Volltext Seite (XML)
der Kohlenstoff- in die Garbidlösung? Wie schon erwähnt, fassen wir den Marfensit als eine Lösung von nFejC oder von n(FezC, Feig) in Eisen auf. Läfst sich vielleicht auch eine Lösung von Cn in Eisen mikroskopisch nachweisen? Osmond hat* unter dem Namen Austenit einen neuen mikrographischen Beslandtheil des Eisens nachgewiesen, der nur in Eisenlegirungen mit mehr als 1,0 % Kohlenstoff, und zwar nur dann verkommt, wenn das Metall von sehr hoher Temperatur plötzlich abgekühlt wurde. Dieser Austenit zeichnet sich bei bedeutendem Kohlenstoff gehalte durch auffallend geringe Härte aus, indem er schon durch Apatit geritzt wird. Somit kann er keine Lösung von Carbid sein, was ja auch dadurch ausgeschlossen ist, weil er eine vom Martensit unterscheidbare Individualität besitzt. Seine Härte stimmt ziemlich mit der des reinen Eisens überein, sein Auftreten nur bei sehr hohen Tempera turen und in kohlen stoffreichem Eisen, das Wachsen seiner Menge mit steigender Tempe ratur, während gleich zeitig die Menge des Cementits (bis auf 0) und des Martensits (bis auf 50 % bei 1200 °C.) abnimmt, alles spricht für die Annahme, dafs wir es hier mit der gesuchten Kohlenstoff- Eisenlösung zu thun haben. Beim Schmelz punkte würde also koh lenstoffreiches Eisen aus Austenit und Graphit (vielleicht neben Martensit, was noch nicht nach gewiesen ist) bestehen. Mit sinkender Temperatur nimmt die Menge des Austenits ab, die des Marten sits aber zu, d. h. immer mehr des gelösten Kohlen stoffs verbindet sich mit dem Eisen zu Carbid. Bei etwa 1200°C. (Stahl mit 1,5 bis 1,6 % C.) beginnt die Abscheidung des Cementits** und zwischen 700° und 800° ist überhaupt aller Austenit ver schwunden. — Der Austenit müfste dann auch die Mutterlauge darstellen, aus welcher die Temper kohle zur Abscheidung gelangt. Somit würde sich die kohlenstoffreiche Eisenlegirung schon bei sehr hoher Temperatur in zwei Lösungen spalten: Eine derselben, der Martensit, enthält Eisencarbid gelöst, und dieses scheidet sich aus derselben bei sinkender Temperatur als Gementit ab; die andere, der Austenit, ist eine Lösung von * „Compt. rend.“ Vol. 121, Seite 684. * aus dem Martensit. Kohlenstoff in Eisen, und dieser scheidet sich hieraus bei den höchsten Temperaturen als Gra phit, bei niedrigeren aber noch immer sehr hohen Temperaturen jedoch als Temperkohle ab. Eine so exacte Löslichkeitscurve, wie sie in Fig. 1 von Bo ozeboom für wässrige Eisenchlorid lösungen aufgestellt wurde, läfst sich natürlich für Eisen heute noch nicht construiren. Ist es doch bei den wenigen heute vorliegenden An gaben nur möglich — wie es in Fig. 2 versucht wurde — ein ungefähres Bild vom Verlaufe dieser Gurven zu geben. In dieser Figur, in welcher Temperatur und Kohlenstoffgehalt die Coordinaten darstellen, und die sich auf reines, kohlenstoff haltiges Eisen bezieht, stellt die gerade von 1500° und 0 % G. schief nach links aufwärts bis 1100° G. und 4,6% C. gehende Linie die Schmelzpunkts- curve dar. Ferner ist sowohl das Auftreten, wie das Verschwinden jed es mikro graphischen Gemengtheiles durch Linien begrenzt, so dafs die zwischen denselben liegenden Flächen jene Zustandsbedingungen charakterisiren, unter welchen die betreffen den Bestandtheile stabil sind. Natürlich konn ten diese Begrenzungs linien hier nur schätzungsweise einge zeichnet werden. Wir wollen nun, ebenso wie bei Fig. 1, Lösungen verschiede ner Mengen Kohlenstoff in Eisen langsam von einer über dem Schmelzpunkte liegenden Temperatur (etwa von 1700° G.) abkühlen lassen und die hierbei in die Erscheinung tretenden Vorgänge aus der Figur ab leiten, indem wir die den entsprechenden Kohlenstoff gehalt markirende Horizontallinie vom Temperatur punkte 1700° G. an nach links verfolgen. Jedoch soll hier nochmals betont werden, dafs die hierbei aus der Figur abgelesenen Angaben keineswegs als genau anzusehen, dafs ganz besonders die Begrenzungslinien der Graphit- und der Austenit flächen sehr unsicher sind und dafs darüber heute noch gar nichts bekannt ist, ob der Martensit schon unmittelbar unter dem Schmelzpunkte ge meinsam mit Austenit auftritt, und ob die Ab scheidung des Cementits gleichzeitig oder erst nach jener des Graphits erfolgt. Die folgenden Betrachtungen sollen eben nur zur Verdeutlichung der Figur 2 dienen. Roheisen mit 3 % Kohlenstoff. — Zwischen 1300 und 1350° G. beginnt die Abscheidung von Fig. 3.