wie es bei Koksöfen allgemein geschieht, von Hand oder selbstthätig bewirken. Die beiden Vorlagen einer Gruppe von 60 Oefen vereinigen sich in ein gemeinschaftliches ebenfalls schräg gelagertes Sammelrohr, aus welchem das Gas durch eine genügend weite Leitung den Gas kühlern zugeführt wird. Die flüssigen Conden- sationsproducte der Vorlagen sowie des Sammel rohres werden an den Endpfeilern der Ofen batterien abgeführt. Das Gas wird vermittelst der im Apparaten- raume aufgestellten Gassauger aus den Oefen bezw. den oben erwähnten Vorlagen nach den Gondensationsapparaten gesaugt und gelangt durch das Sammelrohr und die gemeinschaftliche Leitung, welch’ letztere mit Gompensationsscheiben ver sehen ist, in einen nach Art der Trockenreiniger